Pandemiepolitik - Fehler aus Unwissenheit? - Teil 1

Politiker und Medien rechtfertigen die massiven Freiheitseinschränkungen während der Pandemie mit dem mangelnden Wissen über das Coronavirus. Doch dies ist nichts weiter als ein Mythos - denn bereits frühzeitig zeigten Studien, dass der Effekt von Lockdown und Maskenpflicht nicht ins Gewicht fiel.

Eine Politik der Angst regierte Deutschland während der Pandemie / dpa
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Autoreninfo

Boris Kotchoubey ist Professor am Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie an der Universität Tübingen.

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Wir würden einander viel verzeihen müssen, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im April 2020. Er räumte damit bereits zu Anfang der Corona-Politik ein, dass den Entscheidungsträgern möglicherweise Fehler unterliefen. Inzwischen wurden viele der Irrgänge in den Medien zugegeben: Zahlreiche Grundrechtseinschränkungen waren unverhältnismäßig (und in diesem Sinne illegitim); Schulschließungen brachten enormes Unheil für eine ganze Generation deutscher Kinder und Jugendlicher; die Impfung erzeugte nicht die versprochene sterile Immunität und brachte stattdessen vielen Geimpften schwere Gesundheitsschäden, manch einem sogar den Tod. Das alles ist heute für jeden normalen Mediennutzer kein Geheimnis mehr

Doch dieselben Medien sagen uns nun: Diese Fehlentscheidungen sind nicht vorhersehbar und somit nicht vermeidbar gewesen. Dass sie Fehler sind, das wissen wir erst jetzt, im Nachhinein. Damals hätten die Entscheidungsträger in einer neuen Situation unter einer extremen Unsicherheit handeln müssen, und sie taten es nach bestem Wissen und Gewissen. Die Daten, aufgrund deren wir die Ergebnisse heute beurteilen, haben damals einfach nicht vorgelegen. Auf eine besondere Art bilanzierte das so zuletzt Sascha Lobo im Spiegel: Das Leiden von Zigtausenden Menschen infolge der in weiten Teilen rigiden Corona-Politik sei ein Schicksal, an dem niemand schuldig sein könne

In diesem Artikel wollen wir der Frage nachgehen, ob diese Bilanz als zutreffend gelten kann. Was war zu den jeweiligen Zeitpunkten an Daten bekannt, als die entscheidenden politischen Weichen im Bereich Infektionspolitik gestellt wurden? Wir stellen diese Frage nicht, um jemand anzuklagen. Vielmehr ist es unser Anliegen, eine besonnene Form der gemeinsamen Aufklärung anzustoßen und damit allen beteiligten Gruppen die Rückkehr auf eine Sachebene zu ermöglichen; in der Gewissheit, dass es, ungeachtet der Schwere und der Ursachen eines Konfliktes, immer eine Sachebene gibt. 

Maskenpflicht als unwissenschaftliche Farce

Zwischen 2016 und 2020 erschienen fünf systematische Analysen (davon vier quantitative) der vorangegangenen kontrollierten Studien zu der Frage, ob Mund-Nase-Masken die Verbreitung von Atemwegsinfektionen in der Öffentlichkeit verhindern können. Weder der Vergleich zwischen Tragen und Nichttragen von Masken noch der zwischen FFP2/N95- und chirurgischen Masken zeigte einen signifikanten Unterschied.

Einige Studien berichteten, dass sich Menschen weniger über Atemwegsymptome beklagten, wenn sie und andere in ihrer Umgebung Masken trugen. Dieser subjektive Effekt verschwand jedoch, sobald die Symptome aufgrund von Laboranalysen bestätigt wurden. Diese Diskrepanz zwischen subjektiver und gemessener Wirkung weist darauf hin, dass das Maskentragen vor allem einen psychologischen Effekt hat. 

