#Pimmelgate - Hamburgs Innensenator wegen Hausdurchsuchung in der Kritik

Andy Grote, SPD-Senator in Hamburg, hat wegen einer Beleidigung in den sozialen Netzwerken eine Privatwohnung durchsuchen lassen. Nun stehen er und die Ermittlungsbehörden unter Beschuss.

Andy Grote schlägt zurück: Wer ihn als „Pimmel“ beschimpft, muss mit Konsequenzen rechnen / dpa
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Hamburgs Innensenators Andy Grote (SPD) hat einen Twitter-Nutzer wegen Beleidung angezeigt. Daraufhin durchsuchten Polizisten am Mittwochmorgen dessen Wohnung im Stadtteil St. Pauli. Der machte die Hausdurchsuchung daraufhin öffentlich und löste im Internet eine Welle der Empörung gegenüber den Ermittlungsbehörden aus.

Ausgangspunkt war eine Twitter-Nachricht von Grote, in der er Ende Mai massenhafte Verstöße gegen die damals geltenden Corona-Regeln anprangerte. An einem Wochenende trafen sich Tausende im Hamburger Schanzenviertel zu Straßenpartys. Als die Polizei zur Räumung anrückte, wurden die Beamten mit Flaschen beworfen. Darüber regte sich Grote auf und schrieb auf Twitter: 

Dies kommentierte ein anderer Twitter-Nutzer mit dem Satz: „Du bist so 1 Pimmel.“ Darin sah die Hamburger Justiz eine strafrechtlich relevante Beleidigung und leitete auf Antrag Grotes ein Ermittlungsverfahren ein.

Im Zuge dieser Ermittlungen hat das Amtsgericht Hamburg einen Durchsuchungsbeschluss erlassen, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft im Nachhinein mitteilte. „Ziel war es, herauszufinden, wer konkret Zugriff auf einen bestimmten Twitter-Account hat, von dem aus die Beleidigungen veröffentlicht wurden.“

Direkt nach der Hausdurchsuchung wurde am Mittwochmorgen ein Ausschnitt des Beschlusses von dem Twitter-Account einer linken Szenekneipe veröffentlicht. Dazu ein empörter Kommentar:

Dieser Tweet zog schnell große Aufmerksamkeit auf sich. Unter dem Schlagwort „#Pimmelgate“, das auf Platz eins der deutschen Twitter-Charts kletterte, wurde die Aktion als unverhältnismäßig angeprangert. „Ich bekomme Morddrohungen über Twitter. Nichts passiert“, schreibt etwa Ali Utlu, ein Ex-Muslim und Schwulenaktivist aus Köln. Und weiter: „Ein SPD-Innensenator wird Pimmel genannt, schon werden Wohnungen gestürmt. Was soll ich dazu noch sagen?“

Ein anderer Twitter-Nutzer zieht den Vergleich zur Affäre um Steuerbetrug durch Aktiendeals: „Für ‚du bist 1 Pimmel‘ gibt‘s in Hamburg einen Durchsuchungsbeschluß. Für Cum-Ex-Millionen-Betrügereien und Milliardenschäden nicht. ‚Bananenrepublik‘ wäre eine böse Beleidigung aller Südfrüchte.“

Der Staatsanwaltschaft zufolge sind Durchsuchungen nach Beleidigungen im Internet in Hamburg nicht unüblich. In diesem Jahr sei bereits eine mittlere zweistellige Zahl von entsprechenden Beschlüssen erlassen worden.

Grothe selbst verteidigte sein Vorgehen am Donnerstag. „Als Politiker oder politisch Aktiver wird man ständig mit Beleidigungen und Häme im Netz konfrontiert. Ich rate immer allen dazu, Anzeige zu erstatten, damit das auch verfolgt werden kann“, sagte der Senator im NDR-Radio. Genau das habe er getan. Und in diesem Zusammenhang gebe es auch häufiger Hausdurchsuchungen.

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