Wählen und wählen lassen – Die Kolumne zur Bundestagswahl - Angriff heißt jetzt AKK

Glücklich fügt es sich für den glücklosen CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet, dass eine Mitspielerin eine womöglich spielentscheidende Position für sich entdeckt hat: die Sturmspitze. Annegret Kramp-Karrenbauer hat im Wahlkampf die Abteilung Attacke übernommen.

Grafik: Cicero / Autorenfoto: Sebastian Düsenberg
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Der gute gelaunte Kanzlerkandidat, der trotz seines unglücklichen Wahlkampfverlaufs weiterhin einen stets vergnüglichen Eindruck macht, ist ein Mannschaftsspieler, heißt es. Auch diejenigen innerhalb der CDU, die ihn nicht gerade für eine Idealbesetzung halten, loben dies ausdrücklich als wesentliche Stärke des jovialen Rheinländers. Laschet könne gute Leute an sich binden und lasse sie dann machen. Er gebe ihnen Freiraum und Rückendeckung.

Als Paradebeispiel wird dann meist Herbert Reul genannt, der sich als Innenminister in Nordrhein-Westfalen das Image eines schwarzen Sheriffs erarbeitet hat, der das Land nach Jahren der rot-grünen Verlotterung mit harter Hand wieder in Ordnung bringe. Reuls stets öffentlichkeitswirksam in Szene gesetzter Feldzug gegen kriminelle Araberclans soll nun auch auf Laschets Punktekonto gehen.

Im bisherigen Wahlkampf, der auf die zentrale Personalfrage des nächsten Bundeskanzlers zugespitzt ist, hat Laschet seine angebliche Teamplayer-Stärke noch nicht richtig ausspielen können. Sein auf die Schnelle zusammengestelltes „Zukunftsteam“ konnte noch nicht recht überzeugen, da niemand versteht, auf welcher Position dessen bunt zusammengewürfelten Mitglieder jeweils spielen sollen – nicht vor und vor allem nicht nach der Wahl.

Abteilung Attacke

Umso glücklicher hat es sich für den glücklosen Spitzenkandidaten nun gefügt, dass eine Mitspielerin, die gar kein offizielles Mannschaftsmitglied seines „Zukunftsteams“ ist, eine womöglich spielentscheidende Position für sich entdeckt hat: die Sturmspitze. Annegret Kramp-Karrenbauer, die von Angela Merkel fallengelassene Kurzzeit-Nachfolgerin, hat im noch gut zwei Wochen andauernden Bundestagswahlkampf offenbar die Abteilung Attacke übernommen. So wie sie als amtierende Verteidigungsministerin gegen den SPD-Herausforderer und Finanzminister Olaf Scholz schießt, gelingt es derzeit keinem zweiten Unionspolitiker, die sozialdemokratische Konkurrenz an einer empfindlichen Stelle zu treffen.

Während einer Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus, bei der die Union am Freitag ihr Programm für mehr innere und äußere Sicherheit präsentierte, stellte Kramp-Karrenbauer alle drei neben ihr auf dem Podium versammelten Herren in punkto Angriffslust in den Schatten. Erneut warf sie Scholz vor, die Anschaffung von bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr bewusst zu verzögern, weil er es sich nicht mit dem pazifistisch gesinnten Teil seiner eigenen Partei und mit den Grünen verscherzen wolle. Er gefährde damit das Leben deutscher Soldaten, warf sie Scholz vor.

Bewaffnete Drohnen

Zudem spielte sie auf Scholz‘ Wahlwerbespot an, in dem er als Erbe des SPD-Kanzlers Helmut Schmidt auftritt. Der hätte sich in so einer Frage für die Bundeswehr entschieden, sagte Kramp-Karrenbauer, und sich zur Not auch mit der eigenen Partei angelegt. Da mag sie recht haben. Immerhin hat Schmidt im Kalten Krieg die Nato-Aufrüstung in Deutschland durchgesetzt, was zur Abspaltung der Rüstungsgegner innerhalb der SPD und mit zur Gründung der Grünen geführt hat.

Auch Laschet versuchte bereits, Scholz mit der Drohnen-Frage in die Enge zu treiben. Doch das misslang ihm beim ersten TV-Triell. Offenbar weil er mit den Details nicht so vertraut ist wie die Verteidigungsministerin, ließ er sich von Olaf Scholz durch ein Ablenkungsmanöver blenden. Das wiederum griff Kramp-Karrenbauer nun noch einmal auf und warf dem SPD-Kandidaten eine bewusste Irreführung der Wähler vor. 

Prompt wollte ein erstaunter Journalist in der anschließenden Fragerunde wissen, ob Kramp-Karrenbauer für einen Verbleib im Kabinett kämpfe. Sprich: ob sie im Falle eines Wahlsiegs der Union Verteidigungsministerin bleiben werde. Eine klare Antwort darauf gab es nicht.

In unserem exklusiven Kolumnenticker Wählen und wählen lassen widmen sich Alexander Marguier, Ralf Hanselle, Daniel Gräber und Moritz Gathmann den spannendsten Fragen zur Bundestagswahl 2021: Regierungskonstellationen, Schattenkabinette, Wahlkampftaktiken, Post-Merkel-Gehversuche, aber auch Pannen und Umfragezwischenhochs sowie ein Hauch Medienkritik, mit einem Augenzwinkern. Zur Bundestagswahl werden wir außerdem live berichten. Passgenau erscheint am 23.09. die neue Cicero-Ausgabe.

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