Friedrich Merz - Ministeramt als Trostpreis?

Friedrich Merz bringt sich selbst als Minister im Kabinett Merkel ins Spiel. Das zeugt nicht von Demut, weist aber hin auf eine schwächelnde Ministerriege der CDU. Annegret Kramp-Karrenbauer steht vor ihrer ersten Bewährungsprobe als Parteivorsitzende

Bringt sich selbst als Minister ins Spiel: Friedrich Merz / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Friedrich Merz lässt via Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wissen, dass er sich für ministrabel hält und sich ein Amt im Kabinett zutraut. Das ist ein schöner Ausweis seines Selbstbewusstseins und wahrscheinlich auch im Kern nicht falsch. Einen etwas faden Beigeschmack hinterlässt diese Initiativbewerbung fürs Kabinett Merkel aber doch. 

Merz war der klare Favorit bei der Wahl eines oder einer neuen CDU-Parteivorsitzenden und hat diese Chance mit einem schwachen Auftritt vertan. Da stolpert einer über seine hohe Meinung von sich selbst (denn genau das war der Fehler von Friedrich Merz auf dem Parteitag) und will dann noch mit einem Ministeramt für den entgangenen Parteivorsitz entschädigt werden? Das ist eine sonderbare Form der Demut. Zumal er unmittelbar nach dem Wahlsieg von Annegret Kramp-Karrenbauer noch auf dem Parteitag sagte, er wolle sich weiter für die Partei engagieren. Sieht ein Engagement für die Partei so aus, dass man ausgerechnet einen Ministerposten in der Bundesregierung übernimmt? Wenn er zuvorderst das Wohl der CDU im Blick hat, warum hat er dann nach der verlorenen Abstimmung über den Vorsitz nicht konsequenterweise für den Vorstand kandidiert?

Schwache CDU-Minister

Das ist die eine Seite dieses Falles. Die andere ist, dass das derzeitige Kabinett Merkel unionsseitig tatsächlich nicht gerade vor Frische, Kraft und Kompetenz strotzt. Viele sitzen dort auf ihren Posten vor allem, weil sie lange Jahre Angela Merkel gegenüber treu und ergeben und loyal waren. Das gilt über alle Maßen für die Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz, die nun vor lauter Integration das Wort Weihnachten auf ihrer Weihnachtskarte vergessen hat, aber ebenso für Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist in ihrem Amt geschrumpft und gescheitert und wäre beim Parteitag in Hamburg mit 52 Prozent beinahe als Parteivize abgewählt worden. 

Es könnte deswegen sehr gut sein, dass aus den Wettbewerbern Merz und Kramp-Karrenbauer nun eine zeitweilige Interessensgemeinschaft wird. Denn Kramp-Karrenbauer muss die in der Partei und in der Wählerklientel von Merkel frustrierten Wertkonservativen und Wirtschaftsliberalen wiedergewinnen. Dem könnte eine Kanzlerin, deren Macht mit der Abgabe des Vorsitzes erkennbar schwindet, nunmehr wenig entgegensetzen.

Bewährungsprobe für Kramp-Karrenbauer

Es wäre eine erste Probe der Eigenständigkeit der neuen Parteivorsitzenden Kramp-Karrenbauer. Hat sie genügend Durchsetzungswillen, ihrer Förderin Merkel deren Intimfeind Merz als Minister als Weihnachtsgeschenk an den Kabinettstisch zu manövrieren? Wenn sie keine Übergangsvorsitzende werden möchte, dann muss sie diesen Nachweis schnell und entschlossen führen. Als Zeitfenster bleiben ihr die Monate bis zur Europawahl im Mai. Zugleich weiß Kramp-Karrenbauer auch, dass sie mit Merz einen Wettbewerber im Kabinett installiert, der ihr sofort den Zugriff aufs Kanzleramt und die Kanzlerkandidatur streitig machte. Im Zweifel wieder via Interview.

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