FDP-Chef lässt Linda Teuteberg fallen - Lindners letzte Patrone

Nach Wochen der Quälereien lässt FDP-Chef Christian Lindner seine Generalsekretärin Linda Teuteberg fallen. Volker Wissing als Nachfolger ist keine schlechte Wahl. Doch die Krise der Liberalen ist damit nicht vorbei. Was, wenn Lindner dafür der Grund ist?

Teuteberg, Lindner: Einen zweiten "Fehlgriff" kann sich der FDP-Chef nicht leisten / dpa
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Christian Lindner hat einen Machtkampf gewonnen, der keiner war. Jedenfalls keiner, der offen ausgetragen und auf Augenhöhe geführt worden wäre. Der FDP-Chef hat seiner bisherigen Generalsekretärin, von ihm vor einem guten Jahr handverlesen und erwählt, eine Zermürbung nicht erspart, eher beschert. 

Linda Teuteberg stemmte sich bei diesem Kampf, der zwischen Generalsekretärin und Parteichef keiner auf Augenhöhe sein kann, lange gegen ihre Demission. An diesem Montag gab sie im Präsidium auf. Volker Wissing ist nun der Mann der Wahl und des Vertrauens von Christian Lindner. Er soll bereits auf dem nächsten Parteitag im September gewählt werden.

Ein Überraschungskandidat

Schält man diese Personalie heraus aus den Quälereien der vergangenen Tage und Wochen, betrachtet man sie für sich genommen, dann ist das eine gute Wahl. Volker Wissing war im Bundestag jemand, der Opposition konnte. Der Jurist, früher Staatsanwalt und Richter, war die Nummer Eins in der Disziplin der parlamentarischen Anfrage, die in den richtigen Händen ein scharfes Schwert der Opposition sein kann. Die AfD hat das im Berliner Senat zuletzt zweimal mit den Fällen Lompscher und Giffey bewiesen.

Wissing war ein Überraschungskandidat, den vorher keiner auf der Liste hatte. Auch so was ist für einen Coup und den Start eines Neuen immer hilfreich. Ob es für oder gegen die Personalie Wissing spricht, dass sie keinerlei Proporz folgt, er ist weder aus dem Osten noch eine Frau, mag man für sich selbst entscheiden. 

Die Krise ist nicht beigelegt

Christian Lindner hat sich mit der Benennung von Wissing Luft verschafft. Die Krise der FDP ist damit nicht beigelegt. Sie bleibt vorerst die Partei ohne Eigenschaften. Mit allen anderen verbindet man etwas, mit der FDP nicht. 

Für diesen Befund haben viele kluge Beobachter und viele kluge Leute in der FDP viele schlaue Erklärungen. Es stimmt sicherlich, dass es der FDP noch nie gut gelungen ist, eine Oppositionsrolle einzunehmen. Das entspricht nicht der Erwartung ihrer Klientel. Und nicht ihrem politischen Habitus. Die SPD tut sich da beispielsweise leichter. Fühlt sich da in weiten Teilen sogar wohler. 

Eine wohlwollende Betrachtung

Wissing, der Mann, der es jetzt richten soll, kommt als Minister aus einer Landesregierung und muss jetzt wieder umschalten. Seine Biografie hat wie gesagt gezeigt, dass er beides kann. „Country und Western“, wie die Blues Brothers sagen würden. 

Auffallend war aber bei den vielen schlauen Erklärungen, auch und gerade von Christian Lindner selbst, dass es an allem, aber nicht am Parteichef liegt. Eine wohlwollende Betrachtung, die ausblendet, dass er mit allen maßgeblichen Vorgängen (Jamaika-Nein, Thüringen) maßgeblich verbunden ist.

Manchmal etwas verkopft

Lindner hat mit Wissing jetzt seine letzte Patrone verschossen und die Dame seiner vorherigen Wahl abgelegt. Das nächste Mal steht er im Feuer. Denn was, wenn sich erweist, dass es gar nicht an Linda Teuteberg lag, deren Stärken und Schwächen Lindner auch bei ihrer Ernennung bekannt gewesen sein könnten? Sie ist die gleiche Teuteberg geblieben, die sie immer war. Klug und überlegt, manchmal vielleicht etwas zu verkopft für diese Position, jedenfalls nicht reflexhaft zuschlagend. Sie war die WYSIWYG-Kandidatin, kein Überraschungsei. What you see is what you get. Bei Wissing ist das genauso. 

Wie hat mal einer gesagt bei einem Wechsel im Generalsekretariat einer anderen Partei? „Einen zweiten Fehlgriff kann sich Angela Merkel nicht leisten.“ Übersetzt auf die FDP und Lindner heißt dieser historische Satz: Einen zweiten Fehlgriff kann sich Christian Lindner nicht leisten. Denn dann wäre erwiesen, dass er das Problem ist und nicht der Generalsekretär - heiße diese Person, wie sie wolle, und sei sie, wie sie wolle.

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