Wahlkampfthema Kohle - Ausstieg aus der Kohle schon vor 2038?

Bayerns Ministerpräsident Söder fordert einen Ausstieg aus der Kohle vor 2038. Das kritisiert sein sächsischer Kollege Kretschmer. Nun verkündet allerdings jüngst der dortige Umweltminister Günther, viele Kraftwerke könnten in der Tat früher abgeschaltet werden. Und das nicht auf Drängen der Politik.

Im Tagebau Vereinigtes Schleenhain wird schon 2035 Schluss sein / dpa
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„Unambitioniert“ hatte Markus Söder den Kohlekompromiss, also den Kohleausstieg erst 2038 zu vollziehen, in seiner Regierungserklärung in München Ende Juli genannt. Am selben Tag stellte der bayerische Ministerpräsident auch ein Klimaschutzgesetz im Landtag vor.

Da Braunkohle als der klimaschädlichste aller Energieträger gilt – je Tonne verfeuerter Rohbraunkohle entweicht eine Tonne des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre, erscheint es naheliegend, einen schnelleren Ausstieg aus der Braunkohleförderung und -verstromung zu fordern. Nur stehen in ganz Bayern gerade einmal zwei Kohlekraftwerke, und im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen oder Sachsen war Bayern nie ein Standort, der von der Kohleförderung abhängig war.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bezeichnete im Interview mit Cicero Forderungen wie die Söders als „populistisch“: Sie seien von Tagesaktualität getrieben. Im Freistaat Sachsen würde ein um acht Jahre vorgezogener Ausstieg aus der Kohle eine Massenarbeitslosigkeit erzeugen ähnlich wie kurz nach der Wende 1990. Ferner schloss Kretschmer aus, dass der Kompromiss zwischen Umweltverbänden, Gewerkschaften und Industrie neu verhandelt werden würde.

Steigende CO2-Preise machen Braunkohle unrentabel

Allerdings könnte der Ausstieg auch ohne direktes politisches Einwirken schneller als geplant geschehen, meint Kretschmers Umweltminister Wolfram Günther (Bündnis 90/Die Grünen). Günther erklärte am heutigen Montag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass etliche Braunkohlekraftwerke seiner Einschätzung nach schon früher als 2038 vom Netz gehen könnten. „Da ist eine extreme Dynamik drin“, sagte der sächsische Umweltminister.

Die Erklärung für eine solche Entwicklung sieht Günther in den steigenden CO2-Preisen. Zugleich verpflichteten sich immer mehr Investoren, Großunternehmen und Versicherer dem Ziel der Klimaneutralität. „Es ist davon auszugehen, dass der Braunkohleausstieg marktgetrieben sehr viel schneller vonstatten gehen wird als das gesetzlich fixierte Ausstiegsdatum.“

Als Beispiel verwies der Minister auf den Chemnitzer Energieversorger Eins. Der erwägt, den letzten Block seines Heizkraftwerks, in dem Wärme und Strom aus Braunkohle gewonnen werden, schon 2023 abzuschalten. Bisher war dies erst für Ende 2029 geplant. Das Unternehmen begründet seine Überlegungen mit „massiven Verlusten“ infolge stark gestiegener CO2-Preise.

In Sachsen soll nach bisherigen Plänen das Kraftwerk Lippendorf südlich von Leipzig Ende 2035 stillgelegt werden, für die letzten beiden Blöcke des Kraftwerks Boxberg in der Lausitz ist das bis Ende 2038, zum offiziell letzten Ausstiegsdatum, vorgesehen. dpa/ Cicero

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