Angela Merkel - Ihr Wille geschehe

Sollen sich die anderen doch streiten, die Kanzlerin hat für die Jamaika-Sondierungsgespräche nur ein striktes „Ich will das“ übrig. Doch in ihrer Partei regt sich Widerstand gegen den Merkel'schen Absolutismus

Mit ihrer Wunschkandidatin für den Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung, Annette Schavan, konnte sich Merkel nicht durchsetzen / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Jeder möchte das gerne so haben: Einfach was wollen, und dann geschieht es so. Der Topos von der guten Fee mit den drei Wünschen, die man bei ihr frei hat, spiegelt die Sehnsucht des Menschen nach diesem Paradies, in dem die Wünsche in Erfüllung gehen, kaum dass man sie ausgesprochen hat.  

Menschen, die lange in Machtpositionen zugebracht haben, laufen Gefahr, sich irgendwann in einem solchen Paradies zu wähnen. Ein Fingerschnipp, und die Untergebenen rennen. Kann man sich dran gewöhnen. Wir schaffen das. Ich will das. Einfache klare Sätze, parataktisch. Subjekt, Prädikat, Objekt, wie bei „L’État, c’est moi“. Eine Feststellung, verbunden mit einem klaren Auftrag: Macht mal.   

„Ich will das“, soll Angela Merkel nach Teilnehmerangaben in der Sitzung der Unionsfraktion vergangene Woche zu einem etwaigen Jamaika-Bündnis gesagt haben. Die Vertreter von CDU, CSU, FDP und Grünen stochern die ganze Zeit mit ihren Sonden in dem großen Strohhaufen an Themen herum, um zu sehen, ob sich aus diesem Wust aus Differenzen ein irgendwie geartetes Ganzes machen lässt. Die Kanzlerin im 13. Amtsjahr lässt ihren Hof derweil wissen, dass sie das so wünsche. „Na dann spinnt mal schön aus Stroh Gold“, möchte man den Unterhändlern zurufen. „Oder schaut zu, wo ihr ein Rumpelstilzchen zur Hilfe herbekommt.“ 

Streit um KAS-Vorsitz

Ihr „Ich will das“ verfügte die CDU-Vorsitzende auch in der Causa des Vorsitzes der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Dort, in einem wissenschaftsähnlich arbeitenden Think Tank der Union, wollte sie ihre Vertraute Annette Schavan versorgen, nachdem deren Zeit auf ihrem ersten Parkplatz als Botschafterin im Vatikan abgelaufen ist. Nun ist Schavan sicherlich in vielerlei Hinsicht durchaus geeignet als Chefin der KAS, aber in einer Hinsicht eben nicht: Sie hat ihren Doktortitel wegen erwiesenen Abschreibens aberkannt bekommen. Und das macht sich nicht gut auf dem Chefsessel eines derartigen Instituts.

Norbert Lammert hingegen, Chefintellektueller der CDU ohne Anschlussverwendung, könnte (mit untadeligem Doktortitel) auf dieser Stelle zu einer Art Peter Glotz der CDU werden und treibende Geisteskraft einer zunehmend entleerten Volkspartei sein.

Wollte Angela Merkel aber nicht und schadete also lieber der KAS und dem Klima unter den Stipendiaten, bei denen einiges los ist, statt von ihrem Nepotismus abzulassen. Bis der Widerstand schließlich so groß wurde, dass Annette Schavan selbst von diesem gemeinsamen Vorhaben abließ

Merkel und die CDU

Da die CDU als Partei mit einiger Gewissheit Angela Merkel als Kanzlerin und Parteichefin überdauern wird, wäre es in ihrem Interesse, wenn sich unter den Kabinettsmitgliedern ein oder zwei Personen finden, die als Nachfolger aufgebaut werden können. Sinnvoll wäre es dabei, auch an Leute zu denken, die sich nicht nur dadurch auszeichnen, zum eigenen Zirkel zu gehören. Es wäre gut, wenn die Kanzlerin nicht nur ihre Favoritin im Kabinett präsentiert, sondern neben Annegret Kramp-Karrenbauer noch jemand anderen als zusätzlichen Wettbewerber um die Nachfolge am Regierungstisch implantieren würde. Zum Beispiel Friedrich Merz, den der CDU-Ministerpräsident Armin Laschet gerade etwas erratisch zum Brexit-Beauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen gemacht hat. Der Merkelianer Laschet hat damit schon zum zweiten Mal nachgewiesen, dass er in Punkto Personalpolitik weniger engstirnig denkt als seine Förderin. Denn auch Wolfgang Bosbach passte als Wahlkampfhelfer eigentlich gar nicht zu Laschet, half aber gewaltig dabei, der SPD die Staatskanzlei in Düsseldorf abzunehmen. Merkel wird diese Größe vermutlich nicht an den Tag legen. 

In mindestens zwei der drei hier skizzierten „Ich will das“- beziehungsweise „Ich will das nicht“-Fälle laufen die Interessen der Kanzlerin jenen ihrer Partei zuwider. Im Falle der Koalition mit CSU, FDP und Grünen wird der Preis dafür sein, dass jenseits der Kanzlerschaft keinerlei Fußabdruck, keine Kontur der CDU in diesem Bündnis zu erkennen sein wird. Und in der bedeutendsten Frage, jener der Nachfolge, wird das Vorgehen Merkels ein großes Loch hinterlassen, wenn sie geht. An den Folgen ihres „Ich will das“ wird die CDU lange laborieren. Denn was für Merkel gut ist, ist für die CDU inzwischen oft schlecht. Der Widerstand in der Personalie Schavan kündet davon, dass zunehmend mehr Unionisten nicht mehr gewillt sind, diese Kollateralschäden des Merkelschen Absolutismus hinzunehmen.    

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