Selbsterfahrungsbericht - Dieser Regierung fehlt jede Liebe zu den Menschen

Cicero-Kolumnist Jens Peter Paul musste wegen eines Notfalls einige Tage in einer Klinik in der deutschen Provinz verbringen. Und traf dort auf Menschen, die am Rande der Belastungsfähigkeit stehen, sich dennoch nicht beklagen – und einfach nur ihre Arbeit machen wollen. Diese Bundesregierung jedoch tut alles dafür, dass es bald nicht mehr funktioniert. Das hat die Bevölkerung nicht verdient.

Notfallversorgung / JPP
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Autoreninfo

Jens Peter Paul war Zeitungsredakteur, Politischer Korrespondent für den Hessischen Rundfunk in Bonn und Berlin, und ist seit 2004 TV-Produzent in Berlin. Er promovierte zur Entstehungsgeschichte des Euro: Bilanz einer gescheiterten Kommunikation.

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Wittenberge/Elbe, Facharztpraxis, Mittwoch, 21. September 2022, 13:00 Uhr

Wenn Dein Urologe, eigentlich ein lockerer Typ und eben noch gut gelaunt, von jetzt auf gleich die Gesichtsfarbe wechselt und in den Rumpelstilzchen-Modus schaltet, im Sekundentakt Flüche ausstoßend, die jeden Kairoer Taxifahrer erröten ließen, seine Helferin Beatrice herbeibrüllt, ihr einen Blitzkurs in Notableitung per Katheter verpasst, Dir gleichzeitig die Autoschlüssel abnimmt – „Wie sind Sie überhaupt hier her gekommen? Sie fahren heute keinen Meter mehr“ – und den Rettungsdienst alarmiert – kurzum: Wenn das alles innerhalb von nicht einmal zehn Minuten geschieht, dann ahnst sogar Du: Hier ist mit Deinem Körper und Deiner Gesundheit irgendetwas ein wenig suboptimal gelaufen.

„In einer Stunde wären Sie bewusstlos und in zwei Stunden wären Sie tot gewesen. Verstehen Sie? Tot.“

Verstehe. Tot.

„Und lassen Sie sich nicht abwimmeln in der Notaufnahme. Die müssen Sie aufnehmen. Für wenigstens ein oder zwei Tage.“

Bundesstraße 189, Mittwoch, 13:25 Uhr

Während sein dienstälterer Kollege sanft und routiniert den Rettungswagen die 17 Kilometer Richtung Perleberg lenkt, macht sich Rettungssanitäter Christ, Mitte 20, ein Bild vom Zustand seines Patienten. Puls, Blutdruck, Temperatur, Corona-Schnelltest: keine kritische Lage. Schmerzen? Keine Schmerzen. Alle möglichen, meist handwerklichen Berufe hat er nach der Schule ausprobiert, aber nichts überzeugte ihn wirklich, auch nicht ein Psychologie-Studium. Bis ihm ein Freund sagte: Rettungsdienst, das wäre dein Ding. Hundertpro. Das würde zu dir passen. Und es passte, sogar auf Anhieb. 

Inzwischen bildet er sich weiter zum Notfallsanitäter und geht in seinem Beruf auf. Aber ist es denn nicht schrecklich, zu einem Unfallort zu kommen und für drei junge Menschen in einem zerstörten Auto nichts mehr tun zu können? „Ich wurde da langsam herangeführt. Wir besprechen solche Erlebnisse auch untereinander. Die Erfahreneren unterstützen die Jüngeren, es wird niemand alleine gelassen, wir erhalten auch psychologische Hilfe. Es gibt da viel Vertrauen untereinander. Das baut sich über die Jahre auf. Das passt schon alles sehr gut.“

Kurz vor der Ankunft eine Wiederholung der Routinen: Puls, Blutdruck, Temperatur, Corona, Schmerzen. Keine Veränderung, alles im grünen Bereich. Müsst Ihr jetzt nicht gleich weiter? Christ: „Nein, Sie sind unser Patient bis zur endgültigen Übergabe an die Klinik. Solange bleiben wir bei der Leitstelle auch abgemeldet. Wir nehmen uns die Zeit, die notwendig ist.“

Kreiskrankenhaus Perleberg, Notaufnahme, Mittwoch, 14:00 Uhr

Dr. Georgi Venkov, diensthabender Urologe, mustert mich kurz, weist mir die Liege zu und sagt, er könne mich nicht aufnehmen. Ich hätte mich ja gar nicht angemeldet. Ich erwidere, mir sei aufgegeben worden, mich nicht abwimmeln zu lassen. Murrend stellt Venkov alle möglichen Fragen zu Vorerkrankungen, Allergien, vorhandenen und fehlenden Körperteilen, Medikamenten, Drogen, Alkohol, Nikotinmissbrauch, Operationen, holt das Ultraschallgerät herbei, lässt noch einmal zwei Liter per Katheter ab, was einen gewissen Meinungsumschwung zu verursachen scheint, und erklärt: „Ich nehme Sie auf.“ Welchen Arm nehmen wir für den Zugang? Rechts? Ich: Wo es besser passt.

Georgi Venkov warnt mich, er müsse mir jetzt wehtun und mich „stechen“. Aber sein Gesicht verrät: Ihm wird es gleich mehr weh tun als mir. Sein ganzes langes Medizinerleben lang hat er sich an diesen Moment offensichtlich nie gewöhnen können. Dr. Venkov aus Bulgarien fehlt jene Abgebrühtheit und Distanz zu fremden Schmerzen, die eigentlich für seinen Beruf als unabdingbar gilt. Dabei schaue ich zur Seite – und merke nichts.

