US-Republikaner nach der Wahlniederlage - „Trump macht ganz sicher weiter“

Wie stellt sich die Republikanische Partei nach der Wahlniederlage von Donald Trump auf? Der Analyst Peter Rough rechnet fest damit, dass der Einfluss des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten Bestand haben wird. Denn auf dessen Anhänger wird niemand verzichten können.

Donald Trump am 15. November auf dem Trump National Golf Club in Sterling, Virginia
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Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Peter Rough ist Senior Fellow am Hudson Institute, einem der führenden konservativen Thinktanks in den Vereinigten Staaten. Von 2007 bis 2009 war er stellvertretender Direktor im Büro für strategische Initiativen des Weißen Hauses, wo er politische Strategien mitentwickelte und die Kontaktaufnahme zu wichtigen Interessengruppen koordinierte.

Herr Rough, Donald Trump und einige seiner Unterstützer scheinen sich immer noch zu weigern, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl mit dem Sieg Joe Bidens anzuerkennen. Wie groß sind denn noch die Chancen, dass Trump tatsächlich über den 20. Januar hinaus Präsident bleibt?
Vielleicht eins zu hundert. Trump kann jetzt die Rechtslage nutzen, das steht ihm auch zu. Er bräuchte aber tragbare Hinweise darauf, dass zum Beispiel durch Software massive Fehler unterlaufen sind oder dass tausende Stimmen fälschlicherweise nicht ihm zugerechnet wurden. Es sind also klare Sachverhalte nötig, die die Gerichtshöfe aufgreifen könnten. Und die müssten schon ziemlich massiv sein. Das ist aus meiner Sicht aber schwer vorstellbar. Doch wie gesagt, er hat ja Zeit. Denn es sind nicht die Medien, die darüber entscheiden, wer Präsident wird, sondern unser Rechtsstaat.

Glauben Sie, dass Trump eine Niederlage akzeptiert, auch wenn er keinen Erfolg vor Gericht haben sollte?
Es kommt darauf an, was man unter „akzeptieren“ versteht. Wird er das Weiße Haus räumen? Ganz sicher, er wird sich dort nicht verbarrikadieren. Aber ob er seine Niederlage persönlich eingesteht und vor der Öffentlichkeit eine Konzessionsrede hält oder die Amtseinführung Bidens besucht, das würde ich eher bezweifeln. Ich denke, er wird auf künftigen Veranstaltungen immer wieder behaupten, die Wahl sei unfair gelaufen. Trump könnte, übrigens nicht völlig zu Unrecht, sagen, dass das Wahlprozedere und die Mechanismen verändert wurden und er dadurch Nachteile hatte. Oder sogar behaupten, ohne jedoch über entsprechende Indizien zu verfügen, dass da ein krimineller Wahlbetrug stattgefunden hat.

Peter Rough

Hatten Sie persönlich damit gerechnet, dass Trump die Wahl verliert?
Ich bin tatsächlich den Umfragen der großen US-Medien gefolgt, die alle ziemlich selbstgefällig gesagt haben, sie hätten aus den irreführenden Umfrageergebnissen von vor vier Jahren ihre Lehren gezogen. Als es am späten Abend des Wahltags dann so knapp aussah, habe ich gedacht, dass Trump die Wahl vielleicht doch noch gewinnt. Kurzum: Man wird sich künftig fragen müssen, ob das Medienestablishment und die Umfrageinstitute nicht doch ein Demokratisches Weltbild teilen, anstatt sich als unabhängige Institutionen zu verstehen.

Warum hat Trump allen Umfragen zum Trotz so gut bei Hispanics und Afroamerikanern abgeschnitten?
Ich glaube, die Republikanische Partei entwickelt sich zu einer multiethnischen Arbeiterpartei. Und Trump hat diese Rhetorik aufgegriffen und die Anliegen dieser Wählerschaft ernst genommen. Die Demokratische Partei hingegen hat sich, zumindest in deren Führungsspitze, immer mehr zu einer Partei der urbanen Elite entwickelt. Und damit steht sie für eine gesellschaftspolitische Dynamik, die der Arbeiterklasse überhaupt nicht gefällt. Zum Beispiel die sogenannte erwachte Linke mit ihrer starken Fokussierung auf Transgender-Themen. Damit gewinnen Sie bei Afroamerikanern und Hispanics, die eher konservativ und überdurchschnittlich religiös sind, keine Stimmen.

Hätte Trump die Wahl also gewonnen, wenn es keine Corona-Pandemie gegeben hätte?
Man muss fairerweise sagen, dass er, zumindest in den Umfragen, schon vor Corona hinter Biden zurücklag. Dennoch würde ich sagen: Ja, ohne die Pandemie hätte er gewonnen. Denn dann hätte er bis zum letzten Tag auf die starke Wirtschaftsentwicklung setzen können. Außerdem wäre auch der Wahlkampf für die Demokraten anders verlaufen; Joe Biden hätte sich nicht wegen Corona in seinem Haus in Delaware einbunkern können, sondern er hätte sich mehr auch zu anderen Themen positionieren müssen. Zum Beispiel in Bezug auf die Frage, ob er sich zur „erwachten“ Linken bekennt oder zur gemäßigten Mitte. Weil ihm das erspart blieb, konnte er gleichzeitig republikanische Wechselwähler und Anhänger der sozialistischen Linken für sich gewinnen.