Diese Daten wurden allgemeinverständlich und in deutscher Sprache 2020 von Frau Prof. Dr. Kappstein zusammengefasst. Ihr Artikel erklärt in leicht verständlichem Duktus nicht nur, dass Mund-Nase-Masken in der Bevölkerung bei einer Atemwegepidemie nutzlos sind, sondern auch, warum sie keinen positiven Mehrwert zeitigen können. Diese Analysen basierten auf den bestkontrollierten Studien aus der Zeit vor der Covid-Epidemie. Während der Epidemie wurden weitere kontrollierte Studien der gleichen Art durchgeführt, die zu denselben Ergebnissen gelangten. Zeitlich parallel dazu erschien bereits 2020 eine Reihe von Analysen, die auf die Gefahren langzeitigen Maskentragens bei Kindern und Jugendlichen hinwiesen. 

Anziehen der Maske muss gelernt sein

Das bedeutet nicht, dass Mund-Nase-Masken keine reale positive Wirkung haben. Diese Wirkung hat sich in vielen Studien wie auch in der Praxis gezeigt – aber nur unter besonderen Bedingungen. Erstens muss der Maskenträger imstande sein, die Vorrichtung korrekt tragen zu können: Selbst das Anziehen der Maske muss gelernt werden.

Zweitens müssen beim Tragen des Mund-Nase-Schutzes spezielle Regeln beachtet werden, wie diese u.a. von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene formuliert wurden. So darf die Maske etwa nicht über einem Vollbart hängen, wie bei so manchem Polizisten, der während der Demonstrationen auf das Befolgen der Maskenpflicht achtete. Drittens muss sie regelmäßig durch eine neue ausgetauscht und darf niemals über mehrere Tage verwendet werden; niemals zieht man die Maske aus und steckt sie zusammen mit anderen Gegenständen in eine Jackentasche, um sie später wieder anzulegen.

Viertens sind diejenigen, zu deren Schutz man einen Mund-Nase-Schutz anlegt, in der Regel besonders empfindliche und vulnerable Personen: ältere, kranke oder geschwächte Menschen, kranke Kinder, und nicht die gesamte Öffentlichkeit. Fünftes gilt es in speziellen Verfahren dafür Sorge zu tragen, dass die negativen psychologischen Effekte von Masken abgemildert werden können; so lernen in Kinderkliniken Ärzte und Personal, wie sie die Angst der Kinder vor gesichtslosen Erwachsenen kompensieren oder minimieren können. Damit all diese Bedingungen in der Realität der erzwungenen Massenmaskerade erfüllt werden können, müssten zuerst für Dutzende von Millionen Menschen Kurse mit anschließenden Prüfungen organisiert werden. 

Fazit: Sowohl vor dem Beginn als auch während der Pandemie war die Datenlage vollkommen klar: Das Tragen von Masken (gleich, welcher Art) in der Öffentlichkeit hat – anders als in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen – keine Auswirkung auf die Verbreitung der Atemwegsinfektion und führt negative Effekte für das Sozialleben mit sich. Dementsprechend äußerten sich Anfang 2020 alle anerkannten Autoritäten gegen den Gebrauch einer Alltagsmaske, einschließlich des Charité-Virologen Prof. Dr. Christian Drosten und des Vize-Direktors des RKI Prof. Dr. Lars Schaade. Keine spätere Studie stellte diesen epidemiologischen Konsens, wie er in der Zeit vor Corona herrschte, nach 2020 infrage. 

Lockdown könnte mehr Todesopfer gefordert haben als Virus

Jedes entwickelte Land besaß bereits vor Corona einen ausgearbeiteten Pandemieplan, so auch Deutschland. Keiner dieser Pläne schloss eine komplette Ausschaltung des öffentlichen Lebens ein. Dabei handelte es sich meistens um die Möglichkeit einer schweren Influenza-Pandemie, wie etwa der Spanischen Grippe 1918-1920. Es ist zwar verständlich, dass Modellrechnungen zu Beginn einer Epidemie mit einer neuen Art von Virus als unzuverlässig wahrgenommen werden können. Spätestens aber im Sommer/Frühherbst 2020 war aufgrund zahlreicher, mit unterschiedlichsten Methoden gewonnener empirischer Daten klar, dass ein Lockdown mehr schaden würde als nützen. 

