Omikron-Variante - Was wissen wir wirklich über Omikron?

Omikron hat besonders Europa fest im Griff. Was aber unterscheidet die neue Virusvariante von ihren Vorgängern? Und wie beeinflusst sie das Pandemiegeschehen? Elf wichtige Fragen an den Leipziger Epidemiologen Markus Scholz.

Corona-Massentests / dpa
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Birgit Freudenberg absolviert ein Redaktionspraktikum bei Cicero.

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Markus Scholz, Professor am Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie an der Universität Leipzig, beantwortet die derzeit wichtigsten Fragen zur Omikron-Variante von Sars-Cov-2.

Wie unterscheiden sich die Symptome von Omikron- und Delta-Variante?
Omikron ist häufiger symptomatisch. Allerdings ist das für die Infektionen mit der Delta-Variante häufige Symptom des Geschmacksverlusts bei Omikron seltener. Das macht die Infektion bei den Symptomen weniger gut unterscheidbar zu Erkältungskrankheiten.

Ist eine Durchseuchung via Omikron ein aus epidemiologischer Sicht sinnvolles Szenario?
Wenn man eine Durchseuchung ohne Überlastung des Gesundheitssystems erreichen könnte, wäre dies aus epidemiologischer Sicht vorteilhaft. Israel versucht dies gerade. Es ist aber nicht klar, ob das funktioniert. Wir rechnen für Deutschland mit einer erneuten Überlastung des Gesundheitssystems durch die Omikron-Welle, da die schwächere Krankheitswirkung von Omikron durch die hohen erwarteten Fallzahlen mehr als ausgeglichen wird. Zudem ist die Durchseuchung nur ein vorübergehender Effekt und schützt nicht dauerhaft vor weiteren Varianten. Hierzu wären jährliche Boosterimpfungen vor der jeweiligen Herbst/Winter-Saison sinnvoll. 

Schützt eine überstandene Delta-Infektion vor schwerem Omikron-Verlauf?
Ja, ein gewisser Schutz ist gegeben. Es ist aber auch hier von einem Nachlassen der Schutzwirkung auszugehen. 
 
Sollte man sich, trotz Dreifach-Impfung, täglich schnelltesten lassen?
Das kommt auf den Zusammenhang an. Die Dreifachimpfung erneuert den Schutz vor Ansteckung. Dieser ist aber nicht 100 Prozent. Schnelltests bei Dreifachgeimpften sind sinnvoll bei Verdacht auf Ansteckung. Auch im Gesundheits- und Pflegebereich ist dies sinnvoll.

Kann man gleichzeitig mit der Delta- und Omikron-Variante infiziert sein?
Ja, es ist bekannt, dass man sich mit mehreren Varianten gleichzeitig anstecken kann. 

Wie zuverlässig sind die Antigen-Schnelltests in Hinblick auf die Omikron-Variante?
Es gibt Hinweise auf eine reduzierte Sensitivität der Schnelltests gegenüber Omikron. Die Studienlage dazu ist aber noch nicht abgeschlossen.  

Wenn die Omikron-Verläufe weniger oft bemerkt werden, sind die Kinder dann die stärkeren Pandemie-Treiber, und müssen sich Eltern anders oder besser schützen?
Bereits unter der Delta-Variante ist der Altersbereich der Kinder- und Jugendlichen am stärksten von Infektionen betroffen. Unter Omikron verstärkt sich dieses Problem weiter. Die Gründe sind die geringe Impfquote im Jugendbereich bei gleichzeitigem Verzicht auf Kontaktbeschränkungen. Die auf Testen basierenden Hygienekonzepte an Schulen stoßen bei Omikron an ihre Grenzen. Gegen die Einträge aus dem Schulbereich können sich Eltern praktisch nur durch Boosterungen schützen. Vor Besuch von älteren Angehörigen sollte engmaschig getestet werden, auch wenn dies keine hundertprozentige Sicherheit darstellt.    

Wie viele Stichproben werden genommen, um auf die Hochrechnung zur Verbreitung zu kommen. Beziehungsweise: Wie wird das überhaupt erhoben?
Bundeslandspezifisch erfolgen stichprobenartige Sequenzierungen der Virusvarianten beziehungsweise Messungen mittels variantenspezifischer PCR-Tests. Die Stichprobengrößen bei den Sequenzierungen hängen auch vom lokalen Infektionsgeschehen ab und liegen aktuell zwischen einigen 100 bis zu 10.000. Stichprobengrößen ab 1.000 sind ausreichend, um den Anteil der Omikron-Variante hinreichend genau zu schätzen. 

Wann ist mit einer Entlastung der PCR-Labore zu rechnen?
Je nach Maßnahmenlage, erwarten wir ein Abklingen der Omikron-Welle spätestens bis Ende März. Ab dann werden voraussichtlich wieder deutlich weniger Tests benötigt.

Wie hoch ist der Anteil der Omikron-Erkrankten bei den seit Dezember 2021 Hospitalisierten?
Der Variantenstatus bei Hospitalisierten wird nicht systematisch erfasst. Mir sind aktuell auch keine repräsentativen Erhebungen dazu in Deutschland bekannt. Daten aus Großbritannien legen aber nahe, dass die Omikron-Variante weniger häufig zu schweren Verläufen führt. Aber dies gleicht nicht die hohen Infektionszahlen aus, die wir jetzt erwarten. Die Datenlage zu dieser Thematik ist noch sehr unsicher. 

Welche Rolle könnten Proteasehemmstoffe bei einer Corona-Bekämpfung spielen?
Bei früher Einnahme können diese Wirkstoffe das Risiko für schwere Krankheitsverläufe verringern. 

Die Fragen stellte Birgit Freudenberg.

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