CDU in Thüringen - Alles außer rechts und links

Bei der Kommunalwahl in Thüringen wurde die CDU stärkste Partei. Ihr Landes-Chef Mike Mohring hofft, dass er bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr die rot-rot-grüne Regierung von Bodo Ramelow ablösen wird. Er selbst könnte sich dann in die Riege der jungen CDU-Ministerpräsidenten einreihen

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Mike Mohring will auch um die AfD-Wähler kämpfen, auch wenn die CDU einst sagte, sie wolle sie nicht mehr zurück / Nora Klein
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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Während man in der SPD ständig von einer notwendigen Erneuerung spricht, ist der Generationenwechsel bei der CDU längst in vollem Gang. Nur passiert es dort eben auf unionstypische Weise. Nämlich ohne aktionistischen Austausch der Parteivorsitzenden, ohne selbstzerstörerische Sinnkrisen und ohne öffentliche Nabelschau nach sozialdemokratischem Muster. Obwohl die CDU im 18. Jahr unter Angela Merkel alles andere als im Reinen mit sich ist, gelingt es ihr immer noch erstaunlich gut, ein Bild des inneren Zusammenhalts zu vermitteln. Dabei sind während der vergangenen Monate in einigen Bundesländern Unionsleute an die Macht gekommen, die der großen Chefin durchaus mit kritischer Distanz gegenüberstehen: Michael Kretschmer etwa, der neue Ministerpräsident von Sachsen; Daniel Günther, seit vergangenem Juni Regierungschef in Schleswig-Holstein. Oder Tobias Hans, der Amtsnachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer im Saarland. Mit einiger Wahrscheinlichkeit dürfte bald auch der 46 Jahre alte Mike Mohring zu dieser Riege zählen.

Mohring ist seit zehn Jahren Vorsitzender der CDU-Fraktion im thüringischen Parlament, und es wäre schon eine große Überraschung, sollte ihn seine Partei nicht zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Herbst nächsten Jahres nominieren. In Thüringen kommt die rot-rot-grüne Regierung unter Bodo Ramelow laut Umfragen dauerhaft auf keine Mehrheit mehr, die CDU läge demnach mit konstant über 30 Prozent klar vorn. „Wir haben zwei Wahlziele: Rot-Rot-Grün ablösen und stärkste Partei werden“, sagt Mohring. „Und ich bin da zuversichtlich – bei der Bundestagswahl waren wir der einzige Landesverband, der es geschafft hat, aus der Opposition heraus alle Wahlkreise zu gewinnen.“

Verjüngung in den Spitzenämtern

Wir treffen uns in Berlin, am Tag zuvor hat die CDU bei ihrem Sonderparteitag den Gang in die Große Koalition abgesegnet. Mohring, der in eng sitzenden Jeans und tailliertem Sakko ein ausgeprägtes Modebewusstsein zeigt, ist mit dem deutlichen Pro-Groko-Votum zufrieden: Die CDU stehe als „Garant für die neue Koalition“, dagegen wirke die SPD „schon ziemlich alt und unaufgeräumt, vor allem aber sehr mit sich selbst beschäftigt“. Was nicht heißen soll, dass bei seiner Partei alles gut gelaufen wäre. Wenn Mohring davon spricht, dass er in der Union die „Diskursfähigkeit“ vermisst habe, dann dürfte damit insbesondere der blinde Gehorsam gegenüber der Kanzlerin gemeint sein – von der Energiewende bis zur Migrationspolitik.

Doch durch Hadern mit der Vergangenheit gewinnt man keine Wahlen. Also verbreitet Mohring, Sohn eines Maurers und einer Verkäuferin, gute Stimmung. Kramp-Karrenbauers Wechsel von einem Regierungsamt ins Konrad-Adenauer-Haus nennt er „ein echt starkes Signal“, weil sie dem Generalsekretariat „größtmögliches Gewicht“ gebe – und damit auch der Partei selbst. Überhaupt habe es die CDU in den vergangenen Wochen geschafft, sich für die kommenden Jahre neu aufzustellen. „Das hatte ihr vorher ja kaum jemand zugetraut.“ Mit Julia Klöckner, Jens Spahn, Helge Braun und Anja Karliczek seien gleich vier Neue zu Bundesministern ernannt worden: „Angela Merkel hat gemerkt, dass die Verjüngung in unseren Spitzenämtern sehr zur Legitimation künftiger Regierungsarbeit beitragen wird.“

Klare Abgrenzung nach links wie nach rechts

Weniger erfreulich für den gebürtigen Thüringer: Kein CDU-Minister im Kabinett Merkel stammt aus den neuen Ländern. Dabei würden vermeintlich typische Ostprobleme früher oder später auch im Westen auftreten. „Da sind die neuen Länder wie ein Seismograf. Und wenn man darauf gesellschaftspolitisch reagieren will, dann ist es wichtig, dass Ostvertreter solche Entwicklungen auch direkt am Kabinettstisch ansprechen können.“ Um zu verstehen, was damit gemeint ist, reicht ein Blick auf die vergangene Bundestagswahl: 22,7 Prozent der Zweitstimmen gingen in Thüringen an die AfD, die damit nur 6 Prozentpunkte hinter der CDU zweitstärkste Partei wurde.

Wenn Rot-Rot-Grün nicht bald aus dem Umfragetief kommt, in das sich die Regierung Ramelow auch durch eine verunglückte Gebietsreform manövriert hat, könnte es 2019 sogar für eine Mitte-Rechts-Mehrheit aus CDU und AfD reichen. Für Mohring ist das jedoch keine Machtoption. Er postuliert eine „klare Abgrenzung nach links wie nach rechts“, zumal in Thüringen deutlich werde, „dass die AfD uns als ihren Hauptgegner ansieht, nicht Bodo Ramelows linke Landesregierung. Das zeigt sich auch bei Abstimmungen im Landtag, wo die AfD regelmäßig mit Rot-Rot-Grün stimmt.“

SPD, Grüne, FDP: Für Mohring sind das allesamt mögliche Koalitionspartner. Notgedrungen. Um die AfD-Wähler will er trotzdem kämpfen – „auch wenn es in der CDU einmal hieß, man wolle sie überhaupt nicht mehr zurück.“

Dieser Text stammt aus der April-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder in unserem Online-Shop erhalten.











 

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