Kanzlerkandidatur der Union - Für Söder gilt: „Isch over“

Die CDU stärkt Armin Laschet in Sachen Kanzlerkandidatur den Rücken. Für Markus Söder dürfte damit der Traum vom Kanzleramt erstmal vorbei sein. Doch ein Rückzieher wird die CDU noch einiges kosten.

Das war's erstmal für Markus Söder / dpa
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Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist nicht gerade ein Hort der Aufmüpfigen und Rebellen. Gewöhnlich tun ihre 245 Mitglieder das, was ihnen „von oben“ gesagt wird. So war es stets in den fünfzehneinhalb Merkel-Jahren, ungeachtet der Widerworte einiger Widerspenstigen bei der Euro-Rettung oder während der Flüchtlingskrise. Nur einmal haben sich die Parlamentarier widersetzt: als Fraktionschef Volker Kauder, treuer Vasall der Kanzlerin, 2018 nochmals für drei Jahre wiedergewählt werden wollte. Da zog eine Mehrheit Ralf Brinkhaus vor, unter dem die Abgeordneten seitdem ebenfalls das taten, was das Kanzleramt von ihnen wünschte. 

Es ist also nicht zu erwarten, dass die gut 50 CDU-Abgeordneten, die sich schon öffentlich für Markus Söder als Kanzlerkandidaten ausgesprochen haben, in der Fraktionssitzung am morgigen Dienstag den Aufstand proben werden. Sie werden eher zur Kenntnis nehmen, dass die CDU-Spitze sich heute eindeutig für den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet als Kanzlerkandidaten ausgesprochen hat. Es war zwar keine förmliche Abstimmung. Doch gab es dem Vernehmen nach niemanden von Gewicht, der sich für den CSU-Vorsitzenden stark gemacht hätte. 

Solider Laschet statt kraftmeierischer Söder

Armin Laschet ist seinem Ziel also wieder ein Stück nähergekommen. Das verdankt er sicherlich nicht seinen Umfragewerten; die sprächen eindeutig für Söder. Vielmehr geht in der CDU die berechtigte Sorge um, wenn die Parteispitze dem erst im Januar zum Vorsitzenden gewählten Laschet jetzt attestierte, er sei nicht kanzlertauglich, müsste die Partei sich wohl einen neuen Anführer suchen. Zudem missfällt vielen in der CDU die Vorstellung, die große CDU müsste sich künftig der kleinen Schwester CSU unterordnen. Man betont ja auch im Konrad-Adenauer-Haus die Gemeinsamkeiten mit den weiß-blauen Freunden – aber unter „preußischer“ Führung. 

Die CDU will nicht mit dem eher kraftmeierischen Söder in den Wahlkampf ziehen, sondern mit dem weniger schillernden, soliden Laschet. Also mit einem, der nicht polarisiert, sondern integrieren kann, nicht nur innerhalb der Unionsfamilie, sondern auch mit Blick auf die Gesellschaft. Bei Söder hingegen befürchteten viele CDU-Strategen eine äußerst polarisierende Wahlschlacht, wie sie die Älteren aus dem Duell Franz Josef Strauß gegen Helmut Schmidt noch in unguter Erinnerung haben. 

Söders Einwilligung wird ihren Preis haben

Markus Söder hatte der CDU angeboten, sich als Kanzlerkandidat zur Verfügung zu stellen. Er weiß jetzt, dass die CDU dieses Angebot nicht annehmen will und wird. Das heißt aber nicht, dass der bayerische Ministerpräsident sich auf Bayern zurückzieht. Söder dürfte Laschet die Kandidatur im Namen der CSU antragen, aber das wird einen Preis haben: Er wird darauf drängen, dass im gemeinsamen Wahlprogramm, das seiner Meinung nach „solide und sexy“ sein soll, die bayerische, das heißt seine Handschrift deutlich sein wird. Ganz selbstverständlich wird Söder einen Kanzlerkandidaten Laschet wissen lassen, wie stark er sich die CSU in einem künftigen Kabinett Laschet vorstellt.

Klar ist: Sollte die CDU/CSU den Kanzler stellen, wird Söder auf den Beitrag der CSU verweisen samt seines selbstlosen Verhaltens. Sollten indes die Grünen ins Kanzleramt einziehen – mithilfe von SPD/FDP oder SPD/Linke – wird Söder in sechs Monaten daran erinnern, dass die CDU – leider, leider – sein selbstloses Angebot ausgeschlagen habe. 

Der Wahlkampf wird kein Spaziergang

Der bevorstehende Wahlkampf wird für die Union kein Spaziergang. Die Partei und ihr wahrscheinlicher Spitzenkandidat haben miserable Umfragewerte. Ihr werden die unübersehbaren Mängel und Fehler beim Kampf gegen die Pandemie angekreidet. Zudem hängt ihr nach der Maskenaffäre der Ruf an, zu viele charakterlose Geschäftemacher in den eigenen Reihen zu haben. Obendrein muss sie befürchten, dass die FDP sich im Zweifelsfall eher auf eine Ampel mit Grünen und SPD einlässt als auf eine Reise nach Jamaika. 

Bei dieser Gefechtslage ist eine größtmögliche Geschlossenheit von CDU und CSU ein Muss. Mehr denn je kommt es bei dieser Bundestagswahl auf die Mobilisierung der eigenen Anhänger an. Und bürgerliche Wähler stößt kaum etwas mehr ab als eine in sich zerstrittene Partei. Söder müsste deshalb möglichst schnell zur Kenntnis nehmen, dass die CDU auf sein Angebot dankend verzichtet. Dann sind er und die CSU in der Bringschuld für die von Söder versprochenen „guten Zusammenarbeit ohne Groll“.

Mit Blick auf die Kanzlerambitionen Söders gilt, um Wolfgang Schäuble zu zitieren: „Isch over“. Ob auch für die CDU/CSU im Herbst nach 16 Regierungsjahren alles vorbei ist, hängt nicht nur von Laschet ab, sondern in hohem Maße auch von Söder und der CSU. Schaun mer mal …

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