2G-plus in der Gastronomie - „Wir wissen nicht, was wir dürfen und was nicht“

Was bedeutet die künftige 2G-plus-Regelung, die die Ministerpräsidenten der Länder beschlossen haben, für die Gastronomie? Der Potsdamer Restaurantchef Giorgio Cuccia zeigt sich im Interview mit „Cicero“ ratlos, wie die Regeln konkret umgesetzt werden wollen, bleibt aber insgesamt zuversichtlich.

Bleiben mit 2G-plus demnächst noch mehr Gäste aus? / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Birgit Freudenberg absolviert ein Redaktionspraktikum bei Cicero.

So erreichen Sie Birgit Freudenberg:

Anzeige

Im Freitag hatten sich die Ministerpräsidenten der Länder mit der Bundesregierung auf eine bundesweite 2G-plus-Regelung geeinigt. Das heißt, dass fortan auch zweifach Geimpfte und Genesene einen negativen Corona-Test vorweisen müssen, wenn sie Kneipen, Cafés oder Restaurants besuchen wollen. Lediglich „Geboosterte“ sind von der Testpflicht ausgenommen, also jene, die bereits die Drittimpfung bekommen haben. Nun will ausgerechnet Bayern, dessen Ministerpräsident Markus Söder bislang als Corona-Hardliner auftrat, aus dem Konzert der Bundesländer ausscheren und auf verschärfte Corona-Regeln für Gaststätten verzichten. Im Freistaat soll weiterhin 2G gelten und nicht 2G-plus, das heißt, dass ungeboosterte Geimpfte weiterhin auch ohne zusätzlichen Test in Restaurants gehen dürfen. Bayern weicht damit als bisher einziges Bundesland neben Sachsen-Anhalt von der Bund-Länder-Linie ab. Dafür bleiben – anders als in anderen Bundesländern – in Bayern Kneipen, Bars und Discos weiter ganz geschlossen. In den übrigen Bundesländern gilt also künftig 2G-plus, auch in Berlin und Brandenburg. Cicero hat zu diesem Thema mit dem Inhaber der Pizzeria „Piazza Toscana“ in Potsdam, Giorgio Cuccia, gesprochen. 

Herr Cuccia, sie betreiben eine gut gehende Pizzeria in Potsdam. Können Sie schon absehen, welche Konsequenzen die am Mittwoch in Kraft tretende 2G-plus-Regelung für Ihr Restaurant haben wird? 

Genau das ist das Problem: Wir wissen es nicht. Natürlich sind viele Gäste längst geboostert. Für die ist das alles kein Problem. Aber was ist mit den anderen? Ich weiß nicht, ob die Leute bereit sein werden, vor dem Restaurantbesuch zum Test zu gehen. Ich denke, wir werden durchaus Verluste hinnehmen müssen. Einige werden auf den Restaurantbesuch verzichten. Ich würde mal schätzen, dass wir zehn bis 15 Prozent unserer Kunden erst einmal nicht mehr wiedersehen werden. 

Wird das Ihren Restaurantbetrieb verändern? 

Wir müssen jetzt aufmerksam gucken, was passiert. Vermutlich werden wir eine kleinere Speisekarte anbieten, damit wir nicht so viel unnütze Ware einkaufen müssen. Das ist die einzige Möglichkeit, wie wir jetzt auf die Situation reagieren können. Wir warten. Wie schon damals bei der Einführung von 2G. Das war am Anfang sehr schlimm. Aber dann haben sich die Leute darauf eingestellt. Für die Politik ist das natürlich ein Druckmittel: Wollt ihr etwas unternehmen, dann lasst euch impfen! Die Menschen sind dem in der Regel gefolgt. Aber das hat gedauert. Am Anfang gab es durchaus Zwischenfälle. Da gab es Kunden, die waren richtig sauer. Es gab Streit an der Tür. Später hat sich das gelegt. Vermutlich werden wir das jetzt wieder sehen. Und wenn dann alle die dritte Impfung haben, wird sich das wieder legen.  

Wie werden Sie 2G-plus handhaben? Sollen die Gäste den Test mitbringen, oder testen Sie vor der Tür? 

Soviel ich weiß, dürfen wir gar nicht vor der Tür testen. Aber genau das ist das Problem: Wir sind noch gar nicht aufgeklärt worden. Wir wissen nicht, was wir dürfen und was wir nicht dürfen. Wenn wir selber testen dürfen, dann werden wir das schon irgendwie organisieren. Aber soviel ich weiß, darf man das nicht. Ich muss mich also erst bei der DEHOGA erkundigen. Die werden mir erklären, wie wir das machen müssen. 

In der FAZ war jüngst zu lesen, dass das Gastgewerbe die Hospitalisierung als Kennzahl vermisse. Was ist Ihre Meinung dazu? 

Ich kann nicht verstehen, warum die Hospitalisierung so wichtig ist. Wenn wir uns auf die Hospitalisierung verlassen würden, dann könnte es in kritischen Momenten schon zu spät sein. Konzentrieren wir uns also lieber auf die Inzidenz, dann können wir auch früher gegensteuern. Wenn die Krankenhäuser aber schon voll sind, dann kann es zu spät sein, und dann müssten wir komplett schließen. Die Hospitalisierung vermisse ich also nicht. Das ist kein Wert, auf den wir achten sollten. 

Wie sehr hat Ihr Restaurant bis dato unter der 2G-Regel gelitten? 

Am Anfang schon sehr. Die großen Gruppen und die Weihnachtsfeiern sind ausgefallen. In der Regel habe ich hier Veranstaltungen von bis zu hundert Personen; die sind alle weggebrochen. Das hat man schon sehr gemerkt. Die klassischen Familienessen hingegen, die fanden auch weiterhin statt – auch das Abendessen mit den Freunden. Aber gerade im Dezember machen die großen Feiern den Kalender voll. Verstehen sie mich nicht falsch: Ich verstehe das durchaus, wenn etwa die Belegschaft eines Krankenhauses mit 30 oder 100 Angestellten das Weihnachtsessen absagt. Wenn man nicht will, dass die Patienten essen gehen, dann kann man das selbst natürlich auch nicht machen. Wir konnten uns dieses Verständnis erlauben. Aber für viele andere Restaurants war das sehr hart. Wir haben zum Glück ein Ganzjahresgeschäft. 

Welche Alternativen würden Sie zu 2G-plus sehen?  

Es wäre gut, wenn die Gäste mit 2G draußen sitzen könnten. Es gibt ja durchaus Leute, die auch in der kälteren Jahreszeit gerne draußen sitzen. So etwas sollte man durchaus erlauben. Aber was sollen wir schon machen? Dass wir jetzt nicht zumachen müssen, das ist doch schon viel für uns. Natürlich ist ein Restaurantbesuch ein Risiko, weil sich da eine Menge Leute aufhalten können. Ich habe viele Freunde in der Gastronomie, die haben wirklich Probleme. Wenn die nur 15 Tische haben und davon aktuell lediglich sieben Tische nicht benutzen können, dann ist das ein Problem. Bei uns ist das Gott sei Dank nicht so. Deswegen rede ich die Politik auch nicht schlecht. Ich kann mir das erlauben. 

Die Fragen stellte Birgit Freudenberg.

Anzeige