Berichterstattung über Flucht und Migration - Deutschland fällt aus dem Rahmen

In kaum einem anderen europäischen Land wird so intensiv über Flucht und Migration berichtet wie in Deutschland. Das zeigt eine neue Studie der Otto-Brenner-Stiftung. Welche Rückschlüsse erlaubt das auf die Politik?

Ist die Berichterstattung über Flucht und Migration Spiegel der Politik – oder ist es umgekehrt? / picture alliance
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Wenn es um die Berichterstattung über Flucht und Migration geht, ist die deutsche Perspektive auf das Thema eine ganz andere als im Rest von Europa. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung, die die FAZ vorgestellt hat: „Stumme Migranten, laute Politik, gespaltene Medien.“ Ihre Ergebnisse sind bemerkenswert, geben sie doch eine Antwort auf die Frage, warum das Thema gerade hierzulande mehr Aufmerksamkeit erfährt, als es verdient. 

In kaum einem anderen Land werde so intensiv über Flucht und Migration berichtet wie in Deutschland, zu diesem Schluss kommen die Autoren der Studie. Allein die FAZ und die Süddeutsche Zeitung hätten zwischen August 2015 und März 2018 1.000 Beiträge veröffentlicht. Getoppt worden sei dieser Output bloß von Ungarn. Dabei steht Deutschland gar nicht auf Platz 1 der Länder, die im Verhältnis zur eigenen Bevölkerung die meisten Geflüchteten aufgenommen hat. Diese Liste wird von der Türkei angeführt (47,5 Geflüchtete je 1.000 Einwohner), gefolgt von Schweden (29,3), Malta (20,4), Österreich (19,6) und Zypern (17,6). Deutschland (17) folgt erst auf Platz sechs. 

In Deutschland gilt Migrationspolitik als Innenpolitik 

Nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ unterscheide sich die deutsche Berichterstattung von der in anderen Ländern. Geflüchtete kämen darin zwar fast nur als Statisten vor. Nur vier Prozent der Berichtet befassten sich mit den Hintergründen. 45 Prozent spiegelten politische Debatten darüber wieder. Flucht und Migration würden hierzulande aber als Themen begriffen, die das eigene Land betreffen – nicht als ein Auslandsthema, das sich „fernab von zu Hause, jenseits der eigenen Grenze“ abspiele. 

Ist die Berichterstattung ein Spiegel der Politik? Oder befeuert sie politische Diskussionen? Diese Frage war nicht Gegenstand der Studie. Bei der Brenner-Stiftung heißt es, die Berichterstattung sei eine mögliche Antwort auf die Frage, warum es den Ländern nicht gelinge, eine europäische Lösung der Asyl- und Einwanderungsfrage zu finden. Wenn die meisten Länder das Thema nicht als Angelegenheit des eigenen Landes wahrnehmen, warum sollten sie  sich dann um eine Einigung bemühen? 

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