Biografie über Armin Laschet - Doch kein Gottkanzler

Markus Söder stellt die Biografie von Armin Laschet vor, und zwar in dessen Abwesenheit. Was will uns der bayerische Ministerpräsident damit sagen? Ein Fernduell möglicher Kanzlerkandidaten war es jedenfalls nicht. Aber auch keine typische Werbeveranstaltung.

Tobias Blasius, Markus Söder, Moritz Küpper und Jörg Quoos (von links nach rechts) bei der Buchvorstellung / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

So erreichen Sie Alexander Marguier:

Anzeige

Es war eine abermalige Sternstunde für Unions-Astrologen, allein schon wegen des außergewöhnlichen Settings: Zur Buchpräsentation der neuen Laschet-Biografie waren zwar die beiden Autoren Tobias Blasius und Moritz Küpper erschienen sowie deren Verleger Claus-Dieter Grabner nebst Funke-Zentralredaktionschef Jörg Quoos als Moderator und dem Stargast Markus Söder. Aber die Hauptperson fehlte: Armin Laschet selbst war an diesem Mittwochmorgen unterwegs zu einem dreitägigen Rom-Besuch inklusive Privataudienz beim Papst. Ein gläubiger Katholik setzt eben Prioritäten, könnte man sagen. Außerdem weiß er über sein eigenes Leben wahrscheinlich gut genug Bescheid; sollen also besser seine Biografen zu Wort kommen und ihre Erkenntnisse über den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten mit den Laschet-Erfahrungen von dessen bayerischem Amtskollegen abgleichen.

Keine Empfehlung

Dass der Meistersaal im Gebäude der ehemaligen Hansa-Tonstudios nahe Berlins Potsdamer Platz trotz Abwesenheit der eigentlichen Hauptfigur und trotz Corona-Abstandsregeln gut gefüllt war, lag natürlich an Söder, dem während der Pandemie bekanntlich die Rolle des Laschet-Antagonisten zugefallen war. Von Anfang an stand noch dazu die naheliegende Frage im Raum, was der eine potentielle Kanzlerkandidat über den anderen potentiellen Kanzlerkandidaten zu sagen haben würde. Um gar nicht erst den Verdacht aufkommen zu lassen, Söder würde Laschet hier einen Freundschaftsdienst erweisen oder gar eine Empfehlung für die anstehende Wahl zum CDU-Vorsitz abgeben, verkündete Bayerns Regierungschef sogleich: Er hätte auch für die Vorstellung eines Buchs über Friedrich Merz oder Norbert Röttgen zur Verfügung gestanden – beziehungsweise eines Essays über Jens Spahn. Bei letzterem langt es offenbar noch nicht für ein 350-Seiten-Format wie im Fall Laschets.

Kein Strategiewechsel

Nach dieser Einleitung dürfte klar geworden sein, dass Markus Söder sich in Sachen einer möglichen Kanzlerschaft des „Machtmenschlichen“ (so der Titel der Biografie) nicht aus der Reserve locken lassen würde. „Ich glaube, er traut sich die Kanzlerkandidatur zu“, verriet Söder über Laschet. Was nun wirklich kein Geheimnis ist, ebenso wenig wie der mögliche Weg dorthin: Zuerst müsse die CDU ihre Vorsitzendenfrage klären, dann werde man weitersehen. Immerhin eine klare Absage an die soeben von Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier ins Spiel gebrachte Variante, zuerst den Kanzlerkandidaten zu bestimmen und erst hinterher den neuen Parteichef. Sämtliche Spekulationen über einen Wechsel des bisher festgelegten Procederes sind damit wohl endgültig ausgeräumt.

