Urteil im Fall Renate Künast - Diese Richter sind Totengräber eines sozialen Miteinanders

Das Landgericht Berlin hat ein Urteil gefällt, das fassungslos macht. Übelste Beleidigungen gegen die Grünen-Politikerin Renate Künast werten Richter als „Auseinandersetzung in der Sache“. Ein zutiefst beschämendes Urteil, schreibt FDP-Kollegin Marie-Agnes Strack-Zimmermann

Grünen-Politikerin Renate Künast / picture alliance
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Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist FDP-Bundestagsabgeordnete und sitzt im Bundesvorstand ihrer Partei.

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„Drecksfotze“, „Stück Scheisse“, „Schlampe“, „Geisteskranke“, „Sondermüll“. Entgleisungen der Autorin? Nein. Solche und andere widerwärtigen sprachlichen Ergüsse muss sich die ehemalige Grünen-Bundesministerin Renate Künast offensichtlich seit Jahren in Briefen und im Netz bieten lassen.

Zurecht ist sie deswegen vor das Berliner Landgericht gezogen, um sich gegen diese Entgleisungen zur Wehr zu setzen. Das Urteil, das jetzt gefällt wurde und in welchem das Landgericht feststellt, dass diese Beleidigungen noch „haarscharf an der Grenze des von der Antragstellerin hinnehmbar seien“, lässt einen fassungslos zurück. Wenn ein deutsches Gericht solche zutiefst hasserfüllten verbalen Angriffe zudem noch als „Auseinandersetzung in der Sache“ bewertet, dann läuft etwas gehörig schief in unserem Land.

Der Fall Künast steht für Millionen von Menschen

Frau Künast hat, unabhängig vom inhaltlichen Diskurs und politischen Wettbewerb, die Unterstützung aller Bürgerinnen und Bürger verdient. Sie steht für Millionen von Menschen, die öffentlich gemobbt und verbal angegriffen werden. Das Gericht hat hier versagt. Es hat versagt, weil die gesetzlich verankerte Menschenwürde auch geschützt werden muss, wenn sich Personen in den sozialen Netzwerken bewegen.

Mit diesem Urteil wird übelsten Beleidigungen nun Tür und Tor geöffnet, werden persönlichen Angriffen in Form von Sprache keine rechtlichen Grenzen mehr gesetzt, werden Entgleisungen goutiert und die Meinungsfreiheit pervertiert, die wie alle Freiheitsrechte darauf fußt, dass die Freiheit des Einzelnen dort endet, wo die Freiheit des anderen eingeschränkt wird.

Die Richter machen sich mitschuldig

Wir müssen jetzt als Demokratinnen und Demokraten zusammen rücken. Dieses fatale Urteil berührt uns alle. Sprache ist nicht nur Kommunikation. Sprache ist Ausdruck von respektvollem kultiviertem Miteinander. Wenn diese Kultur nicht mehr geschützt wird, dann ist es nur eine Frage der Zeit und der üblen Worte folgt die Gewalt.

Die Richter, die dieses Urteil gefällt haben, machen sich mitschuldig. Sie sind die Totengräber eines sozialen Miteinanders.

Ich schäme mich, dass so etwas in unserem Rechtsstaat möglich ist.

Frau Künast, Sie haben meine Solidarität.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist FDP-Bundestagsabgeordnete und sitzt im Bundesvorstand ihrer Partei.

 

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