Cicero im Januar - Söderman will ins Kanzleramt

Der Alarmzustand ist Markus Söders bevorzugter Funktionsmodus. Da blüht er auf, da dreht er auf. Klar ist, der Mann will nach oben, ganz nach oben. Doch das wirft einige Fragen auf. In unserer Januar-Ausgabe widmen wir uns dem Mann des Jahres 2021 ausgiebig.

Cicero im Januar: Söderman
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Autoreninfo

Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Bei Beobachtern des politischen Betriebs sammelt sich über die Jahre und Jahrzehnte ein Fundus an Filmschnipseln im Kopf an, die der Hirnprojektor sofort abspielt, wenn der Name des betreffenden Politikers fällt.

Im Falle von Markus Söder spielt dieser Kurzfilm bei mir im Keller der Bayerischen Landesvertretung in Berlin, irgendwann Ende März, Anfang April 2017. Die SPD hatte gerade ihren Kanzlerkandidaten für dieses Wahljahr nominiert und Martin Schulz erlebte einen damals wie heute rätselhaften Höhenflug. Der zwar nicht lange anhielt, aber ausreichte, das Alarmsystem des Markus Söder zu stimulieren. Der damalige bayerische Finanzminister lud also einen Bierkeller voller Berliner Korrespondenten ein und ließ sie teilhaben an seinen Sorgen, dass die gesamte CDU und auch große Teile der CSU völlig verschlafen, was sich hier gerade für eine Gefahr für die nahende Bundestagswahl aufbaut. Wenn Schulz nur halb so gefährlich gewesen wäre, wie ihn Söder da gemacht hatte, dann säße er heute als Nachfolger von Angela Merkel im Kanzleramt. Es kam bekanntlich anders. 

Er will nach oben, ganz nach oben

Der Alarmzustand ist Markus Söders bevorzugter Funktionsmodus. Bei ihm ist die Ausnahmesituation der Normalzustand. Da blüht er auf, da dreht er auf. Heiße die Gefahr Schulz oder Corona, Markus Söder ist in seiner Selbstwahrnehmung der politische Feuerwehrmann, der Red Adair der Schwarzen, der den Brand löscht und die Macht für die Geschwister CDU und CSU sichert.

Unser Reporter Constantin Magnis hat den Mann des Jahres 2020 (und mutmaßlichen Mann des Jahres 2021) beobachtet und für die Startausgabe des neuen Jahres porträtiert. Weder bei Magnis noch meinerseits gibt es Zweifel, dass dieser Mann nach oben möchte, ganz nach oben. Ins Kanzleramt. Kanzler werden. Es bleiben eigentlich nur zwei Fragen. Erstens: Ist 2021 der richtige Zeitpunkt dafür? Denn das bisherige Ziel des Markus Söder war, für die CSU in Bayern wieder aus ihrer Sicht den Normalzustand, die absolute Mehrheit zu gewinnen. Zweitens: Ist ein Mann dieses Temperaments, ein Politiker, der so schnell in den Alert-Modus übergeht, hinreichend souverän und überlegt für den politischen Top-Job in Deutschland? Und dann gibt es noch diese klitzekleine dritte Frage. Ob sich ein bald gewählter neuer Vorsitzender der CDU die Kanzlerkandidatur von der CSU und Söder überhaupt streitig machen lassen würde?

Es gab schon langweiligere politische Jahre als jenes, das vor uns liegt.

Dieser Text stammt aus der Januar-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

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