Immer wieder schön, mit Leuten zu tun haben, die solche Sachen hauptberuflich machen. 

Die Schwester neben mir verkneift sich mühsam ein Grinsen. Ich: „Wahrscheinlich ist das ein ganz Lieber. Er kann es nur nicht so gut zeigen.“ Schwester: „Sie haben es auf Anhieb exakt erfasst.“ Der Pfleger, tätowiert bis zum Anschlag, bedauert mich, weil ich die Fragen nach Alkohol, Drogen etc. durchweg verneint habe („wie traurig“). Die ganze Konversation, die leicht unwirschen Fragen und Anweisungen zuvor hat er keine Sekunde lang ernst genommen, sondern gelassen getan, was zu tun war, mir eine erste Blutprobe abgezapft und sofort dem Labor weitergeleitet, mich für die Station vorbereitet. Er kennt das schon. Dass ich aufgenommen werde, hat er bereits seit seinem ersten Scan meiner Person noch auf dem Flur keinen Moment bezweifelt. Einen kurzen Blick, mehr brauchte er nicht. Er kennt seine Pappenheimer. Die, die hier mit ihm arbeiten, und die, die frisch als angeblicher oder tatsächlicher Notfall hereinschneien.

Kreiskrankenhaus Perleberg, Urologische Station, 14:30 Uhr

Es empfangen mich vor dem Stationsstützpunkt Chefarzt Torsten Katterwe, Leitender Oberarzt Dirk Schittelkopp und Oberarzt Ahmed Marie. Sie haben bereits die wichtigsten Laborbefunde. Marie rollt die Augen: „Nierenwerte gaanz schlecht. Gaaaaaanz schlecht.“ Dass die beiden Vorgesetzten aber nur so mittelbesorgt schauen, beruhigt mich ein wenig. Kurze Lagebesprechung im Stehen, einige grundlegende Informationen für den Patienten, Ende der Vorstellung. Alle drei verschwinden wieder in verschiedenen Gängen und Zimmern.

Es erscheint Schwester Michelle. Das zarteste Wesen seit Erfindung dieses Berufs. Sie bringt mich auf mein Zimmer, verleiht für fünf Euro Pfand einen Schlüssel für das Schließfach, erklärt mir ein paar praktische Essentials des Daseins auf dieser Station, bindet mein Klinik-Hemdchen zu. Und sie startet, was ich erst nach und nach überschauen werde, jenes Uhrwerk, das in den kommenden 72 Stunden meinen komplett entgleisten Flüssigkeitshaushalt wieder ins Lot bringen sollte. 

Denn es ist ja, wie ich lerne, nicht damit getan, den durch eine durchgeknallte Prostata verursachten Stau abzuleiten und die Nieren wieder in eine halbwegs geordnete Umgebung zu führen. Notwendig ist vielmehr eine möglichst präzise Spülung mit viel Trinken und noch mehr Infusionen, während der Ein- und Ausgänge auf einem großen Blatt regelmäßig bilanziert und abgeglichen werden. Dort erscheinen bis zur Entlassung nicht nur jene geschätzt 30 Halbliter-Packungen mit Elektrolytlösung, die rund um die Uhr an meinen intravenösen Zugang angeschlossen werden, sondern auch jede Kanne Pfefferminztee, jede Tasse Gemüsebrühe , jede Flasche „Bismarckquelle medium“, jeder Teller Suppe. Diese Mengen werden abgeglichen mit jedem Liter Flüssigkeit, der den Körper via Katheter wieder verlässt, was ebenfalls rund um die Uhr gemessen und aufgeschrieben wird. Größere Differenzen hätten Alarm ausgelöst, aber dazu kommt es nicht.

Das mit der kontrollierten Ein- und Ausfuhr muss so, hatte mir bereits mein Urologe mittags vor der Noteinweisung in seiner Strafpredigt erklärt, denn wenn die Nieren sonst plötzlich leer laufen, dann rasten sie endgültig aus, „dann sind sie wie ein wildes Pferd, das im Stall angebunden ist und nicht weiß wohin mit seiner Kraft und Energie, dann tobt es und wütet und haut alles kurz und klein“. Und die Probleme fangen erst richtig an bis hin zum irreparablen chronischen Nierenversagen. Oder wie Oberarzt Marie es tags drauf bei der Visite zu formulieren pflegte: „Eigentlich waren Sie schon dialysepflichtig, als Sie bei uns eintrafen.“

Wenig hat mich im Leben mehr beeindruckt als die routinierte Selbstverständlichkeit der Schwestern und Pfleger von Perleberg über alle Schichten und Tageszeiten hinweg. Und alle waren voll im Bilde. Jede und jeder einzelne wusste, was vorher geschehen war und was nun zu tun ist. Niemand musste mich irgendetwas fragen; das digitale Informationssystem lieferte nicht nur alle Daten und Erfordernisse, sondern wurde auch jedes Mal, bevor irgendwer mein Zimmer betrat, konsultiert und beachtet. Das macht diesen Leuten so schnell niemand nach, schon gar nicht, wenn einer wie ich aus einem politischen Hauptstadt-Betrieb kommt, wo die Rechte fast gesetzesmäßig nicht weiß, was die Linke tut, gerne auch Zimmer an Zimmer in Herrn Habecks Wunderministerium, und Missverständnisse bereits im BIOS programmiert sind, ohne dass jemand Änderungsbedarf erkennen würde.

