Breitscheidplatz-Anschlag - Wollte die Regierung vertuschen?

Die Regierung hat laut einem Medienbericht einen Vertrauten des Attentäters Anis Amri kurz nach dessen Anschlag abgeschoben, obwohl die Ermittlungen gerade auf Hochtouren liefen. Dieses Vorgehen sei maximal irritierend, sagen Grüne und Linke und fordern Aufklärung

Mit diesem Sattelschlepper raste Anis Amri in den Weihnachtsmarkt. Warum wurde sein Begleiter abgeschoben? / picture alliance
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Wie der Focus schreibt, haben deutsche Sicherheitsbehörden offenbar Bilel Ben Ammar abschieben lassen, einen engen Vertrauten von Anis Amri, dem Attentäter vom Breitscheidplatz. Als Grund vermutet das Magazin: Die Regierung wollte dessen Verwicklung in den Anschlag vom Dezember 2016 vertuschen. Das gehe aus geheimen Ermittlungsdokumenten hervor, die dem Magazin vorliegen.

Demnach habe der nordafrikanische Nachrichtendienst DGST das Bundeskriminalamt (BKA) und den Bundesnachrichtendienst (BND) mehrfach über die Radikalisierung von Anis Amri informiert und vor dessen Anschlagsplänen gewarnt. Eine am Breitscheidplatz montierte Kamera filmte laut Focus, wie Amri nach der Todesfahrt aus dem Lkw ausstieg, um dann zu fliehen. Zu sehen sein soll außerdem eben jener Bilel Ben Ammar, wie er einer Person mit einem Kantholz gegen den Kopf schlug, um die Flucht von Amri zu ermöglichen. Die Person liegt seitdem im Koma. Ammar soll anschließend den Tatort fotografiert haben und die Bilder verschickt haben.

Neun Tage nach dem Anschlag soll dann laut Focus auf politischer Ebene die Entscheidung gefallen sein, dass Amris mutmaßlicher Helfer abgeschoben werden solle. Das Magazin zitiert aus einer Email an die Bundespolizei: „Seitens der Sicherheitsbehörden und des Bundesinnenministeriums besteht ein erhebliches Interesse daran, dass die Abschiebung erfolgreich verlaufen soll.“ Ben Ammar wurden nach Tunesien ausgeflogen. Die Grünen und die Linkspartei verlangen nun die Vernehmung von Ben Ammar im Bundestags-Untersuchungsausschuss zu Anis Amri. Dass man Ben Ammar „so Hals über Kopf abschiebt, bevor der schwerste salafistische Anschlag in Deutschland sauber ausermittelt war, ist maximal irritierend“, sagt der Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz dem Focus.

Medienberichten zufolge hat sich nun auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Angelegenheit eingeschaltet. Er will die Abschiebung des Bekannten von Anis Amri untersuchen lassen. Eine Sprecherin verwies allerdings darauf, dass es um einen Vorgang aus dem Jahr 2017 gehe – also noch vor dem Amtsantritt Seehofers im Frühjahr 2018. „Fest steht, dass die Strafverfolgungsbehörden der Abschiebung damals auch vorab zugestimmt haben."  

Den ganzen Bericht der Kollegen finden Sie hier.

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