CDU-Generalsekretär in Baden-Württemberg - „Kein einfaches Weiter-so“

Am Tag nach der historischen Wahlpleite demontiert die CDU in Baden-Württemberg beinahe ihren Fraktionsvorsitzenden. Die Stimmung in der Partei sei schlecht, sagt Manuel Hagel, Generalsekretär der CDU im Südwesten. Er plädiert für einen behutsamen Neuanfang und hält sich selbst für höhere Aufgaben bereit.

Manuel Hagel, hier auf dem Parteitag im Januar 2021, ist seit 2016 Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg / dpa
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Autoreninfo

Moritz Gathmann ist Chefreporter bei Cicero. Er studierte Russistik und Geschichte in Berlin und war viele Jahre Korrespondent in Russland.

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Herzlichen Glückwunsch erstmal zum besten CDU-Ergebnis in Baden-Württemberg: fast 36 Prozent der Stimmen in Ihrem Wahlkreis Ehingen. Herr Hagel, was kann die CDU, die landesweit mehr als zehn Prozent unter Ihrem Ergebnis lag, von Ihnen lernen?

Das Ergebnis von gestern war desaströs, und da gibt es nichts daran herumzureden. Gleichzeitig haben wir daheim im Wahlkreis ein Super-Ergebnis. Das ist Bestätigung für fleißiges und bodenständiges Arbeiten, aber auch Ansporn, in Zukunft so weiterzumachen. Die CDU ist bei uns im Kreisverband ganz Volkspartei: Wir sind breit verankert mit tausenden Kommunalpolitikern, breit verankert im vorpolitischen Raum, vom Feuerwehrkommandanten bis zur Elternsprecherin, und vielen anderen in Vereinen, die sich gleichzeitig als CDU-Mitglieder einbringen. Mit dieser Bodenständigkeit und Verwurzelung, mit der Fähigkeit, ein Lebensgefühl ausdrücken zu können, kann die CDU erfolgreich sein.

Wie ist die Stimmung in der Landes-CDU am Tag nach dieser Wahl?

Natürlich ist die Stimmung schlecht. Was wir jetzt brauchen, ist Stabilität. Aber ein einfaches weiter so darf es nicht geben.

Sollte sich die CDU an einer Landesregierung beteiligen?

Wir haben gestern im Präsidium beschlossen, dass die CDU als Partei der staatspolitischen Verantwortung für eine Fortsetzung der Koalition bereit ist. Wir Christdemokraten rennen nicht weg vor Verantwortung. Aber klar ist auch: Der Ball liegt bei Winfried Kretschmann.

Frau Eisenmann ist 56, Landeschef Strobl 60 und der Fraktionsvorsitzende Reinhart 64 Jahre alt. Sie sind 32. Ist es nicht Zeit für einen personellen Neuanfang?

Die CDU braucht immer die Erfahrung Älterer und den Aufbruch Jüngerer. Für uns ist es in den nächsten Jahren wichtig, uns mehr noch den gesellschaftlichen Realitäten zu stellen. Es muss uns gelingen, ein Bild davon zu zeichnen, wie Baden-Württemberg sein soll, und nicht davon, wie es mal war.

Frau Eisenmann und Herr Strobl haben es ja beide nicht in den Landtag geschafft. Für den Fall einer Nicht-Beteiligung an der Regierung: Ist ihre politische Karriere beendet?

Susanne Eisenmann hat die Hauptverantwortung für diese Niederlage übernommen, wenngleich die Gründe vielfältiger sind. Als Kultusministerin hat sie engagiert gearbeitet. Thomas Strobl ist unser gewählter Landesvorsitzender. Er hat meine ganze Unterstützung und Loyalität.

In der CDU-Landtagsfraktion wollte Wolfgang Reinhart sich heute für drei Jahre im Amt bestätigen lassen – aber die Fraktion wählte ihn stattdessen nur für die nächsten vier Wochen, dazu noch mit einem schwachen Ergebnis von knapp 70 Prozent. Auch Ihnen werden da Ambitionen nachgesagt. Wäre es nicht zumindest hier Zeit für einen Generationenwechsel?

Als Oberschwabe hat man die Haltung, dass man dort mitarbeitet, wo man gebraucht wird. Derzeit braucht unsere CDU Stabilität. Es ist daher richtig, dass die Fraktion den Vorsitzenden mit einem Verhandlungsmandat für Sondierungsgespräche und gegebenenfalls für die Koalitionsverhandlungen ausgestattet hat.

Sie stehen für einen CDU-Kurs, der auch konservative Positionen stärker einbezieht. Könnte die CDU damit bei der nächsten Wahl in Baden-Württemberg wieder eine Mehrheit holen?

Alle, die nur eine konservative CDU wollen, haben alles im Sinn, aber keine starke Volkspartei. Als Christdemokraten sind wir immer liberal, christlich-sozial und konservativ. Die CDU ist nur dann erfolgreich, wenn alle drei Wurzeln gleichermaßen gepflegt werden. Wenn uns das gelingt, dann sind wir als Volkspartei nicht nur eine lahme Funzel, sondern eine helle LED-Lampe, die in die Zukunft leuchtet. Die CDU muss eine innovative, gut gelaunte, bejahende Partei sein.

Eigentlich hat der nächste Wahlkampf für Sie schon begonnen – für die Bundestagswahl. Welches Signal wünschen sie sich jetzt von der Bundes-CDU?

Wir haben eine superstarke Unterstützung durch die Bundes-CDU bekommen. Armin Laschet war viel unterwegs im Wahlkampf und kam sehr gut an. Aber auch Paul Ziemiak hat uns super unterstützt. Das war ein Miteinander, wie wir es so nicht kannten. Das lässt uns zuversichtlich in Richtung Bundestagswahl blicken.

Die Werte-Union hat noch am Sonntagabend als Konsequenz aus dem schlechten Abschneiden der CDU gefordert, „Friedrich Merz muss in der CDU mit an vorderster Stelle stehen“. Würden Sie sich das wünschen?

Ich hätte mir gewünscht, dass Friedrich Merz sich nach dem Bundesparteitag in die Verantwortung hätte nehmen lassen, um in der Bundespartei mitzuarbeiten, und dass er für den nächsten Bundestag kandidiert. Unsere CDU hat deutliche Wirtschaftskompetenz auf allen Ebenen und auch über Friedrich Merz hinaus. Ich würde mir wünschen, dass auch diese Gesichter mehr zur Geltung kommen.

Mit welchem CDU-Kandidaten für das Kanzleramt würde Ihnen in Baden-Württemberg der Wahlkampf leichter fallen: Armin Laschet oder Markus Söder?

Als CDU muss es immer unser Anspruch sein, auch den Kanzler zu stellen. Dazu gehört auch, den Kanzlerkandidaten zu stellen.

Ich bedanke mich für das Gespräch.

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