Schwester Antonia, Pfleger Stefan. Schwester Michelle, Schwester Martina, Pfleger Patrick und Schwester Katharina. Pfleger Lukas, Schwester Leonie, Schwester Lisa. 
Überhaupt, Schwester Antonia. Anfangs dachte ich, sie ist ein wenig verpeilt, vergisst Sachen, da hat sie das Zimmer noch nicht wieder verlassen. Unsinn. Sie hat lediglich ihren eigenen Rhythmus und arbeitet die Dinge so ab, wie sie es für richtig hält. Und eben Schwester Michelle, der ich um ein Haar das Lied der Beatles vorgesungen hätte, mich aber gerade noch bremsen konnte, weil ich sie nur verlegen gemacht hätte oder Schlimmeres. „Was sind Sie denn für ein Arzt?“, fragt sie mich irgendwann unvermittelt. Bloß weil ich einen Doktortitel auf dem Schild am Bett habe, bin ich noch lange kein Arzt, erwidere ich. Es gibt ganz bestimmt tausend Arten von Doktortiteln. Ach so, antwortet sie, sicherlich ein wenig enttäuscht. 

Ob ich ihr „Rubber Soul“ schenken soll, das Album von 1965 mit diesem ihrem Lied? Ich verwerfe den Gedanken nach Studium der Playlist wieder; das übrige Geplärre ist mir einfach zu schlecht, und Michelle wird damit erst recht nichts anfangen können. Vermute ich. Wobei: „Nowhere Man“ oder „Girl“ sind eigentlich doch wirklich schöne Klassiker, die auch einer jungen Frau gefallen könnten. Also brenne ich ihr eine CD mit einigen Auszügen? Was aber, wenn sie gar keinen CD-Player besitzt? Vielleicht ja eine Compact-Kassette? Die sollen ja gerade ein phänomenales Revival erleben, Rauschen und Bandsalat inklusive. Ratlos drehe ich mich wieder zur Seite.

Mittwoch, 17:00 Uhr

Draußen startet „Christoph 39“, der seit 2008 am Kreiskrankenhaus stationierte gelbe ADAC-Rettungshubschrauber, den Rest an Tageslicht nutzend, dreht eine halbe Runde und eilt zu seinem nächsten Notfall, an Bord einer der Ärzte der kleinen Klinik. Bei Westwetterlage möglichst Richtung Westen, bei Ostwetterlage umgekehrt. Deswegen sieht man ihn nur manchmal. So oder so, keine 30 Sekunden, dann ist er schon wieder außer Hörweite. Das geht genauso Zack-Zack-Zack wie auf meiner Station, keine Diskussionen, keine Rätsel, tausendmal genau so und nicht anders eingeübt, bis jeder weiß, was er wie in welcher Situation zu tun hat, was seine Rolle in diesem hochkomplexen System ist. 

Für mich ist dieser Hubschrauber in dünnbesiedelter Gegend, in the Middle of nowhere, wie ein Buchtitel meint, der Inbegriff menschlicher Kultur und praktischer Nächstenliebe. Kein Platz für Selbstdarsteller, Abenteurer, Controller oder Teamversager, weil das ohne absolutes gegenseitiges Vertrauen nichts werden kann. Und wenn ich erklären müsste, warum ich dieses Deutschland und seine Menschen ungeachtet aller Mängel so liebe und achte, fiele mir diese alltägliche, inzwischen leichtsinnigerweise für selbstverständlich gehaltene Symphonie der Menschenrettung ungeachtet aller Kosten und allen gigantischen Aufwands sicherlich an erster Stelle ein. 

Aber wenn ich dann lese, dass der SPD-Bürgermeister von Panketal unmittelbar nördlich von Berlin-Buch zusammen mit einer Familie seines Ortes seit zwei Jahren erbittert protestiert gegen den Plan des Berliner Senats, am Bucher Helios-Klinikum einen weiteren und wegen des enormen Wachstums des Bezirks Pankow dringend notwendigen Hubschrauber-Stützpunkt einzurichten, sogar Klage einreicht gegen die Genehmigung, schrecklicher Lärm, noch mehr Starts und Landungen als heute schon, und wenn er abstürzt auf die Kita, und überhaupt, diese verdammten Berliner, dann würde ich am liebsten hinfahren und Maximilian Wonke die Ohren langziehen bis auf Rhabarberblatt-Format, bin nur aktuell leider gerade verhindert. Anstatt froh zu sein, eine solche Hochleistungsklinik direkt  vor der Haustür zu wissen. Wonke: „Eine Frechheit, wie die im Roten Rathaus unsere Interessen einfach übergehen.“ 

Hoffen wir für ihn und die Familie, die bereits wegziehen will, mindestens nun aber Schallschutz verlangt, dass sie nie nach einem internistischen oder chirurgischen Notfall eine dreiviertel Stunde auf den Notarzt warten müssen, wie es in der Provinz, kommen nur ein paar unglückliche Umstände zusammen, schnell passieren kann. Die Fähigkeit, im richtigen Moment von den eigenen Interessen einmal zu abstrahieren und einfach mal die Klappe zu halten, besser noch, den armen unterdrückten und entrechteten Mitbürgern überzeugend Bescheid zu sagen, dass es noch etwas anderes und möglicherweise wichtigeres gibt als die eigene kleine egozentrische Welt, geht auf allen politischen Ebenen zusehends verloren.  

