Wahldebakel von Andrea Nahles - Die Loser-Lust der SPD

Eigentlich sollte die SPD froh sein, noch eine Frau wie Andrea Nahles als Parteivorsitzende zu haben. Aber mit dem schwachen Wahlergebnis schießen die Genossen ihr schon zum Start in die Beine. Mal wieder tut die Partei mit schlafwandlerischer Sicherheit das Falsche

Andrea Nahles: immer noch die beste Option für die Partei-Führung der SPD / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Ein Kollege eines großen Magazins hat einmal erzählt, dass sie sich dort die schlafwandlerische Treffsicherheit des Falschen eines altgedienten Redakteurs zunutze gemacht haben. Wenn die verschiedenen Cover-Entwürfe fertig waren, dann baten Sie ihn um Rat. Und den Titel, den er als den besten und verkaufsträchtigsten auswählte, den legten sie sofort beiseite. Der Mann war unbezahlbar als Kontraindikator.

Verliebt ins Scheitern

So ähnlich ist es auch bei der SPD. Sie tut mit schlafwandlerischer Sicherheit das Falsche. Vor einem Jahr wählte sie das wandelnde Missverständnis Martin Schulz mit 100 Prozent zu ihrem Vorsitzenden. Jetzt schicken sie Andrea Nahles mit 66 Prozent auf die Reise als neue Vorsitzende. So viel Lust am eigenen Untergang hat man lange nicht gesehen. Gerhard Schröder hat seinen Genossen immer wieder zugerufen, man müsse ins Gelingen verliebt sein. Die SPD aber hat sich mal wieder ins Scheitern verliebt.

Man muss nicht jede Eigenschaft mögen und nicht jede politische Position teilen. Und doch ist Andrea Nahles derzeit die beste Option für die Parteiführung, die die SPD zu Verfügung hat. Sie hat Machtwillen und einen ausgeprägten Killerinstinkt. Sie hat Humor, auch wenn er manchmal etwas grobschlächtig des Weges kommt. Niemals hätte sie sich eine Chance des Angriffs auf eine geschwächte Kanzlerin entgehen lassen wie Sigmar Gabriel 2015/2016 im Zuge der Flüchtlingskrise.

SPD sollte froh über Nahles sein

Die SPD sollte froh sein, nach einem desolaten Wahlergebnis bei der Bundestagswahl noch eine Frau im Petto zu haben, deren ganzes politisches Leben Vorbereitung auf diese große Aufgabe war. Ganz nebenbei war sie auch im Urteil von Unionspolitikern eine der stärksten Ministerinnen im vorigen Kabinett Merkel.

Aber die SPD hat eine suizidale Loser-Lust. Sie schießt ihrer neuen Vorsitzenden schon zum Start in die Beine. Und das zu einer Zeit, in der der Autoritätsverlust von Angela Merkel in den Unions-Reihen jeden Tag mehr mit Händen zu greifen ist.

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