Plagiatsaffäre der Bundesfamilienministerin - „Giffey wurde rechtswidrig bevorzugt“

Vor einem knappen Jahr kam Bundesfamilienministerin Franziska Giffey in ihrer Plagiatsaffäre mit einer Rüge ihrer Universität davon. Diese ist nach Informationen der „FAZ“ aber rechtswidrig. Auf die Hoffnungsträgerin der SPD kommt neuer Ärger zu.

Franziska Giffey könnte ein Untersuchungsausschuss bevorstehen / dpa
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Neuer Ärger für Franziska Giffey: Der faktische Freispruch ihrer Universität in der Plagiatsaffäre vor einem knappen Jahr könnte sich als hinfällig erweisen. Im Oktober letzten Jahres hatte die Freie Universität erklärt, dass die Bundesfamilienministerin Giffey die „Standards wissenschaftlichen Arbeitens nicht durchgängig beachtet hat“.

Das Gesamtbild der festgestellten Mängel rechtfertigte die Entziehung des Doktorgrades jedoch nicht, das Präsidium der Hochschule erteilte daher eine „Rüge“. Giffey blieb so der Rücktritt erspart, den sie für den Fall eines Entzuges des Doktortitels selbst angekündigt hatte. Auch ins Rennen um den SPD-Vorsitz hatte sie sich wegen der Plagiatsaffäre nicht eingemischt, obwohl sie gute Chancen gehabt hätte. 

Keine Rechtsgrundlage

Nun meldet die Frankfurter Allgemeine Zeitung „Giffey wurde rechtswidrig bevorzugt“ und führt aus, die Erteilung einer Rüge sei ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Das ergebe sich aus einem Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Berliner Abgeordnetenhauses vom 31. Juli 2020, das der FAZ nach eigenen Angaben vorliegt.

Dort heißt es: „Die Erteilung einer Rüge ist im Berliner Hochschulgesetz nicht vorgesehen.“ Deshalb dürfe sie auch nicht erteilt werden. Sodann diskutiert der Wissenschaftliche Parlamentsdienst, ob die Rüge zulässig sein könnte, weil sie weniger belastend wirke als eine „geregelte Sanktion“. Damit ist die Aberkennung des Titels gemeint.

Die Rüge wird als Sanktionsmittel verworfen

Doch die „Rüge“ wird als zulässiges Sanktionsmittel verworfen, da sie das „eingeräumte Ermessen“ der Behörde „in unzulässiger Weise“ überschreite. Das trifft hier auf das Präsidium der Universität zu. Der zentrale Satz des Gutachtens lautet nach Angaben der FAZ: „Die Rüge ist eine Maßnahme, die aus dem Disziplinarrecht stammt, und daher, weil nicht mit dem Entzug des Doktortitels vergleichbar, kein von diesem mitumfasstes geringeres Mittel.“ 

Rechtsdogmatisch werde die Rüge vom Wissenschaftlichen Parlamentsdienst als ein belastender Verwaltungsakt qualifiziert, bei der die Universität eine Missbilligung über Teilaspekte einer wissenschaftlichen Arbeit ausspricht. Gegen diesen Verwaltungsakt könne nur der Empfänger der Rüge vorgehen, Dritten stünden keine gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeiten zu.

Kommt nun ein Untersuchungsausschuss?

Der Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, Martin Trefzer (AfD), wirft der Freien Universität in der FAZ vor, sie hätte die „rechtswidrige Rüge“ erfunden, um eine Titelaberkennung und damit einen Rücktritt von Giffey zu vermeiden. Trefzers AfD-Fraktion hatte das Gutachten in Auftrag gegeben. Trefzer und seine Fraktion erwägen nun die Beantragung eines Untersuchungsausschusses.

Ausgangspunkt der Affäre wer eine Untersuchung der Wissenschaftsplattform „VroniPlag Wiki“. Diese war zu dem Ergebnis gekommen, dass Giffey auf 37 Prozent der Textseiten ihrer im Jahr 2010 bewerteten Dissertation plagiiert hatte.

Den Bericht der FAZ finden Sie hier.

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