Donnerstag, 2:00 Uhr nachts

Irgendwo in einem Zimmer ruft ein verwirrter Mann immer wieder nach seiner Katze. Zu orten ist es nicht; er klingt wie ein einsamer klagender Schakal in der Wüste. Kurz zuvor war Schwester Lisa im Zimmer, der Nachtdienst, ganz leise, wie eine Fee, um den Beinbeutel zu leeren, zu messen, erneut alles aufzuschreiben. Die mit dem Abendessen von Schwester Leonie bereitgestellte Schmerztablette habe ich schon gar nicht mehr gebraucht. 

Gegen halb sechs pfeift in der Ferne ein Zug. Mindestens ein Lokführer, ein Zugchef und eine ganze Reihe von Fahrdienstleitern, vielleicht sogar noch hier und da ein Schrankenwärter, sind also auch heute wieder mitten in der Nacht bei Wind und Wetter aufgestanden, um ihren Job zu machen, sich wegen der Maskenpflicht (Flugzeug nein, Bahn ja) zum tausendsten Mal anblaffen zu lassen und Menschen sicher von A nach Perleberg und wieder zurück zu bringen. Ob sie Lust dazu hatten oder sich lieber nochmal umgedreht hätten, ob sie vielleicht schon einmal darüber nachgedacht haben, mit dem neuen „Bürgergeld“ viel bequemer zu leben, zudem sich schlagartig keine Sorgen mehr machen zu müssen um verrückte Nebenkosten oder Mieterhöhungen, interessiert keinen Menschen und schon gar keinen Politiker. Die machen die Welt so lange immer gerechter und noch viel gerechter, bis irgendwann gar nichts mehr funktioniert und von dieser selbstbezogen-beschissenen Work-Life-Balance null Work bei 100 Prozent Freizeit übrig bleibt, denn jeder kennt irgendeinen, der bei doppeltem Gehalt noch weniger arbeitet als er selbst. Guido Westerwelles spätrömische Dekadenz in einem Ausmaß, das nicht einmal er sich selbst vor fast 13 Jahren hat vorstellen können. 

Die Spargelbauern von Beelitz machen bereits dicht, hunderte von Saison-Arbeitsplätzen und ganze Betriebe und Existenzen gehen verloren, denn der neue Zwölf-Euro-Mindestlohn, staatlich aus Wahlkampfgründen durchgesetzt gegen alle ursprünglichen Versprechen, nimmt ihnen den letzten Rest an Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Ausland. Von wegen regional, schadstoffkontrolliert und CO2-neutral. Pleite, Ausbeutung und Ferntransport sind die Alternative. Die deutschen Spargelbauern können sehen, wo sie bleiben. Sind ja eh nur Unternehmer, insofern verdächtiger denn je. Danke, SPD. 

Donnerstag, 9:00 Uhr 

Auftritt Katterwe, Schittelkopp, Marie, Schwester Martina. Morgenvisite. Erst wollen sie nach einer Minute wieder verschwinden, aber dann beantworten sie doch sehr bereitwillig meine vielen Fragen. Die Nieren haben sich innerhalb der wenigen Stunden seit Einlieferung erholt. Die Chance, dass keinerlei Schaden zurückbleibt, steht gar nicht schlecht. Damit ich mir darauf nichts einbilde, schildert Oberarzt Marie den Fall eines jungen Mannes, der kurz vor mir mit fast identischem Lagebild eingeliefert worden sei und dessen Nieren sich gar nicht regeneriert hätten. Dialysemaschine. 

Und weil er inzwischen spitzgekriegt hat, dass ich Journalist bin, will Marie noch im Hinausgehen wissen, ob ich denn etwas über diese Tage hier schreiben werde. Kommt darauf an, entgegne ich. Ich denke, er war es, der dafür sorgte, dass ich zum Frühstück am letzten Tag eine Prignitzer Tageszeitung mitgeliefert bekam, mit blauem Marker auf dem Bestellzettel dick unterstrichen. Auf dem Markt von Perleberg legen Archäologen gerade Häuser aus dem 13. Jahrhundert frei und schreiben so die Geschichte der Stadt um. Auch ein wunderbarer Beruf.  

Freitag, 1:30 Uhr 

Pfleger Stefan vom Nachtdienst bringt noch eine Kanne Pfefferminztee und will den Beutel leeren. Falsche Beinseite. Links muss er schauen. Gefunden, erledigt. „So, nu kann das Been wieder rinne.“ Ins Bett, unter die warme Decke, meint er.

So, nu kann das Been wieder rinne.

Noch Tage später macht mich diese gelassene, für Stefan völlig selbstverständliche  Fürsorglichkeit, mit der er mich mitten in der Nacht mit Tee versorgt und dann diesen Satz ausspricht, immer wieder komplett fassungslos. Gut, dass mich niemand dabei sieht. Wissen seine Chefs eigentlich, welch wunderbare Menschen in diesem kleinen Kreiskrankenhaus arbeiten? Ich werde versuchen, es herauszufinden. 

Der einsame Schakal ruft wieder nach seiner Katze.

Freitag, 11:00 Uhr

Chefarzt Katterwe nimmt sich Zeit für eine gründliche Ultraschalluntersuchung aller in Frage kommenden Organe und Stellen. Die durch ein nachgelagertes Ereignis ausgelöste Nierenfunktionsstörung hat sich innerhalb von nicht einmal 48 Stunden zurückgebildet. Die Laborwerte nähern sich dem Normalzustand. Demnächst muss die Ursache angegangen werden, aber im Kreiskrankenhaus Prignitz kann man im Moment gar nicht mehr viel für mich tun. Einen Tag Verlängerung schlage ich noch heraus, aber morgen Mittag ist Entlassung angesagt.