Die K-Frage

Aber bleiben wir dennoch ein bisschen bei der K-Frage. Ob Armin Laschet denn nun das Zeug zum Kanzler habe, wollte Jörg Quoos von dessen Biografen wissen. Moritz Küppers Antwort: Er und sein Co-Autor Tobias Blasius hätten sich nicht zugetraut, diese Frage zu beantworten – das müssten die Leser des Buchs dann schon selbst entscheiden. Eine sympathisch-bescheidene Einstellung, die im heutigen Besserwisser-Journalismus ihresgleichen sucht. Immerhin wagte Blasius die Prognose, dass Armin Laschet sich am 4. Dezember beim CDU-Wahlparteitag als neuer Vorsitzender durchsetzen werde, wenn auch nur als Kompromisskandidat. Der sei nämlich insofern ein ungewöhnlicher Machtmensch, als dass er stets abwarten könne, bis irgendwann die Zeit für ihn reif sei. Eine Eigenschaft, über die sein Rivale Röttgen offensichtlich nicht verfügt, der fünf Jahre vor Laschet als Spitzenkandidat bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl krachend gescheitert war.

Zu weich fürs Kanzleramt?

So zollte denn auch Markus Söder dem Abwesenden seine Anerkennung dafür, dass er 2017 die Wahl in NRW gewonnen und danach sein Kabinett so breit aufgestellt habe, dass jede politische Unions-Strömung ihren Platz darin fand. Im Übrigen halte er wenig von den Laschet immer wieder zugeschriebenen Eigenschaften, zu weich, zu zögerlich zu sein und am Ende den unbedingten Machtwillen vermissen zu lassen. Das seien halt so Klischees, und außerdem wisse er sehr genau, dass „der Armin“ im Zweifelsfall auch über die notwendige Härte verfüge, um ein Regierungsamt auszufüllen.

Eine gewisse rheinische Geschmeidigkeit wollte Söder seinem Ministerpräsidentenkollegen freilich nicht absprechen, gerade im Vergleich zu sich selbst: „Bei mir war es eher so, dass am Anfang immer alle gegen mich waren“, gab Söder offenherzig zu Protokoll. Da schwang eine unschwer erkennbare Genugtuung darüber mit, inzwischen zu den beliebtesten Politikern in Deutschland zu gehören. In dieser Hinsicht hat der „machtmenschliche“ Herr Laschet zweifellos noch einigen Nachholbedarf.

Laschet und Kemmerich

Natürlich gehören zu so einer Buchvorstellung stets auch ein paar Anekdoten aus dem Leben des Protagonisten. Dass Armin Laschet einst während eines Sommerurlaubs in den Swimmingpool gefallen ist und anstatt das in seiner einen Hand befindliche Handy zu retten lieber die andere Hand mit dem Zigarillo über Wasser hielt, dürfte dem einen oder anderen noch in Erinnerung sein. Blasius und Küpper haben aber auch bisher weit weniger bekannte Episoden aus seinem Leben zutage gefördert. Zum Beispiel, dass Armin Laschet und der thüringische FDP-Vorsitzende Thomas Kemmerich auf ihrem Aachener Gymnasium auch den selben Geschichtslehrer hatten. Der wiederum den beiden Autoren seine Einschätzung mit auf den Weg gab, dass Laschet sich im Gegensatz zu Kemmerich niemals auf eine Zusammenarbeit mit der AfD eingelassen hätte. Der „Machtmenschliche“ wird die Worte seines alten Paukers mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen haben. Es handele sich eben um eine „sehr freundliche Biografie“, stellte Söder denn auch augenzwinkernd fest. In Bayern sei man da anderes gewohnt.

Verwandt mit Karl dem Großen?

Und dann war da natürlich noch die Geschichte mit Karl dem Großen, dem angeblichen Vorfahren Armin Laschets. Voreilige Rezensenten hatten bekanntlich kolportiert, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident berufe sich in seiner Biografie auf eine Abstammung vom Frankenkönig höchst selbst, womöglich sogar im Subtext verbunden mit einer Art dynastischem Herrschaftsanspruch. Markus Söder konnte hingegen berichten, Laschet habe ihm gegenüber diese von den beiden Autoren herausgestellte Genealogie als „überpointiert“ bezeichnet. Die Story mit Charlemagne gehe auf eine eher humorvoll gemeinte Ahnenforschung von Armin Laschets Bruder zurück. Sollte der Katholik aus Aachen tatsächlich je Bundeskanzler werden, ist eine Rückkehr zum Gottesgnadentum also eher nicht zu erwarten.
 

Anzeige