Die von der Politik immer wieder zitierte Studie, nach welcher ein harter Lockdown mehrere Millionen Leben erhalten könne, war ein mathematisches Modell, bei dessen Berechnung im Übrigen die Daten dreier Länder, die nicht zum Konzept passten, ausgeschlossen wurden. Die Studie verglich den kompletten Lockdown mit Null-Maßnahmen (also mit einer Laissez-faire-Taktik), obwohl zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits Daten zur Wirksamkeit gezielter hygienischer Maßnahmen bekannt waren. Eine Aufforderung zum richtigen Händewaschen kann demnach allein nahezu den gleichen Effekt haben wie ein totaler Lockdown.

Bei der ersten Covid-Welle verringerten die Menschen aus eigenen Stücken und ohne staatlichen Zwang ihre Mobilität, wodurch der Reproduktionswert in allen untersuchten Ländern auf nahe 1,0 fiel, der darauffolgende Lockdown hat diesem Wert nur wenig hinzugefügt.

Dänemark stellte ein einzigartiges Experiment, indem benachbarte Gemeinden verglichen wurden, die in allen relevanten Parametern identisch waren. In einigen Dörfern wurde härtester Lockdown verhängt, in anderen nur moderate Einschränkungen, aber es gab keinen Unterschied in der Weiterverbreitung der Infektion. Die Covid-Sterblichkeit in einzelnen Ländern während der ersten Welle war unabhängig von der Strenge der jeweiligen Maßnahmen. Genauso verhielt es sich hinsichtlich der Verbreitung des Virus in den Frühlingsmonaten 2020.  

 

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Während die Nutzlosigkeit des ersten Lockdowns schon kurz nach dessen Beendigung nachgewiesen wurde, erschienen gleichzeitig zahlreiche Hinweise auf den enormen Schaden der Maßnahmen. Bereits im Laufe des ersten Lockdowns prognostizierte die UNO, dass infolge des Einbruchs der Weltwirtschaft zwischen 42 und 66 Millionen Kinder in der Welt zusätzlich in „extreme Armut“ getrieben werden würden. Die WHO teilte diese Ansicht: „Wir befürworten keine Lockdowns als Hauptmittel in der Bekämpfung des Virus“, so der Covid-Beauftragte der WHO, Dr. Nabarro im September 2020. „Lockdowns haben eine Folge, die wir auf gar keinen Fall hinnehmen dürfen: Sie machen die Armen noch viel ärmer.”

Kein Corona-Leugner, sondern ein Bundesminister mutmaßte zum selben Zeitpunkt gleichfalls offen, dass der Lockdown mehr Todesopfer gefordert haben könnte als das Virus selbst. Allein durch die Zunahme des Hungers in Afrika würden laut Berechnungen von Oxfam Millionen Menschen sterben. Bereits im Sommer 2020 konnte man in Großbritannien nachweisen, dass die Rettung eines Lebensjahres eines Covid-Patienten andere Patienten zwischen sieben und mehr als 100 ihrer Lebensjahre gekostet hat

Auch Zunahme der Depressionen führte zu einem Verlust an Lebensjahren

Der Gesamtschaden von Lockdowns entsteht durch eine ganze Reihe von Faktoren, von der Verschiebung notwendiger Untersuchungen und Operationen bei Patienten mit lebensbedrohlichen Krankheiten bis hin zur retardierten Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wegen Schulschließung und der Verhinderung von Kommunikation aufgrund unterbundenen Soziallebens.

