Corona-Update - Testpflicht für Reiserückkehrer

Seit Wochen steigt die Sieben-Tage-Inzidenz, die vierte Welle habe laut einem Papier des Robert-Koch-Instituts sogar schon begonnen. Reiserückkehrer ohne Corona-Impfung müssen sich ab 1. August auf eine Testpflicht gefasst machen. Und auch der Alltag könnte für Ungeimpfte bald deutlich unbequemer werden.

Ein Reiserückkehrer am Nürberger Flughafen Foto: Daniel Karmann/dpa
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In Bundesländern wie Brandenburg oder Berlin sind die Sommerferien fast schon wieder vorbei. Damit Urlauber nach Rückkehr an den Arbeitsplatz oder in die Schule bei gleichzeitig auch hierzulande kontinuierlich steigender Sieben-Tage-Inzidenz nicht zusätzlich das Infektionsgeschehen vorantreiben, müssen Urlauber sich bereits ab kommendem Monat auf eine erweiterte Testpflicht gefasst machen. Die Einschränkungen, die bis jetzt nur bei Flugreisen galten, sollen nun auch auf weitere Verkehrsmittel ausgeweitet werden.

Bayerns Ministerpräsident Söder kommentierte: „Die Regel ist ja relativ einfach, jeder braucht einen Test, der sozusagen wieder anreist, ob er mit dem Auto, der Bahn oder mit dem Flugzeug kommt.“  Er und Innenminister Seehofer sagten aber auch, dass Kontrollen im Individualverkehr nur stichpunktartig erfolgen sollten.

Konkret bedeutet das laut einem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums, der der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt, dass zukünftig bei einer Einreise aus dem Ausland ein Test-, Impf-, oder Genensenennachweis von Nöten sein werde. Einreisende aus Virusvariantengebieten könnten sich auch mit Impf- oder Genesenennachweis nicht von der Testpflicht befreien. Der Referentenentwurf mit Stand von Mittwochabend wurde nach dpa-Informationen mit anderen Ressorts vorabgestimmt, es solle darüber nun noch weiter beraten werden.

Verschärfte Einreisebestimmungen

Derzeit gilt für alle, die sich in den letzten zehn Tagen in einem einfachen Risikogebiet aufgehalten haben, aktuell zum Beispiel in Dänemark oder der Türkei, dass bei Einreise eine zehntägige Quarantäne erfolgen muss. Umgehbar wird diese nur mit einem Impf- oder Genesenennachweis, PCR- oder Antigentest, der innerhalb von 48 Stunden nachwiesen wird. Bei Einreisen aus Hochinzidenzgebieten wie Spanien oder den Niederlanden ist eine Freitestung für Nicht-Geimpfte oder Genesene erst ab dem fünften Tag der Quarantäne erlaubt.

Am Mittwoch traten zudem für Virusvariantengebiete wie Uruguay, Südafrika und Brasilien neue Einreiseregeln in Kraft. Eine vorgeschriebene 14-tägige Quarantäne kann nun mit einem negativen Test vorzeitig beendet werden, wenn die Region noch während der Quarantänezeit herabgestuft wird – zu einem Risikogebiet oder Hochinzidenzgebiet mit hohen Infektionszahlen. Geimpfte können die Quarantäne nur umgehen, wenn das Robert-Koch-Institut (RKI) den Impfstoff, mit dem Reisende geimpft worden sind, als hinreichend wirksam gegen die entsprechende Variante listet. Bereits vor der Einreise aus allen Risikogebieten muss eine digitale Einreiseanmeldung vorgenommen werden.

Die Politik macht Druck

Gleich mehrere Politiker hatten sich für eine schnelle Einführung verschärfter Einreisemaßnahmen ausgesprochen. „Wir haben da keine Zeit zu verlieren“, sagte Michael Müller, Berlins Regierender Bürgermeister, der auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) der Bundesländer ist, am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“.

