Mike Mohring und die Minderheitsregierung - Slalom Extrem

Mike Mohring favorisiert in Thüringen nun eine Minderheitsregierung, aber eine, die er anführen will, gemeinsam mit Grünen, FDP und SPD. Die Wechselmanöver des Möchtegernministerpräsidenten sind derart flink, dass er aufpassen muss, dass es ihn nicht am Ende hinlegt

Mike Mohring: Slalomfahrer vom Thüringer Wald / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Der alpine Skiweltcup der Saison hat am Wochenende auf dem Ötztaler Gletscher in Sölden begonnen. Die 17jährige Neuseeländerin Alice Robinsin hat bei den Damen überraschend gewonnen. Aber die neue Disziplin des „Extremslaloms“ wird von nur einem Teilnehmer zeitgleich auf den Höhenzügen des Thüringer Waldes gefahren. Mit noch viel mehr Überraschungen als in Sölden. Was Mike Mohring, Spitzenkandidat der CDU und jüngstes Wahl-Opfer der Berliner Groko, da zwischen den politischen Stangen veranstaltet, ist, nun ja: virtuos sagen die einen. Völlig wahnsinnig sagen die andern.

Folgen wir in Zeitlupe erstmal Stange für Stange seiner Fahrt. Vor der Wahl hatte Mohring jedwede Zusammenarbeit mit der regierenden Linken unter Ministerpräsident Bodo Ramelow ausgeschlossen. Am Wahlabend dann redet er so, als könnten eigentlich schon am Montagmorgen Koalitionsverhandlungen zwischen Linken und CDU beginnen. Weil diesen wilden Parcours weder seine Berliner Parteifreunde noch weite Teile seiner Fraktion im Thüringer Landtag mitfahren wollten, carvte Mohring in die nächste Kurve und sah plötzlich überhaupt keine Möglichkeit mehr, auch nur irgendwie mit der Linken zu kooperieren.

Ein recht gebrechliches Argument

Dann bei Markus Lanz, einem passionierten Südtiroler Skifahrer by the way, der nächste Lastwechsel von Berg- und Talski von Mohring. Mittwochabend wollte Mohring nun selbst eine Regierung der bürgerlichen Minderheit aus CDU, SPD, Grünen und FDP anführen, die auf 39 Sitze im Landtag käme fast so viele (42), wie die bisherige rot-rot-grüne Landesregierung. Und sich dann von Fall zu Fall Mehrheiten im Parlament besorgen – die nach der Lage der Dinge dann entweder von der Linken oder der AfD kämen.

Als Argument führte er an, dass die CDU mehr Direktmandate geholt habe als die Linke. Was ein recht gebrechliches Argument ist, solange das Verhältniswahlrecht gilt, das der Zweitstimme die entscheidende Kraft gibt. Und Wahlrechtsreformen kann man nicht rückwirkend verfügen.

Warum sollten sich Grüne und SPD loslösen?

Die FDP hat schon Interesse signalisiert, weiß aber derzeit noch gar nicht, ob sie wirklich im Landtag vertreten sein wird. Von den fünf Stimmen über der 5-Prozent-Hürde ist derzeit noch genau eine übrig. Und ein Verfahren wegen Wahlbeeinflussung ist auch angestrengt. Die nicht eben geringfügige Frage bliebe darüber hinaus noch zu klären, weshalb sich die SPD und die Grünen aus dem Lager mit der Linken herauslösen sollten. Zumal bei einem so extrem hin und her pendelndem CDU-Chef.

Die Lage in Thüringen ist nach der Wahl in der Tat so vertrackt, dass man aus konventionellen Denkmustern ausbrechen muss. Aber Geradlinigkeit im Vorgehen, wie es Bodo Ramelow in geradezu aufreizender Souveranität vorführt, ist gerade in einer solchen Situationen geboten. Wer da so aussieht, als würde er die Nerven verlieren, hat schon verloren.

Man weiß noch nicht, ob Mohring die nächste Stange seines Extremslaloms erreicht. Die Wahrscheinlichkeit aber, dass er vor dem Ziel einfädelt und dann ganz aus dem Rennen ist, ist riesengroß.

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