Eine bereits im Juli 2020 veröffentlichte Studie zeigte, dass allein der Umbruch der wirtschaftlichen Entwicklung in den Monaten März bis Mai zu einem größeren Verlust an Lebensjahren führt im Vergleich zur maximalen Zahl der Lebensjahre, die durch den Lockdown gerettet werden können. Wenn man die Zunahme der Depressionen infolge des Lockdowns in Europa und den USA analysiert, führt diese allein zu einem stärkeren Verlust an Lebensjahren als deren Verlust wegen Covid-19 weltweit. Anders formuliert, sogar einzelne negative Effekte des Lockdowns für sich genommen überwogen dessen gesamten positiven Effekt. 

Fazit: Die Daten über das negative Schaden/Nutzen-Verhältnis von Lockdownmaßnahmen lagen bereits im Frühherbst 2020 vor; eine völlig eindeutige Datenlage gab es spätestens zu Beginn der Winterperiode 2020. 

Massive Überschätzung der Gefährlichkeit von SARS-Cov-2

Den ersten Eindruck zur Mortalität von Covid-19 konnte man bereits Ende Februar 2020 aus den Daten des Kreuzfahrtschiffes „Diamond Princess“ erhalten: Die Sterblichkeitsrate lag trotz des relativ hohen Alters der Infizierten deutlich unter 1%. Aus epidemiologischer Sicht war jedoch die Stichprobe der Schiffspassagiere so klein, dass die Beobachtung nur als eine erste Andeutung begriffen werden konnte. Kleine Kohortenstudien im Frühjahr 2020, so etwa die Studie von Prof. Dr. Hendrik Streeck, kamen zu ähnlichen Schätzungswerten.

Die Studien wurden von der Presse wegen unzureichender Stichprobengrößen unmittelbar hart angegriffen. Diese Medienkritik legte daher den Gedanken nahe, dass die Entscheidungsträger nun sehr schnell eine größere, epidemiologisch aussagekräftigere Studie veranlassen würden; die Kosten für eine solche Studie hätten kaum ein Hunderttausendstel der Kosten betragen, welche die Epidemie insgesamt gekostet hat. Dennoch wurde eine solche Studie nicht durchgeführt. 

Sterblichkeit vor allem bei Patienten über 70

Dessen ungeachtet waren bereits am Ende der ersten Welle ausreichend Daten angesammelt worden, die deutlich machten, dass die Sterblichkeitsrate an Covid-19 durchaus mit derjenigen von Influenza vergleichbar ist. Am 14.10.2020 erschien im Bulletin der WHO eine in der Vorversion schon ab Mitte September bekannte große Studie über Personen, bei denen labortechnisch Antigene gegen SARS-Cov-2 im Blut nachgewiesen wurden. Die Infektionssterblichkeit lag je nach Region zwischen 0 und 1,6% mit einem Medianwert von 0,27%, was mit den gewonnenen Beobachtungen zur Sterblichkeit bis dato gut übereinstimmte. Diese Sterberate entspricht einer mittelschweren Influenza.

Anders als bei Influenza wird die Sterblichkeit von Covid-19 v.a. durch Patienten über 70 getrieben. Auch diese Tatsache war bereits 2020 bekannt, obwohl die genauen Daten zur Altersabstufung erst später veröffentlicht wurden: So sterben bei Kindern nur drei von einer Million Infizierter.  

Wenngleich es in empirischen Fächern allgemeiner Konsens ist, dass es die methodologisch perfekte Studie nicht gibt, wurde an den geringfügigen methodologischen Problemen der o.g. Studie viel beanstandet. Der Autor hat sehr schnell reagiert und schon im März 2021 die Daten dargestellt, die mit Rücksicht auf die kritischen Anmerkungen umgerechnet wurden: Die mittlere Infektionssterblichkeit erwies sich als noch niedriger als in der ersten Publikation, nämlich 0,15%.  