Der Referentenentwurf sieht ein Inkrafttreten neuer Verordnungen am 1. August vor. Die Bundesregierung hatte den Starttermin der Neuregelung aber zuletzt offen gelassen und auf noch nötige interne Abstimmungen verwiesen. AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel sprach sich gegen die geplante Corona-Testpflicht für Reiserückkehrende aus. Diese wäre eine „unverhältnismäßige Belastung der Reisenden, der Grenzbehörden und der Tourismuswirtschaft, sagte Weidel am Mittwoch. Auch FDP-Chef Christian Lindner sieht eine pauschale Testpflicht skeptisch. Die Bundesregierung bereite die Öffentlichkeit erneut auf erhebliche Freiheitseinschränkungen vor, sagte Lindner am Mittwoch im schleswig-holsteinischen Strande.

Der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit plädierte derweil dafür, dass Reiserückkehrer im Falle einer Testpflicht nach ihrem Urlaub mit einer sogenannten Pooltestung auf das Coronavirus zu kontrollieren. Dabei werden mehrere Abstriche zusammengefasst und geprüft. «Wir kennen die ganzen Nachteile auch der Schnellteste, und sie kosten ja auch nicht unerheblich. Insofern wäre hier sicherlich eine Pooltestung mittels PCR-Verfahren durchaus überlegenswert“, sagte Schmidt-Chanasit dem Radiosender „Bayern 2“. Damit könne auch eine bessere Vergleichbarkeit der Tests erzielt werden.

RKI-Papier: „Die vierte Welle hat begonnen“

„Die vierte Welle hat begonnen“, heißt es in einem Papier, das RKI-Chef Lothar Wieler am Montag bei einer Schaltkonferenz mit den Chefs der Staatskanzleien der Länder präsentierte und das der dpa vorliegt. Im Papier bewirbt Wieler weiterhin das Festhalten an der Inzidenz als Leitindikaktor der Infektionsdynamik. Hohe Impfquoten alleine seien nicht ausreichend, die vierte Welle flach zu halten, heißt es dort. Zusätzliche „Basisschutz-Maßnahmen“ seien notwendig, um die vierte Welle so zu senken, dass die Patientenzahlen in Krankenhäusern nicht zu hoch würden. Als Maßnahmen nennt das Papier eine Reduzierung der Kontakte sowie eine Reduktion der Mobilität.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn widersprach dieser Auffassung gegenüber der Bild-Zeitung. Mit steigender Impfrate verliere die Inzidenz an Aussagekraft, weswegen es neue Kennzahlen brauche. Auch andere Länderchefs äußerten sich laut einem Bericht der Bild kritisch. Dem Bericht zufolge dränge Kanzleramtschef Helge Braun bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 10. August nun auf eine Grundsatzentscheidung: Ob eine Überlastung des Gesundheitssystems verhindert oder die Fallzahlen möglichst gering halten werden sollen.

Verlangsamung der Impfkampagne

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hält es für angemessen, dass in der Corona-Pandemie Geimpfte und Genesene mehr Freiheiten genießen als Ungeimpfte. Es sei erwiesen, dass nach Genesung oder nach der vollständigen Impfung die Gefahr deutlich sinke, andere anzustecken, sagte Schäuble der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Daher werden wir diese Gruppen nicht dauerhaft allen Beschränkungen unterwerfen können, die für Nichtgeimpfte gelten müssen, um die Pandemie zu bekämpfen“, betonte der CDU-Politiker. Für eine solche unterschiedliche Behandlung sehe er auch keine verfassungsrechtlichen Probleme.Auch Kanzleramtsminister Helge Braun hatte gesagt, für Ungeimpfte könnten bald wieder empfindliche Beschränkungen drohen. „Das kann auch bedeuten, dass gewisse Angebote wie Restaurant-, Kino- und Stadionbesuche selbst für getestete Ungeimpfte nicht mehr möglich wären, weil das Restrisiko zu hoch ist“, sagte er gegenüber der Bild am Sonntag.

dpa/ Cicero

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