Freitag, 13:00 Uhr

Der Zugang im rechten Arm hat seinen Dienst quittiert; anstatt in meinem Kreislauf fließt die aktuelle Infusion ins Bett. Pfleger Stefan sagt, da dürfe er nicht ran, die Reparatur behalte sich der Urologe selbst vor. Dr. Georgi Venkov erscheint und fordert mich auf, mitzukommen ins Arztzimmer. Ich, dankbar für jeden Zentimeter, den ich mich nicht bewegen muss nach der heute bereits absolvierten Untersuchung, verweigere das. 

Grummelnd trollt sich Venkov, sucht sich irgendwo seine Siebensachen zusammen, neuer Anschluss, Schere, Verband, Pflaster, Desinfektionsspray, und sitzt zehn Minuten später wieder neben mir am Bett. Nachdem ein erster Reparaturversuch bereits gescheitert war, muss er einen neuen Zugang legen, nun am linken Arm. Das ist ihm außerordentlich unangenehm, weil er mir nun noch einmal wehtun müsse. Eigentlich völlig unnötig; es geht ihm nicht in den Kopf, warum seine Kanüle vom Mittwoch nicht einmal zwei Tage lang gehalten hat. „Ist das wirklich von mir? Das habe ich nicht gemacht.“ Doch, hat er.

Um ihn abzulenken, frage ich ihn ein wenig aus. Er stammt aus Sofia, wohnt mitten in der Altstadt, mit Blick auf das Witoscha-Gebirge, für ihn besonders im Winter weit leuchtend schneebedeckt eine ständige Verlockung. Morgens hoch zum Skifahren, abends wieder zuhause. Sein Paradies. Neben dem bulgarischen Essen, einer Küche mit dem Einfluss vieler Völker und Herrscher aus vielen Jahrhunderten, wie er sagt, vermisst er seinen Hausberg am heftigsten. Dr. Venkov hat Heimweh, das wird schnell deutlich. Zwei Millionen Einwohner (in Wirklichkeit sind es nicht ganz so viele, aber egal) eingetauscht zu haben gegen die 12.000 von Perleberg mit einer eher biederen Küchentradition, ist für ihn ein echtes Opfer. 

Am Wochenende, also auch gleich jetzt in einer Stunde, setzt er sich in seinen Volvo und fährt nach Koblenz zu seiner Frau. Dann gehen sie wandern an der Mosel oder rechtsrheinisch die Lahn hinauf. Er liebt diese Landschaft inzwischen sehr. Dafür fährt er hin und zurück jedes Mal über 1000 Kilometer. Als er mir erklärt, er wolle sich einen Plug-in-Wagen kaufen, rate ich ab. Plug in sei Auslaufmodell. Nur eine Übergangslösung ohne dauerhaften Bestand. Und für seine langen Strecken ohnehin ohne echten Mehrwert. Aber die Förderung? Die könne morgen schon zu Ende sein, erwidere ich. 

Also vielleicht einen Mildhybrid? Sehr viel bessere Idee, antworte ich. Kaufen Sie sich wieder einen schönen XC60 mit einem amtlichen Zwei-Liter-Diesel, von mir aus auch mit Mildhybrid, dann haben Sie etwas Solides und lange Freude daran. Wieder zuhause, bestelle ich ihm für sein Dienstzimmer ein großes Witoscha-Foto auf Leinwand. Vielleicht tröstet ihn das ein wenig. Aber wenn ich nächstes Jahr einmal nach Sofia komme und er ebenfalls zuhause ist, gehen wir zusammen essen. Das ist bereits abgemacht. 

Samstag, 24. September 2022, 10:00 Uhr

Oberarzt Marie stürmt im schicken Freizeit-Sport-Look ocker/schwarz ins Zimmer und verkündet mir das Ende meines Aufenthaltes. „Wir können hier nichts mehr für Sie tun.“ Keine 60 Sekunden später ist er wieder weg. Woher er diese Klamotten hat, muss ich ihm noch entlocken. Echt stark. Pfleger Patrick besorgt mir für 12 Uhr ein Taxi zurück zur Urologischen Praxis in Wittenberge, wo hoffentlich noch mein Auto herumsteht. In Berlin, soviel ist klar, könnte ich es übermorgen irgendwo am Stadtrand gegen 280 Euro Barzahlung plus Strafzettel abholen, so chaotisch, wie ich am Mittwoch zwei Stunden vor Todeseintritt geparkt habe. Aber hier an der Brandenburgischen Elbe, auf halber Strecke zwischen Berlin und Hamburg, steht es noch brav da, als wäre nichts gewesen.

Kreiskrankenhaus Perleberg, Mittwoch, 28. September 2022, 9:00 Uhr

Wie stets, hatte ich eigentlich nur noch zwei, drei Fragen zur Abrundung meiner Eindrücke, aber es entwickelt sich mit Karsten Krüger, dem Geschäftsführer der Kreiskrankenhaus Prignitz gemeinnützige GmbH, ein fast einstündiges und im Verlauf immer offeneres Gespräch. Krüger hat eine unmöglich zu lösende Aufgabe. Und das ist Absicht der Politik, kein Versehen. Krüger erfährt erst mit bis zu drei Jahren Verspätung, was er für 2019 geleistete Arbeiten seiner Klinik tatsächlich überwiesen bekommt. Fallpauschalen, schlimm genug, sind nur das eine. Jederzeit können auch aus allen möglichen Gründen Kürzungen in Form von „Ausgleichszahlungen“ erfolgen, Abschläge, die häufig völlig willkürlich und bei aller Sorgfalt unberechenbar erscheinen. 

