Was bedeutet die Coronakrise für die Jugend? - „So viel Freizeit wie ihr hätte ich auch gern gehabt“

Studenten und Auszubildende gehören zu den Verlierern der Coronakrise. Viele haben ihre Nebenjobs verloren oder müssen um eine Weiterbeschäftigung bangen. Doch weil sie keine Lobby haben, sind ihre Probleme kein Thema. Unser Gastautor Lukas Dietze, 20, schreibt, was er sich von der Politik wünschen würde.

„Ein Frühling mit purer Überforderung“: Studenten stellt die Coronakrise vor gewaltige Herausforderungen / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Lukas Dietze studiert im vierten Semester Sozial- und Verwaltungsrecht an der HSF Meißen. 

So erreichen Sie Lukas Dietze:

Anzeige

„Ihr seid doch alle noch jung, euch betrifft das mit dem Virus nicht“. „Seid doch froh, ihr müsst nicht in die Schule, nicht in die Uni“.„So viel Freizeit wie jetzt hätte ich in eurem Alter auch gerne gehabt“.

All das sind typische Sätze, die Menschen meiner Generation in diesen Zeiten zu hören bekommen. Der jungen Generation müsste es in der Coronakrise doch gut gehen, denn schließlich habe sie unglaublich viel Freizeit, die Netflixserver laufen heiß, und das Risiko einer schweren Infektion ist für die unter 30-Jährigen doch deutlich geringer. In der Vorstellung dieser Leute ist der Frühling 2020 für meine Generation ein Frühling mit viel Freizeit, ohne Schule und vor allem ohne Sorgen und Probleme. 

Ein Frühling mit purer Überforderung

Die Realität aber sieht anders aus. Der Frühling 2020 ist für meine Generation vor allem ein Frühling mit purer Überforderung, Ungewissheit und Zukunftsängsten. Wir leben in schwierigen und vor allem ungewissen Zeiten.

Ein Virus aus China befällt Europa. Als Folge der Lockdown. Schulen und Universitäten schließen, Menschen dürfen nur noch mit einer weiteren Person das Haus verlassen. Die Wirtschaft steht vor der vielleicht größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg. Begriffe wie Replikationsfaktor, Neuinfektionen und Abstandsregelung dominieren unsere Medienwelt.

Bereit für Krisenmanagement

Die Bilder aus Italien oder New York sind schockierend. Und was macht meine Generation? Nach Meinung einiger Experten wohl eher nicht besonders viel. Dass meine Generation jedoch bereit für Krisenmanagement ist, zeigt beispielsweise die von der Jungen Union in der Coronazeit ins Leben gerufene Initiative „Einkaufshelden“ sehr deutlich. 

Ich bin ehrlich, nachdem Mitte März auch meine Hochschule schließen musste, war ich zunächst nicht besonders traurig. Die ersten Wochen im „Homeoffice“ waren doch eher entspannt. Gesetzestexte kann man von Zuhause genauso gut lesen, und man hat sogar noch Zeit das Zimmer zu streichen und nebenbei auch mal auszuschlafen.

Wie soll man die Wohnung finanzieren? 

Aber nach der ersten Phase der Euphorie macht sich dann doch relativ schnell die Ernüchterung breit. Auf einmal steht man vor der Frage, wie man sich unter diesen Bedingungen auf die Prüfung vorbereiten soll, oder wie man die eigene Wohnung überhaupt noch finanzieren kann, musste doch gerade die Gaststätte, in der man regelmäßig gegen gute Bezahlung ausgeholfen hat, auf unbestimmte Zeit schließen.

Die Coronakrise und die wirtschaftlichen Folgen trifft die junge Generation auf eine ganz besondere Art und Weise. Die politische Aufmerksamkeit für diese Problematik ist aktuell nur in Grundzügen erkennbar. Das CDU geführte Bundesministerium für Bildung und Forschung hat mit der Gesetzesänderung im BAföG gut und vor allem schnell reagiert. Aber es braucht noch weit mehr als das. 

Eine Übernahme nach der Ausbildung ist ungewiss

Schaut man zunächst auf die Studenten, so verdient sich die Mehrheit durch Minijobs in Kneipen, Hotels oder im Einzelhandel das ein oder andere dazu. In Zeiten von Corona ist das nicht mehr möglich. Andere stecken schon mitten in ihrer Ausbildung, vielleicht als Koch, Einzelhandelskauffrau oder Tourismusmanager.

In Zeiten von Corona ist eine Weiterbeschäftigung oder Übernahme ungewiss. Schüler, die sich auf ihre Abschlussprüfungen vorbereiten, haben einen deutlich höheren Lernaufwand, gerade leistungsschwächere Schüler sind auf Unterstützung angewiesen. In Zeiten von Corona stehen sie dieser Herausforderung allein gegenüber.

Hilfspakete gegen die Krise 

Andere haben ihre Ausbildung bereits abgeschlossen und arbeiten jetzt im Hotel, im Reisebüro oder im Einzelhandel.In Zeiten von Corona sind sie es, die als erste wieder entlassen werden. Die Arbeitslosenquote liegt laut Bundesagentur für Arbeit bei 6,1 Prozent, Tendenz steigend.

Die Bundesregierung steuert mit Milliarden schweren Hilfspaketen dagegen. Die Senkung der Mehrwertsteuer, finanzielle Entlastung der Kommunen, Unterstützung des ÖPNV – das alles gehört zum dem „Wumms“, der dem Land aus der Krise helfen soll. Ein 130 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket für die deutsche Wirtschaft wäre vor Corona undenkbar gewesen. 

Kinderbonus für Studenten 

Gesetzesanpassungen beispielsweise im Sozialgesetzbuch III zur Stärkung des Kurzarbeitergeldes oder Hilfszahlungen für mittelständische Unternehmen sind schnell und unbürokratisch erfolgt. All diese Maßnahmen sind gut und wichtig. Aber eine gezielte Unterstützung der jungen Generation? Fehlanzeige. 

Vorstellbar wäre beispielsweise die Ausweitung des geplanten Kinderbonus auch auf Studenten und Azubis oder ein zielgerichtetes Unterstützungsprogramm für erstmalige Berufseinsteiger. Denn gerade diese Generation wird es sein, die auch noch in Jahrzehnten mit den wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise zu kämpfen haben wird und einer besonderen Unterstützung bedarf. Sie sollte daher nicht einfach auf das politische Abstellgleis verlegt werden, sondern den Wagen mit befördern, in dem in dieser Krise alle gemeinsam sitzen. Und sie sollte dabei von der Politik noch zielgerichteter unterstützt werden.

Anzeige