Sie sind gut vernetzt innerhalb der Republikanischen Partei. Wie ist da derzeit die Stimmung?
Man ist enttäuscht und gleichzeitig mobilisiert. In den elitären Bereichen der Partei ist man schon etwas überrascht über das gute Abschneiden von Trump, und man will diese Flanke auch zukünftig mobilisieren. Außerdem wollen viele Republikaner jetzt auch in den Vorstädten wieder aufholen, wo ja eine überwiegend republikanische Wählerschaft wohnt. Jedenfalls sieht man bei den Republikanern auch für die Zukunft gute Chancen, weil man eben überraschend gut im Senat, im Abgeordnetenhaus und in den Parlamenten der einzelnen Bundesstaaten abgeschnitten hat. Zudem muss Biden jetzt mit seinen 78 Jahren ja auch aus der Defensive heraus und konkrete Politik präsentieren. Außerdem wird Kamala Harris vom ersten Tag an praktisch ihre eigene Präsidentschaftskandidatur in vier Jahren ausrufen.

Trump fällt als Projektionsfläche künftig aus.
Richtig, und das führt dazu, dass die Anti-Trump-Dynamik im demokratischen Lager jetzt weg ist. Es werden sich dort also die unterschiedlichen Weltanschauungen stärker herauskristallisieren. Insbesondere bei den Vertretern des linken Flügels, die bisher einfach nur stillgehalten haben, um den Sieg Bidens über Trump nicht zu gefährden.

Wie groß ist der Anteil jener Republikaner, die Trump immer noch die Treue halten?
Trump hat einen harten Kern an Anhängern, die loyal zu ihm stehen. Und das Führungspersonal der Republikanischen Partei wird es sich nicht leisten können, diese Wähler zu verprellen – etwa, indem sie Trump jetzt für seine Wahlniederlage kritisieren.

Rechnen Sie damit, dass Donald Trump seine politische Karriere weiterverfolgen wird?
Ja, zu hundert Prozent.

Und wird er in vier Jahren noch einmal antreten?
Schon möglich, allerdings wäre er dann so alt wie Joe Biden heute. Aber auch wenn Trump nicht kandidieren sollte, werden viele Kandidaten der Republikaner seine Unterstützung suchen.

Wen sehen Sie denn bei den Republikanern als künftige Führungsfiguren?
Die jetzige Politik der Republikaner wird erst einmal von langjährigen Politikern weitergetragen werden. Leute wie Mitch McConnell oder Kevin McCarthy, also die führenden Republikaner im Kongress, sind nun die ranghöchsten Vertreter ihrer Partei und werden es wohl auch noch eine Weile bleiben. Bei der nächsten Generation an Republikanern gibt es einige Leute, die jetzt schon imponieren. Zum Beispiel Nikki Haley, die ehemalige Gouverneurin von South Carolina. Oder den Senator von Arkansas, Tom Cotton, ein Patriot mit Trumpistischer Weltanschauung, der aber einen anderen Stil vertritt als Trump. Und natürlich gibt es den bisherigen Vizepräsidenten Mike Pence oder Außenminister Mike Pompeo. Es existiert also eine Reihe von Republikanern, die sich in den nächsten Jahren in Stellung bringen werden. Auch Marco Rubio oder Ted Cruz werden mit Sicherheit eine erneute Kandidatur anstreben.

Wo werden die Republikaner künftig ihre politischen Schwerpunkte setzen?
Wenn Biden jetzt ein großes Infrastruktur-Programm auf den Weg bringen sollte, werden sich die Republikaner dem nicht verschließen können. Auch dürfte es einen überparteilichen Konsens geben dergestalt, dass China als große geopolitische Herausforderung anerkannt wird.

Und darüber hinaus?
Da könnte ich mir durchaus Trumpistische Inhalte vorstellen, allerdings verbunden mit einer etwas restriktiveren Fiskalpolitik. Also eine restriktive Migrationspolitik, ein marktwirtschaftlich orientiertes Konzept für die Reform des Gesundheitswesens. Oder eine zurückhaltende Außenpolitik bei gleichzeitig muskulösem Auftreten auf der internationalen Bühne, um die bisherige Weltordnung weiterhin zu gewährleisten.

Gibt es irgendeine politische Initiative, mit der Joe Biden jetzt auch Trump-Wähler für sich gewinnen könnte?
Biden will ja mit seinem „Build Back Better“-Plan und anderen Stimulus-Plänen den Mittleren Westen für sich gewinnen und die dortige Arbeiterklasse ansprechen. Und natürlich kann Biden gerade in diesen Bevölkerungsgruppen punkten, wenn er gegen die massive Epidemie an synthetischen Drogen vorgeht, die in den vergangenen Jahren wirklich verheerend war. Dieses Problem wurde zwar auch schon von Trump benannt, aber es ist nicht wirklich viel geschehen. Wenn Biden das ändert, kann ihm das durchaus auch Zustimmung von Trump-Wählern einbringen.

Und gesellschaftspolitisch?
Da wird Biden bei Trump-Anhängern nur Erfolg haben können, wenn er den Forderungen seines linken Parteiflügels nach einer Entmächtigung der Polizei nicht nachgibt und auch nicht permanent auf Themen wie Transgender setzt. Mit so etwas punktet man in diesen Gruppen einfach nicht – im Gegenteil.

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