Und ob sparsame Haushaltsführung mit dem Ziel, Rücklagen für unvorhersehbare Ausgaben anzulegen, ein undichtes Dach, eine teure Reparatur eines Gerätes, wirklich eine gute Idee ist, scheint der Geschäftsführer zunehmend zu bezweifeln. Jederzeit droht die Gefahr, dieses Geld weggenommen zu bekommen. „Wir arbeiten hier in einem komplett intransparenten Konstrukt.“ Krüger sagt das ganz sachlich, ohne sich zu beklagen, schlicht als Feststellung eines Zustands, den so gut wie niemand mehr durchschaut, schon gar nicht dessen Erfinder in Bund und Ländern und Kassen. Manchmal scheint er sich selbst zu wundern, in diesem Irrgarten bisher noch immer irgendwie eine Lösung gefunden zu haben.

Das Perleberger Kreiskrankenhaus muss 2022 mit Preisen zurechtkommen, die 2019 festgelegt worden sind. 2019, als es noch keine Corona-Pandemie gab und erst recht keine galoppierende Inflation von mittlerweile zehn Prozent, die in seinem Etat bis auf den letzten Einmalhandschuh durchschlägt, von den zwangsläufigen Lohnforderungen zu schweigen. „Diese zehn Prozent fehlen uns aktuell natürlich jetzt schon.“

Dabei kommen die dicken Einschläge erst noch. Sobald seine Verträge auslaufen, also etwa bereits zum 1. Januar, rechnet Karsten Krüger mit einer Verdreifachung der Strompreise und vielleicht sogar einer Verzehnfachung der Gaspreise. Senkung von Zimmertemperaturen, Notbeleuchtung, Abschaltung medizinischer Stromfresser sind für ihn alles keine Optionen. Deshalb sei der Knock out auch für sein Haus nur eine Frage der Zeit. Was von Grünen Schlaubergern wie Winfried Kretschmann an Energiespartipps kommt, hat mit seiner Realität nichts, aber auch gar nichts zu tun. Ohne es auszusprechen, wird klar, dass Krüger die Debatten, Handlungsanweisungen und Entscheidungen der großen Politik nur noch für zynisch und komplett abgehoben hält. 

Er hält sich für einen eher unpolitischen Menschen, sagt er, weil ihn alles andere natürlich in Teufels Küche brächte, und mit einem soliden Maß an natürlichem Optimismus ausgestattet, ohne das er diesen Job niemals hätte antreten dürfen. Aber vor den kommenden Monaten hat sogar er, das klingt zwischen den Zeilen durch, Angst. „Meine Leute waren schon fertig nach zwei Corona-Jahren. Jetzt obendrauf noch diese galoppierende Geldentwertung, die alles über den Haufen wirft, keinerlei halbwegs verlässliche Planung mehr ermöglicht – das hätte niemals passieren dürfen.“

Ob er denn, ich komme auf meine Kernfrage zurück, eigentlich wisse, welch wunderbare Menschen in seinem Haus arbeiten? Natürlich könne ich nur die urologische Abteilung beurteilen und diese auch nur aus eigener Anschauung weniger Tage, aber wenn das auch nur halbwegs repräsentativ sei für sein kleines Krankenhaus insgesamt, dann sei mir diese Mitteilung doch ausgesprochen wichtig. Antwort: Ja. Karsten Krüger weiß es. Und er nimmt die Mitteilung zum Anlass für das Bekenntnis, dass seine größten Sorgen in vielen Stunden gar nicht mehr der betriebswirtschaftlichen Zukunft der ihm anvertrauten Klinik gelten, sondern den Frauen und Männern, die hier in den unterschiedlichsten Berufen arbeiten und, wie er sagt, täglich auch mit viel Leid und Hilflosigkeit und Schmerz konfrontiert werden, womit sie irgendwie fertig werden müssen. Und diese Leute, gerade die jüngeren, haben ja größtenteils nie erfahren, dass Sorgen auch unversehens für sie selbst existentiell werden können. 

Mit wenig Geld auskommen, sich ihr Gehalt gut einteilen zu müssen, seien viele gewohnt und nähmen es auch klaglos hin. Aber wenn man sparen und rechnen kann, solange man will, und es dann trotzdem hinten und vorne nicht mehr reicht, wenn eine Krankenschwester, ein Pfleger nach anspruchsvoller Schicht nach Hause kommt und im Briefkasten eine völlig irre Strom-, Gas-, Nebenkostenvorauszahlung vorfindet, dann, so Krügers Sorge, könne das eine Starre auslösen, eine Angst, es sei nun alles egal, es lohne sich ja doch nicht mehr. Dass jemand aufgibt und sagt: „Ich sehe in allem keinen Sinn mehr.“

Dies gelte umso mehr, als die Gehaltsunterschiede in einem Krankenhaus schon „enorm“ seien, wie er sagt. Soll heißen: Was einen Chefarzt noch lange nicht aus der Ruhe zu bringen vermag, kann das Leben eines Arbeiters, einer Hebamme, einer Therapeutin fast über Nacht aus der Bahn werfen. „Wir müssen aufpassen, ich muss aufpassen, dass hier niemand  unter die Räder kommt. Es darf niemand unter die Räder kommen.“ Doch wie er das bewerkstelligen soll, davon scheint er noch keine rechte Vorstellung zu haben. Kein Wunder – nicht einmal die Bundesregierung hat ja eine solche. Karsten Krüger: „Ich habe in meiner ganzen Amtszeit unsere Psychiatrie mit ihren 63 Plätzen noch nie so stark ausgelastet erlebt. Für mich jetzt bereits ein böses Vorzeichen. Zeitweise waren wir schon so voll, dass wir uns sogar vom Versorgungssystem abmelden mussten.“ 
 
