Stipendium der Böll-Stiftung - Neue Vorwürfe gegen Annalena Baerbock

Die Kanzlerkandidatin der Grünen soll ihr Promotionsstipendium zu Unrecht bezogen haben. Denn gemäß den Förderrichtlinien des Bildungsministeriums ist es nicht erlaubt, parallel vollumfänglich als Parteichefin zu arbeiten. Es geht um mehr als 40.000 Euro.

Die Kanzlerkandidatin der Grünen hat ihre Promotion abgebrochen, aber 40.000 Euro dafür bekommen / dpa
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Neues von Annalena Baerbock: Die Grünen-Kanzlerkandidatin gerät immer mehr in Bedrängnis. Nach Lebenslauf-Übertreibungen und Abschreibereien werden nun weitere Vorwürfe gegen Baerbock laut. Dabei geht es um mehr als 40.000 Euro aus Steuermitteln, die sie über ein Stipendium der parteinahen Heinrich-Böll-Stiftung für ihr abgebrochenes Promotionsvorhaben erhalten hat. Womöglich, so legen neue Recherchen nahe, hat sie diese Förderung zu Unrecht erhalten.

Sollten die Vorwürfe stimmen, wird es wohl eng für die unter Beschuss stehende Politikerin werden. Doch der Reihe nach.

Promotionsabbruch mit 1.050 Euro im Monat gefördert

Von April 2009 bis Dezember 2012 war Baerbock laut eines Berichts des Berliner Tagesspiegels Promotionsstipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung. In dieser Zeit habe sie für 39 Monate Leistungen bezogen. Das „Lebenshaltungsstipendium für Promovierende“ habe damals monatlich 1.050 Euro betragen. Insgesamt also 40.950 Euro.

Der Tagesspiegel konzentriert sich bei seiner Berichterstattung vor allem auf die Frage, ob die Grünen-Politikerin dieses Geld nicht hätte zurückerstatten müssen, nachdem klar war, dass sie ihre Doktorarbeit nicht abgeben wird. Eine vollständige oder zumindest anteilige Rückzahlung sei „weder üblich noch vorgesehen“, zitiert die Zeitung einen Sprecher der Böll-Stiftung. „Lebensentwürfe können und dürfen sich auch kurzfristig bei jungen Menschen ändern, etwa aufgrund von Familiengründungen oder beruflicher Neuorientierungen.“ So komme es „immer wieder einmal vor“, dass Stipendiaten ihre Promotion vorzeitig abbrächen.

Parteivorsitz in Brandenburg war mehr als ein Halbtagsjob

Doch nun bringt das Onlinemagazin Tichys Einblick eine weitere und womöglich brisantere Frage ins Spiel. Die Journalisten des Magazins haben einen internen Bericht des Grünen-Landesverbands Brandenburg von 2011 entdeckt, den Baerbock damals als Landesvorsitzende führte. „Die Landesvorsitzenden arbeiten ehrenamtlich, geben aber weit mehr als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit für den Landesverband“, heißt es in dem Parteibericht

Die Feststellung, dass Baerbocks Ehrenamt deutlich mehr als ein Halbtagsjob war, ist deshalb interessant, weil dies ein Verstoß gegen die Förderrichtlinien des Bundesbildungsministeriums darstellen könnte. An diese Richtlinien haben sich die parteinahen Stiftungen bei der Vergabe von Stipendien an Nachwuchswissenschaftler zu halten. Und darin heißt es sehr deutlich: „Eine Förderung ist ausgeschlossen (...) während einer anderen Tätigkeit, die die Arbeitskraft des Geförderten überwiegend in Anspruch nimmt.“

Muss Baerbock ihr Stipendium zurückzahlen?

Annalena Baerbock wurde Ende 2009 zur Landesvorsitzenden gewählt. Nachdem sie 2013 in den Bundestag kam, gab sie den Posten auf, weil bei den Grünen das aus den Gründungszeiten stammende Trennungsgebot zwischen Parteiamt und Parlamentsmandat nach wie vor gilt. Wenn sie wirklich während der geförderten 39 Monate „weit mehr als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit für den Landesverband“ aufgewandt hat, wäre das ein Verstoß gegen die Richtlinien. Das Bildungsministerium (BMBF) oder die Stiftung müssten zumindest einen Teil des Geldes zurückfordern.

Die neuen Vorwürfe ließen sich bislang nicht eindeutig bestätigen. Das Ministerium antworte auf eine Anfrage des Cicero, man äußere sich nicht zu einzelnen Fällen. Die Stipendiaten stünden in einem Förderverhältnis zu ihrem jeweiligen Förderwerk, nicht zum BMBF. „Die Prüfung der Voraussetzungen und der Einhaltung der Verpflichtungen obliegt dem jeweiligen Begabtenförderungswerk.“ 

Das zuständige Förderwerk, in diesem Fall die Heinrich-Böll-Stiftung, reagierte auf eine Anfrage des Cicero bislang nicht.

Grünen-Sprecherin: Baerbock lässt Stipendium prüfen 

Allerdings teilte eine Sprecherin der Grünen laut Bild-Zeitung mit: „Angesichts der Medienanfragen zum parteipolitischen Engagement und dem Promotionsstipendium hat Frau Baerbock die Heinrich-Böll-Stiftung gebeten, den nunmehr knapp zehn Jahre zurückliegenden Sachverhalt noch einmal zu betrachten.“

Den Vorwurf, Baerbock habe sich mehr um ihre Parteiämter gekümmert als um die Doktorarbeit, wies die Grünen-Sprecherin demnach zurück: „Frau Baerbocks Hauptfokus lag in diesen Jahren auf der Arbeit an ihrem Promotionsvorhaben, das parteipolitische, im Kern ehrenamtliche Engagement fand insbesondere in den Abendstunden und an Wochenenden statt.“

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