Wie eine mittelschwere Grippe für die durchschnittliche Bevölkerung

Diese epidemiologischen Zahlen beruhen auf der allgemeinen Covid-Statistik und unterscheiden deswegen nicht zwischen denjenigen, die direkt an Covid starben, denjenigen, bei denen Covid nur ein Faktor in einem Komplex schwerer chronischer und akuter Erkrankungen war, und denjenigen, die an einer vollkommen anderen Ursache starben, aber einen positiven PCR-Test aufwiesen. Eine solche Unterscheidung wiederum ist aber für die Bewertung der Gefährlichkeit von Covid-19 von grundlegender Bedeutung. Eine kleinere Autopsiestudie der Universitätsklinik Hamburg fand unmittelbar nach dem Ende der ersten Welle heraus, dass etwa 30% der mit Covid diagnostizierten Verstorbenen nicht an Covid verstorben waren.  

Sollten wir 2020 deshalb die Infektionssterblichkeit nochmal mit 0,7 multiplizieren und sie damit nach unten hin anpassen, wobei 0,15% zu 0,1% reduziert wird? Bevor wir das tun, müssten wir eine viel größere Autopsiestudie abwarten. Und natürlich könnten wir annehmen, dass diese bald, also noch 2020, gestartet werden würde. Aber auch in diesem Fall zeigten sich die Entscheidungsträger an der entsprechenden Erhebung zuverlässiger wissenschaftlicher Daten wenig interessiert. Sie repetierten vielmehr weiterhin die Zahlen von „an und mit“ Corona Verstorbenen, obwohl in Deutschland jeden Tag etwa 2500 Menschen „an und mit Herzstillstand“ sterben, was nur die triviale Wahrheit bedeutet, dass am Ende eines Lebens unabhängig von der Todesursache das Herz des Menschen stillsteht. 

Für eine verhältnismäßig moderate Gefährlichkeit von Covid-19 für die Allgemeinbevölkerung sprach außerdem die Tatsache, dass zahlreiche Menschen bereits über eine natürliche Immunität gegen SARS-Cov-2 verfügten. Die ersten Daten hierzu wurden ebenfalls 2020 publiziert

Fast ausschließlich für Risikogruppen gefährlich

Schließlich wurde die anfängliche Angst vor dem SARS-Cov-2-Virus von der Vermutung angefeuert, dass auch infizierte Personen ohne jegliche Symptome das Virus verbreiten könnten. Eine solche asymptomatische Ansteckung kann bei keinem Atemwegvirus prinzipiell ausgeschlossen werden; sie findet jeden Winter statt. Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang ist aber nicht, ob symptomfreie Personen andere anstecken können, sondern vielmehr, ob dieser Vorgang eine wichtige Rolle in der Verbreitung des Virus spielt. Diese Frage wurde in einer Studie, deren Autoren fast 10 Millionen Menschen untersucht haben, dahingehend beantwortet, dass unter denjenigen, die Kontakt mit asymptomatisch Infizierten hatten, niemand erkrankte.  

Fazit: Covid-19 ist ein Atemweginfekt, der für bestimmte Menschen durchaus gefährlich sein kann. Das trifft genauso für jede saisonale Grippe zu, die alljährlich im Herbst und Winter Tausende von Menschen aus dem Leben wirft und schwere Komplikationen wie Herzmuskel- und Hirnhautentzündungen nach sich ziehen kann. Für die Bevölkerung im Ganzen war diese Epidemie etwa von demselben Gefahrengrad wie eine mittelschwere Grippe und auf jeden Fall weniger gefährlich als die großen Grippeepidemien, wie etwa die Epidemie der Hongkong Grippe von 1968. Die massive Überschätzung der Gefährlichkeit von SARS-Cov-2 im Frühjahr 2020 kann nachvollzogen werden, aber schon zum Winteranfang desselben Jahres konnte man aufgrund der vorhandenen Datenlage nicht mehr von einer außergewöhnlichen Gefahr ausgehen. 