Nächstes ganz schlechtes Thema unseres Gesprächs: stabile Stromversorgung. Angesprochen auf die Weisheit der Regierenden Bürgermeisterin von Berlin, zwei bis drei Stunden Stromsperre pro Tag seien eigentlich gar nicht so schlimm, attestiert Krüger der Dame – wiederum, ohne es so direkt zu formulieren, denn dazu ist er zu höflich – komplette Ahnungslosigkeit und einen verheerenden Mangel an Vorstellungskraft. Sein Haus könne sich mittels Notstromaggregat 48 Stunden selbst versorgen. Seine Klinik hat in Solartechnik investiert und sie besitzt ein eigenes Blockheizkraftwerk. Aber das sei ja noch nicht einmal die halbe Wahrheit. Die ganze dezentrale Infrastruktur vor und hinter der Klinik, die Spezialisten für Telemedizin, für komplexe, auch seltene Diagnosen sonstwo im Land oder auf der Erde, die Ärzte und Therapeuten mit eigener Praxis – die würde durch einen Blackout ja ebenfalls schlagartig lahmgelegt. 

Und wie Menschen reagieren würden, die zuhause auf Beatmungsgeräte, auf Heimdialyse, schlicht auf heißes Wasser, ihr Telefon, gerade als chronisch Kranker auf einen Aufzug und ein funktionierendes Abwassersystem existentiell angewiesen sind, bedarf nun wirklich keiner hellseherischen Fähigkeiten. Sie würden nach kürzester Zeit in Panik geraten und dort Zuflucht suchen, wo sie noch Licht sehen und am ehesten Hilfe erwarten dürfen. Etwa im nächstgelegenen Krankenhaus, also auch im Kreiskrankenhaus Prignitz. Und es, wenn es nur minimal dumm kommt, innerhalb von Stunden natürlich ebenfalls lahmlegen, Chaos und Faustrecht inbegriffen. 

Bereits der öffentlich ausgesprochene Gedanke einer Franziska Giffey, so ein kleiner Rundum-Blackout von zwei, drei Stunden wäre doch eigentlich gar nicht so schlimm, detailliert dann ausgestaltet und überall nachzulesen von den Grünen und ihren Gefolgsleuten an verschiedenen Stellen bis hin zur Bundesnetzagentur, hat etwas substantiell Verbrecherisches. 

Berlin-Mitte, Freitag, 30. September 2022, 12:00 Uhr

Die politische Woche war geprägt vom angeblichen Zugeständnis des Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz, nach einem dreiviertel Jahr Ausreden und Ausflüchten und tausend Tricks und Finten nun wenigstens zwei von drei Atomkraftwerken über das Jahresende hinaus weiterlaufen zu lassen, um das Stromnetz im Winter stabil zu halten. Die Tageszeitung taz log sich dazu die Schlagzeile zurecht: „Grüne Fraktion steht hinter Habeck“.

Nein, das tut sie nicht. Was niemand besser weiß als die taz. In ihrer eigenen Berichterstattung dieser Tage finden sich dutzende Belege, dass bereits die Bundestagsfraktion mit ihren beiden Vorsitzenden Himmel und Hölle in Bewegung setzen wird, um auch nur einen einzigen Tag AKW-Betrieb über den 31. Dezember 2022 hinaus zu verhindern. Mit Argumenten, -zigfach widerlegt, so abstrus wie eh und je. Unverändert gibt es in dieser Partei keinerlei Einsicht, dass sich Deutschland einen Blackout schlicht nicht leisten kann, auch nicht stundenweise, will man nicht eine völlig unkalkulierbare Anzahl von Opfern – übrigens auch unter den ihnen angeblich so am Herzen liegenden Tieren – sehenden Auges riskieren. 

Es ist diesen Grünen schlicht wurscht. Schlimmer noch: So ein neuer, verlockender Deindustrialisierungsschub, so ein wenig zusätzliche Chaotisierung des Lebens erscheint Figuren wie Jürgen Trittin sogar regelrecht erotisch. Für diese Grünen sind Menschen schon lange ein Irrtum der Evolution. Die erzeugen CO2, die wollen es warm haben, die brauchen auch mal eine anständige Bratwurst und ein Steak, die fliegen nach Mallorca und feiern maximal unanständig mit schmutzigen Liedern in München, die leben lieber im Einfamilienhaus mit eigenem Garten als im GeWoBau-Wohnblock Tür an Tür mit Nachbarn, die ganz eigene Vorstellungen von zivilisiertem Zusammenleben haben. Und sie weigern sich immer noch, ihren täglichen Arbeitsweg von 60 Kilometern hin und zurück mit dem Fahrrad zu absolvieren und ihr Wohnzimmer auf 16 Grad auskühlen zu lassen. Dafür gehören sie bestraft, und ein kleiner flächendeckender Stromausfall kommt da pädagogisch gerade recht. 

