Cicero im Februar über die Regierungskrise - Matt, verbraucht und lahm

Politische Stabilität war einmal das Markenzeichen der Bundesrepublik Deutschland. Doch schon seit vier Monaten wartet die Nation im Herzen Europas auf eine neue Regierung. Wie konnte es soweit kommen? Dieser Frage in all ihren Facetten geht Cicero in seiner neuen Ausgabe nach

Die geschwächte Dreifaltigkeit aus Seehofer, Merkel und Schulz / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Jetzt witzelt man bereits in Italien, dem Mutterland aller politischen Turbulenzen, über Berlin. Der frühere Premier Matteo Renzi hat mit Blick auf die dort bevorstehenden Neuwahlen angemerkt, man habe keine deutschen Zustände zu befürchten. 

Seit inzwischen vier Monaten wartet die Nation im Herzen Europas auf eine neue Regierung, während drumherum alles ganz geschwind geht: Emmanuel Macron pflügt voller Tatendrang sein Land um und präsentiert sich der Weltmacht China als Europas erster Ansprechpartner. In Österreich hat der jüngste Kanzler aller Zeiten nach bemerkenswert kurzen Koalitionsverhandlungen ein neues Kabinett präsentiert und dem französischen Präsidenten seinen Antrittsbesuch abgestattet. Berlin kam dann später dran.

Folgt auf die Erstarrung der Aufbruch?

Derweil quälte sich Deutschland durch Sondierungsnächte, an deren Ende lange Papiere, aber noch lange keine Koali­tionäre stehen. Sondieren, Synonym für unverbindliches Abtasten, müsste schon jetzt zum Wort des Jahres erklärt werden. Die vom Wahlergebnis geschwächte Dreifaltigkeit aus Merkel, Seehofer und Schulz wirkt matt, verbraucht und lahm. Untergehakt versuchen die drei, sich in die nächste Legislaturperiode und in letzte Ämter zu retten. Der SPD-Parteitag hat ihnen grünes Licht gegeben, aber es war denkbar knapp. 

Politische Stabilität war einmal das Markenzeichen der Bundesrepublik. Wie es dazu kommen konnte, dass Deutschland unregierbar geworden zu sein scheint, lesen Sie in unserer Titelgeschichte. Es liegt, kurz gesagt, nicht nur daran, dass in den Parteien die Angst vor dem Wähler umgeht. Sondern auch daran, dass Politiker das Twittern selbst dann nicht lassen können, wenn sie hinter verschlossenen Türen verhandeln. Aber die Anzeichen dafür, dass auf die Erstarrung des bundesdeutschen Parteiensystems ein politischer Aufbruch folgen wird, sind bereits erkennbar. Auch in der FDP, die nach ihrem Ausstieg aus den Jamaika-Sondierungen mit sich im Reinen ist. Und in der CDU bringen sich mögliche Merkel-Nachfolger in Stellung, zum Beispiel der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther. 

Italien wählt übrigens am 4. März. Mal sehen, welches Land früher eine Regierung hat.

 

Dies ist ein Artikel aus der Februarausgabe des Cicero. Erhältlich ab dem morgigen Donnerstag am Kiosk und in unserem Onlineshop. Die Titelgeschichte können Sie schon jetzt bei Cicero Plus lesen.

 

 

 

 

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