Unverhältnismäßige Sorge vor einer Belastung des Gesundheitssystems 

Die bekannten Bilder vom Sargtransport aus Bergamo waren erschreckend und erweckten in der Bevölkerung die Befürchtung, dass die nationalen Gesundheitssysteme unter extreme Belastung gesetzt werden könnten. Binnen weniger Wochen war bekannt, dass das Geschehen in der Lombardei eine Art „Selbstmord aus Angst vor dem Tod“ war. Wenn die Pfleger in Altersheimen während einer Epidemie aus Angst vor Ansteckung in Quarantäne geschickt werden, so ist es kein Wunder, wenn hilflose Heimbewohner sterben; und wenn die Bestatter ebenfalls in Quarantäne geschickt werden, verwundert es genauso wenig, wenn Verstorbene nicht bestattet werden können.

Schon am 01.04.2020 wurde in der ARD-Sendung mit Sandra Maischberger erläutert, dass eine hohe Gefahr nur für eine spezifische Personengruppe bestand, nämlich für Menschen über 80 mit drei und mehr chronischen Erkrankungen. Wenige Wochen später, am 24.4.2020, hat Dr. Ellis Huber, Vorstand des Berufsverbandes Deutscher Präventologen, die Corona-Gefahr für die Allgemeinbevölkerung im Verhältnis zur Influenza aufgrund dieser Daten in einer ausführlichen Stellungnahme nüchtern eingeordnet.  

Lokale Überlastungen treten auch ohne Corona jedes Jahr auf

Spätestens Ende Mai wurde sichtbar, dass keines der Gesundheitssysteme der entwickelten Länder vor einer Überlastung steht, auch nicht in Italien; lokale Überlastungen treten während Grippeepidemien fast jedes Jahr auf und können entsprechend kompensiert werden. Auch bei den späteren Covid-Wellen blieb die Bettenbelastung relativ konstant im Rahmen der üblichen Norm.

Dabei ist Deutschland Europameister, was die Anzahl der Krankenhausbetten pro 100.000 Einwohner angeht, wie auch im Hinblick auf die Anzahl der Intensivbetten und -ärzte. Wenn in Schweden mit verhältnismäßig fast fünfmal weniger Ärzten und Krankenhausbetten ohne Lockdown und ohne Maskenpflicht eine landesweite Überlastung des Gesundheitssystems noch nicht einmal annähernd in Sicht war (dort wurde nur die Häufigkeit der Verlegungen erhöht), welchen Grund gab es für die Vermutung, dass diese Gefahr ausgerechnet für Deutschland besteht? 

Im Zusammenhang mit den Intensivbetten erteilte das Bundesgesundheitsministerium (BGM) den Krankenhäusern zu Beginn der Pandemie eine Summe, die ausreichend wäre, um die Gesamtzahl von Betten im gesamten Land um fast 50% zu erhöhen. Ob diese Betten tatsächlich installiert wurden, hat das BGM nicht geprüft. Als im Herbst sichtbar war, dass die Belegung der Intensivbetten in keinem Zusammenhang mit Covid-Wellen steht, fing das BGM an, Bettenabbau finanziell zu belohnen (Gesetz vom 19.11.2020). Die Gesamtsumme, die der Steuerzahler zuerst für den Aufbau, dann für den Abbau von Intensivbetten bezahlt hat, ist bisher nicht bekannt; wir wissen lediglich, dass einzelne Kliniken mit dieser Auf-und-Ab-Schaukel bis zu 30 Millionen Euro verdient haben. 

Korrektur: In einer früheren Fassung dieses Artikels hieß es fälschlich, dass laut Prognosen der UNO „infolge des Einbruchs der Weltwirtschaft zwischen 42.000 und 66.000 Kinder in der Welt zusätzlich in ,extreme Armut‘ getrieben werden würden“. Es handelt sich aber um 42 bis 66 Millionen!

 

Lesen Sie am Wochenende im zweiten und letzten Teil, was man bereits frühzeitig über Massentestungen, Inzidenzen, Impfstoffe und Nebenwirkungen wissen konnte.

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