Kein Wunder, dass eine Greta Thunberg mit ihrem Hass auf die Menschheit insgesamt bei den Grünen offene Türen einrannte und nebenbei auch bei Angela Merkel, wie wir seit Thunbergs gespenstischem Auftritt in New York wissen, bei dem sie der ehrfürchtigen Kanzlerin eine Audienz gewährte. Diese Grünen sind die konsequente Fortsetzung der Merkelschen Verachtung jener Männer, Frauen, Kinder, Omis und Opas, die schon länger hier leben, nunmehr aber dank Regierungsbeteiligung mit doppelter Kraft.    

Perfekt machen diese gewollte Obstruktion, diese bewusste Rückabwicklung und Zerstörung des in Jahrzehnten erarbeiteten Wohlstands und einer gewissen Sicherheit, aber erst ein Bundeskanzler, der diesem Treiben unverändert mit verschränkten Armen zusieht, und ein Bundesfinanzminister, der sich ebenfalls erpressbar gemacht hat und deshalb auch von SPD und Grünen sehr wirkungsvoll erpresst wird. 

Der Deal von Olaf Scholz mit den Grünen lautet: Lasst Ihr mich in Ruhe mit meiner Warburg-Amnesie und meinem Kreml-Appeasement, dann lasse ich Euch in Ruhe mit Eurer Atomkraft-Meise. Der Deal von Christian Lindner mit den Grünen lautet: Lasst Ihr mich in Ruhe mit meinem faulen Schulden-Zauber, wiederum umgewidmet zu einem „Sondervermögen“ in irgendeinem Schattenhaushalt, lasse ich Euch ebenfalls in Ruhe mit Eurer Atomkraft-Meise und packe noch unser Einverständnis zu einem gesellschaftlich verheerenden „Selbstbestimmungsgesetz“ und einem linksradikalen „Demokratiefördergesetz“ oben drauf. 

Übrigens ist das derselbe FDP-Vorsitzende, der gerade im Begriff ist, Deutschlands Triple-A-Rating in die Tonne zu treten. Aber wenn es dann so weit ist, wird das Erstaunen wiederum grenzenlos sein. Herr Morgenthau lässt grüßen.   

Allen drei gemein ist, Scholz, Habeck, Lindner, dass sie jahrelang einträchtig die heraufziehende Mega-Inflation billigend in Kauf genommen haben. Diese zehn Prozent Geldentwertung sind ja nicht vom Himmel gefallen. Die sind die zwangsläufige Folge einer Politik der Europäischen Zentralbank und ihrer Chefin Christine Lagarde, die schon vor Jahren mit wohlwollender Unterstützung so gut wie aller Parteien alles Mögliche zum Ziel erklärte bis hin zu Diversity und Klimarettung, nur nicht die Sicherung des Geldwertes. Was alleine ihr gesetzlicher Job gewesen wäre. 

Putins Überfall auf die Ukraine hat der Inflation noch einmal zusätzlichen Schub verliehen, aber die Saat war 2021 längst gelegt. Im Cicero-Dezember-Heft 2021 lassen sich alle Gründe, warum es schief gehen wird, weil es schief gehen muss, bereits Punkt für Punkt nachlesen. Jeder einzelne hat sich realisiert, wurde sogar noch in seiner inflationären Wirkung übertroffen. Kommentar der EZB seinerzeit: völliger Quatsch.     

Bezahlen werden diesen Wahnsinn mit Methode auch und besonders Schwester Antonia, Pfleger Stefan. Schwester Michelle, Schwester Martina, Pfleger Patrick und Schwester Katharina. Pfleger Lukas, Schwester Leonie, Schwester Lisa. Und zwar doppelt und dreifach. Heute bereits durch einen nie gesehenen Anstieg der Lebenshaltungskosten. Und in naher Zukunft durch noch mehr Steuern und noch mehr Abgaben für die Rückzahlung jener 200 Milliarden Euro, die diese Koalition für mehr oder weniger obskure „Entlastungen“ und „Deckel“ im Land verteilen wird nach Kriterien, die heute noch kein Mensch halbwegs seriös benennen kann.

Es ist ein himmelschreiendes Unrecht, das hier geschieht. Erklärbar, je länger man darüber nachdenkt, nur durch folgende Erkenntnis: Dieser Regierung fehlt jede Liebe zu den Menschen. Sie verachten jene – in unserem Beispiel fast durchweg noch jungen – Frauen und Männer, die den Laden am Laufen halten und täglich ihr Bestes geben, ohne darum, anders als die eitlen, selbstverliebten Schwätzer in der Hauptstadt, irgendein Aufhebens zu machen. 

Antonia und Stefan, Michelle und Martina, Patrick und Katharina, Lukas, Leonie und Lisa erwarten keinen Orden, und das mit dem Beifall vom Balkon hat sich ebenfalls erledigt. Nein, sie wollen einfach nur in Ruhe gelassen werden und ihren Job machen dürfen, ohne nach der Nachtschicht Angst haben zu müssen, sich die Wohnung, die Heizung, den Strom, den Einkauf nicht mehr leisten zu können. Dafür dürfen sie eine Regierungsarbeit erwarten, die wenigstens Mindestanforderungen erfüllt an Logik und Realitätssinn. Aber nein: Jedes Minimum an persönlicher Sicherheit wird durch eine vorsätzlich erratische, ideologisch mehrfach vergiftete Politik systematisch zerstört. 

Es ist ein hartes Wort, aber es trifft zu: Hier gibt es keinen Respekt dieser Regierung gegenüber dem Souverän, und nur zu oft scheinen sie sogar noch stolz darauf zu sein. Wir haben es im Gegenteil zu tun mit einem Abgrund von Niedertracht. Scholz, Habeck, Lindner verraten das Land. Das hat diese Bevölkerung nicht verdient.

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