Rechtsradikale in der AfD - Drohen mit Pogrom

Die AfD ist bemüht, sich als bürgerliche Partei zu geben. Doch der Auftritt des Freiburger AfD-Stadtrats Dubravko Mandic bei einer Demonstration vor dem SWR-Gebäude in Baden-Baden lässt diese Selbstbeschreibung wie Hohn erscheinen

Dubravko Mandic 2017 bei Pegida in Dresden / Facebook Dubravko Mandic
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Moritz Gathmann ist Chefreporter bei Cicero. Er studierte Russistik und Geschichte in Berlin und war viele Jahre Korrespondent in Russland.

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Es war wohl eine Art Vermächtnis, was AfD-Gründer Alexander Gauland, im grünen Pullunder, Fischgräten-Sakko und Hundekrawatte, beim Parteitag in Braunschweig zu seinem Abschied vom Parteivorsitz sagte: Die AfD müsse „den Weg einer patriotischen, demokratischen und bürgerlichen Volkspartei weitergehen. „Wir stürmen keine Bastille, und wir sind nicht gut in Revolutionen,“ gab er den Delegierten mit auf den Weg, die dort in großer Mehrheit in Anzug und Krawatte vor ihm saßen. Unter ihnen war auch Dubravko Mandic, zur Bundestagswahl 2017 Direktkandidat der AfD in Tübingen und seit diesem Jahr Stadtratsmitglied in Freiburg. Auch er ganz fein im blauen Anzug und gelber Krawatte, für den Parteitag hatte er sich einen Oberlippenbart zugelegt.

Am vergangenen Samstag erlebte man dann aber einen ganz anderen Dubravko Mandic. Der baden-württembergische AfD-Landtagsabgeordnete Stefan Räpple hatte zu einer Demonstration vor der Redaktion des öffentlich-rechtlichen Südwestrundfunks in Baden-Baden aufgerufen. Anlass war das „Umweltsau“-Lied des WDR-Kinderchors. 

Pogromstimmung in Baden-Baden

An die hundert Unterstützer aus dem AfD-Umfeld waren gekommen. Wie in einem Video zu sehen, steht neben Räpple ein Junge auf der Bühne, der eine Deutschlandfahne schwenkt. Daneben hat sich ein kräftiger Mann aufgebaut, der auf den ersten Blick dem Pegida-Gründer Lutz Bachmann zum Verwechseln ähnlich sieht. Er trägt einen blauen Kapuzenpulli und schwarze Lederhandschuhe. Es ist Dubravko Mandic. Er legt los.

„Schaut nach oben, in diese Schaufenster polit-medialer Macht – was seht ihr da?“ „Lügenpresse, Lügenpresse“, schallt es ihm entgegen. „Schaut sie euch an! Wie auf frischer Tat ertappte Diebe glotzen sie uns hier an, statt zu arbeiten.“ Es kommt noch schlimmer: „Ich sage Ihnen da oben: Das hier ist nur der Anfang, wir werden sie aus ihren Redaktionsstuben vertreiben“, brüllt Mandic unter dem Gejohle der Zuhörer. „Wir werden uns Ihre Lügen nicht länger anhören. Das hier ist erst der Anfang des Sturms.“ Mandic schließt seine Rede mit einer Drohung: „Dereinst werden sie für Ihre Verbrechen bezahlen müssen. Dann werden sie von ihrer Pension die Opfer der Messergewalt durchfüttern müssen.“ 

Die Rede von Dubravko Mandic auf der Demonstration in Baden-Baden / Quelle: Dubravko Mandic

Es ist Pegida-Sound der schlimmsten Sorte, der an diesem Samstag durch Baden-Baden schallt. Mandic, geboren 1980 in Sarajewo, wirkt wie einer, der die Menschen zum Pogrom anstacheln will. Gleichzeitig ist der gelernte Jurist schlau genug, nichts zu sagen, was ihn vor Gericht bringen könnte. Aber auch wenn er sich andernorts gerne gebildet gibt – an diesem Tag in Baden-Baden zeigt Mandic, dass er mit Bürgerlichkeit nichts mehr zu tun. Eher mit Slobodan Milosevic auf dem Amselfeld, der sein Volk in die Schlacht führen will.

Zu rechts für die Burschenschaft Saxo-Silesia

Schon lange ist bekannt, wes Geistes Kind Mandic ist. Die Tatsache, dass die AfD Menschen wie ihn nicht ausschließt, ja dass sie sogar noch für den Bundestag kandidieren und die Partei im Stadtrat von Freiburg vertreten, ist einer sich als demokratisch gerierenden Partei nicht würdig. Ein kleiner Blick auf die „Heldentaten“ von Mandic:

Bei einer Feier, zu welcher der „alte Herr“ (so werden die Burschenschaftler nach Ende ihres Studiums genannt) Mandic im Februar 2014 ins Haus der Burschenschaft Saxo-Silesia in Freiburg geladen hatte, wurden nachweislich Nazilieder abgespielt und „Heil Hitler“ gebrüllt. Im Dezember 2015 soll Mandic zusammen mit einem anderen Mitglied Lautsprecher auf dem Balkon des Hauses aufgestellt und Lieder der Neonazi-Band Landser abgespielt haben. Dazu seien rechte Parolen gerufen und der Hitlergruß gezeigt worden.

Die Burschenschaft Saxo-Silesia selbst kam in einem Schreiben zu dem Schluss, dass Mandic „offenkundig eine langfristig vorhandene Geisteshaltung“ habe, dass er und andere sich „als Sympathisanten des Nationalsozialismus“ gezeigt hätten. Dass Mandic für eine Öffnung der AfD gegenüber den „Identitären“ wirbt, dass er 2014 auf seiner Facebook-Seite seine Sympathie mit der Hogesa-Bewegung (Hooligans gegen Salafisten) kundtat und im September 2017 mit Seitenscheitel und in Bomberjacke bei Pegida in Dresden auftrat und eine vor Pathos triefende Rede über die Germanen hielt, wirkt vor diesem Hintergrund fast zweitrangig. 

Who the fuck is Mandic?

Baden-Württemberg gilt in der AfD als Landesverband, in dem die „Problembären“ besonders zahlreich sind. Aber warum wurde Mandic angesichts dieser Liste an Verfehlungen nicht schon längst aus der Partei geworfen? Ein Grund dafür könnte sein, dass er Gründungsmitglied der Partei in Baden-Württemberg war und lange Jahre selbst dem Schiedsgericht angehörte. Ein weiterer Grund könnte darin bestehen, dass Björn Höcke über den Flügel-Mann Mandic seine schützende Hand hält. Der Parteivorsitzende Jörg Meuthen, selbst Baden-Württemberger, ließ 2014 ein Parteiausschlussverfahren gegen Mandic in Gang setzen, nachdem dieser Barack Obama als „Quotenneger“ beschimpft hatte. Nach einem „vernünftigen Gespräch“ (Meuthen) wurde dieses aber nicht zu Ende geführt. Derzeit, so teilt die AfD auf Anfrage mit, läuft gegen Mandic kein Ausschlussverfahren.

„Who the fuck is Mandic?! Spielt in der AfD keine Rolle“, schreibt auf Twitter Frank Hansel, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, angesprochen auf Mandic. Jener Hansel war es, der 2018 forderte: „Wir müssen bestimmte Leute, die immer wieder querschießen, aus der Partei schmeißen“, sonst ließen sich keine bürgerlichen Mehrheiten organisieren. 

Es gilt die alte Weisheit, mehr denn je: Nicht an ihren Worten, an ihren Taten sollt Ihr sie erkennen.

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