Demonstrationen in Berlin und Paris - Proteste gegen Corona-Maßnahmen spitzen sich zu

In Berlin protestieren trotz Demonstrationsverboten am Sonntag zahlreiche Kritiker der Pandemie-Politik und legen sich mit der Polizei an. Auch in Frankreich kommt es erneut zu Großdemonstrationen. Die Lage ist zunehmend angespannt.

Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin / dpa
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Nach dem Verbot mehrerer Demonstrationen auch aus der „Querdenker“-Szene in Berlin haben sich im Umfeld des Olympischen Platzes in Charlottenburg Hunderte von Menschen versammelt. Dabei ist es zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und der Polizei gekommen.

Nach Polizeiangaben gab es Versuche, Absperrungen zu durchbrechen. „Hierbei musste in einzelnen Fällen körperliche Gewalt angewendet werden“, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag. Vereinzelt habe es Festnahmen gegeben. Die Ansammlung mit nach Polizeiangaben rund 2000 Menschen sei als verbotene Ersatzveranstaltung zu werten.

Festnahmen und Pfefferspray

Zum Teil setzten sich Menschen dabei auf die Straße. Trillerpfeifen waren zu hören, laute Rufe, etwa „Frieden, Freiheit, Demokratie“ und Polizeifahrzeuge mit Martinshorn. Auch ein Hubschrauber der Polizei war in der Luft im Einsatz. Bei der Festnahme von Protestierern ist nach Angaben eines dpa-Reporters Pfefferspray eingesetzt worden, als einige andere Protestierer die Polizisten daran hindern wollten.

Der Zug der Menschen hat sich inzwischen weiter bewegt. Dabei waren zwischen Theodor-Heuss-Platz und Wilmersdorfer Straße nach Angaben des dpa-Reporters am frühen Nachmittag Hunderte von Menschen auf der Fahrbahn. Polizisten hätten die Fahrbahn stellenweise geräumt.

Demonstranten ignorieren Verbot

Die Berliner Polizei hatte für dieses Wochenende mehrere Demonstrationen verboten, weil sie Verstöße gegen die Hygieneauflagen befürchtete. Darunter ist auch eine Kundgebung der Initiative „Querdenken 711“ aus Stuttgart, die für den Nachmittag ursprünglich 22500 Teilnehmer angemeldet hatte. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte das Verbot am späten Samstagabend.

Eine Reihe anderer Veranstaltungen, die sich ihrem Titel zufolge teils ebenfalls gegen die Politik in der Corona-Pandemie richten, können dagegen stattfinden. So war am Olympischen Platz ein Autokorso geplant. Autokorsos hätten ein anderes Hygienekonzept, sagte die Polizeisprecherin. Dorthin waren am Vormittag aber auch Menschen zu Fuß hingeströmt.

In Frankreich gehen Hunderttausende auf die Straße

Auch in Frankreich kam es erneut zu massiven Protesten gegen die Regierung. Schon das dritte Wochenende in Folge haben dort Hunderttausende gegen eine Verschärfung der Corona-Regeln demonstriert. Bei gut 180 Protestaktionen taten nach Angaben des Innenministeriums am Samstag 204000 Menschen ihrem Unmut kund – auch gegen die beschlossene Impfpflicht für Gesundheitspersonal und strengere Nachweispflichten.

In Paris und anderen Städten waren Rufe wie „Freiheit, Freiheit“ zu hören. Mancherorts war von einer Gesundheitsdiktatur die Rede. Für Präsident Emmanuel Macron bedeuten die Proteste neue Probleme.

Auslöser der Demonstrationen waren die von Macron Mitte Juli angekündigten strengeren Hygienevorschriften. Angesichts einer vierten Corona-Welle will die Regierung die Impfzahlen in die Höhe treiben.

Menschen im Gesundheitswesen und im Kontakt mit Risikopatienten müssen künftig geimpft sein. Ein Nachweis über einen negativen Corona-Test, eine Impfung oder Genesung soll in Restaurants, Cafés und Fernzügen Pflicht werden. Für Museen und Kinos gilt dies bereits.

Kommen die „Gelbwesten“ zurück?

Die Verschärfung löste Kritik aus verschiedensten Lagern aus. Bei den Corona-Protesten kamen sowohl Links- als auch Rechtsaußen zusammen, Pflegende demonstrierten neben Familien mit Kindern, Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern.

Zusammensetzung und Größe der Proteste sorgen für Mutmaßungen über eine neue „Gelbwesten“-Bewegung. Schon jetzt ziehen „Gilets Jaunes“ („Gelbe Westen“) mit. Sie hatten ihre Proteste 2018 gegen höhere Benzinpreise begonnen, aber rasch zu einer Gesamtkritik an Macrons Reformen ausgeweitet. Dabei kam es auch mehrfach zu Gewalt.

Ausschreitungen gab es am Wochenende hingegen eher vereinzelt. In Paris setzte die Polizei Wasserwerfer ein. In Montpellier beschimpften Demonstranten einen Apotheker, der Corona-Tests macht. Dem Innenministerium zufolge wurden drei Sicherheitskräfte verletzt, 72 Menschen wurden festgenommen. dpa

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