Svenja Flasspöhler über moralischen Totalitarismus - „Letzten Endes braucht man einen Arsch in der Hose“

Der moralische Totalitarismus der Linken treibt immer bizarrere Blüten. Jetzt darf sich ausgerechnet in der ur-linken „taz“ eine der beliebtesten Hassfiguren linker Feministinnen darüber mokieren: Svenja Flaßpöhler. Sie hat ein ganz einfaches Rezept, um den Diskurs zu versachlichen

Von wegen, don't taz me: Das Zentralorgan der Ur-Linken gibt auch Kritikern/*innen eine Bühne / picture alliance
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Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Es ist ein Satz, der das ganze Dilemma der Debattenkultur auf den Punkt bringt: „Wenn an die Stelle von Argumenten Gefühle treten, ist an Diskutieren nicht zu denken.“ Svenja Flaßpöhler hat diesen Satz jetzt im Interview mit der taz gesagt. Flaßpöhler? Das ist die Chefredakteurin des Philosophie Magazins, die die aufgeregte #MeToo-Debatte gegen den Strich bürstete, als sie die Frauen in ihrer Streitschrift „Die potente Frau. Für eine neue Weiblichkeit“ aufforderte,  sich endlich aus ihrer Opferrolle zu befreien. 

„Seither“, verriet  sie jetzt im Interview mit der taz, „gelte ich in linken Kreisen als rechtsreaktionär.“ Dieses Geständnis ist die Ouvertüre zu einer Abrechnung mit Genderwahn und anderen bizarren Auswüchsen der political correctness, und es kostet nicht viel Phantasie sich vorzustellen, wie den Stammlesern/*innen der taz bei solchen Worten die Halsader schwillt. Dass sich ausgerechnet das Zentral-Organ der Linken traut, der in ihren Kreisen umstrittenen Feministin eine Bühne zu geben, verdient einen Tapferkeitsorden am lila-farbenen Bande. 

Zumal Flaßpöhler ihre Kommentare über moralischen Totalitarismus genauso pointiert formuliert wie ihr Buch. Unerschrocken beklagt sie die Folgen der „Habermaschen A-priori-Ausgrenzung“ von bestimmten Positionen, die zu einem linken Elitismus führe, „der sehr gefährlich ist, weil man dem anderen immer schon von vornherein abspricht, überhaupt diskursfähig zu sein.“ So deutliche Worte hat man schon lange nicht mehr gelesen, und vielleicht ist es genau das, woran die Debattenkultur krankt. Dass es zu wenige Svenja Flaßpöhlers gibt. Ob sie gar keine Angst vor einem Shitstorm habe, wird sie von den beiden Interviewern, dem Autor Peter Unfried und dem Soziologen Harald Welzer, gefragt. Ihre Antwort möchte man sich einrahmen und über den Schreibtisch hängen: „Scheiß auf den Shitstorm. Wenn jetzt schon Journalisten-Kollegen damit anfangen zu sagen, hmmm, wenn ich jetzt so schreibe, dann wird die taz-Leserin das nicht liken, dann wird es wirklich gefährlich. Letzten Endes braucht man einen Arsch in der Hose.“ 

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