Susanna F. - Wie der Mord an einem Teenager zur politischen Waffe wird

Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den Iraker erhoben, der die 14-jährige Susanna im Mai 2018 mutmaßlich ermordet hat. Eine Reportage im US-Magazin „The New Yorker“ sieht dieses Verbrechen als Auslöser für die Regierungskrise und für den Aufstieg der AfD

Der Tod von Susanna F. hat Deutschland gespalten / picture alliance
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Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Es gibt Namen, die markieren Einschnitte in der Politik. Und wenn Historiker dereinst fragen, wann das in Deutschland eigentlich begann, der Anfang vom Ende der Regierung Merkel, der Höhenflug der AfD, die Spaltung der Gesellschaft, dann werden sie beim Fall Susanna F. landen. So steht es in einer Reportage, die der deutsch-amerikanische Politikwissenschaftler Yascha Mounk für das renommierte Magazin The New Yorker geschrieben hat: „How a teen’s death has become a political weapon.“

Es ist ein bemerkenswerter Text, denn er zeigt, wie nach dem Mord an der Schülerin plötzlich der Riss zu Tage trat, der Deutschland immer noch teilt. Mounk reist nach Wiesbaden, Chemnitz und nach Kandel, an die Orte, wo von Zugewanderten  begangene Morde den Hass auf Flüchtlinge befeuert haben. Er trifft sich mit Rechten und Linken, er zeigt, wie jedes dieser Verbrechen den Riss vertieft und am Ende zum Rücktritt der Kanzlerin von ihrem Amt als CDU-Vorsitzende führt. Mounk spricht von einer der schwersten politischen Krisen im Nachkriegsdeutschland. 

Den Mord an Susanna sieht er als Auslöser. Eine 14-jährige Schülerin, die mutmaßlich von einem abgelehnten Asylbewerber erwürgt worden war. Von einem jungen Iraker, der sich nicht an Gesetze hielt, der  Polizistinnen beleidigte und eine Elfjährige mutmaßlich wiederholt vergewaltigt hatte. Der sich nach der Tat problemlos mit seiner Familie in den Irak absetzen konnte und dort vom Polizeipräsidenten persönlich verhaftet und nach Deutschland zurückgeführt wurde. Dieses Verbrechen spielte der AfD in die Hände, weil es die Frage aufwarf, ob die Kanzlerin nicht einen schweren Fehler begangen hatte, als sie im Sommer 2015 hunderttausende Flüchtlinge ins Land ließ.  

In der Mutter der getöteten Susanna F. hat die AfD eine wichtige Verbündete gefunden, schreibt Mounk. „Das Blut meiner Tochter klebt an den Händen von Frau Merkel, hatte Diana F. in einem offenen Brief an die Kanzlerin auf Facebook geschrieben. Dass die Mutter dieser Tage ein Interview nach dem anderen gibt und nicht müde wird, diese Anklage zu wiederholen, ist kein Zufall. Gerade hat die Staatsanwaltschaft Wiesbaden Anklage gegen Ali B. erhoben – unter anderen wegen Vergewaltigung und Mordes. Diana F. wünscht dem Täter „lebenslänglich“. 

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