Terror in Nizza - Frankreich kommt nicht zur Ruhe

Schon wieder ein Attentat in Frankreich, nur 13 Tage nach dem brutalen Mord an Samuel Paty. Im Zentrum von Nizza hat ein Mann mindestens drei Menschen mit einem Messer getötet. Der Tatverdächtige wurde festgenommen. Die Nerven in Frankreich liegen blank.

Frankreich im doppelten Ausnahmezustand: Kurz nach der Enthauptung von Samuel Paty kam es heute zu einer tödlichen Messerattacke / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Kay Walter arbeitet als freier Journalist in Frankreich

So erreichen Sie Kay Walter:

Anzeige

In der Basilika Notre-Dame de l'Assomption im Zentrum von Nizza hat erneut ein wohl terroristischer Anschlag stattgefunden. Mit einem Messer bewaffnet, griff ein Mann wahllos Besucher und Gläubige an. Mindestens drei Menschen, zwei Frauen und ein Mann, wurden dabei getötet. Weitere dem Vernehmen nach verletzt.

Der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, erklärte via Twitter, der mutmaßliche Täter habe mehrfach „Allahu Akbar“ gerufen. Er sei dann vor Ort von der Polizei ruhiggestellt und verhaftet worden. Er sei bei der Festnahme verletzt und in ein Krankenhaus gebracht worden. 

Macron und Darmanin auf dem Weg nach Nizza

Unterdessen hat die Pariser Anti-Terror-Staatsanwaltschaft den Fall an sich gezogen. Es gebe wenig Zweifel daran, dass es sich erneut um einen islamistisch motivierten Anschlag handele. Gerüchte, eine der beiden getöteten Frauen sei – wie der Lehrer Samuel Paty vor zwei Wochen – ebenfalls enthauptet worden, haben weder Polizei noch Staatsanwaltschaft bislang bestätigt.

Der Anschlag in Nizza fand statt, während Premierminister Jean Castex in der Pariser Nationalversammlung den Maßnahmenkatalog für den erneuten Lockdown wegen der Covid-Pandemie verkündete. Die Sitzung wurde für zwei Schweigeminuten unterbrochen. Präsident Emmanuel Macron ist mit seinem Innenminister Gérard Darmanin auf dem Weg nach Nizza, um sich vor Ort einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Eine Pressekonferenz ist für den späteren Nachmittag angekündigt. Darmanin hatte in den vergangenen Tagen mehrfach gewarnt, es drohten weitere Terroranschläge.

Die Nerven liegen blank 

Hintergrund sind die Ankündigungen von Macron, mit aller gebotenen Härte gegen Islamisten vorzugehen. Der türkische Präsident Erdogan hatte daraufhin, wie auch ultraorthodoxe Muslime in anderen Staaten, zum Boykott französischer Waren aufgerufen und Macrons Politik als faschistisch gebrandmarkt.

Die französische Rechte wirft dem Präsidenten dagegen vor, viel zu spät und zu lasch gegen Islamisten vorzugehen. Marine Le Pen äußerte sich bereits kurz nach dem heutigen Attentat in diesem Sinne. Und sie ist nicht die Einzige. Die Nerven liegen nach diesem erneuten Mordanschlag bei vielen Franzosen blank. 

„Frankreich ist im Krieg“

Der konservative Bürgermeister Estrosi wird mit den Worten zitiert: „Nizza und Frankreich zahlen einen hohen Tribut an den Islamo-Faschismus. Es wird Zeit, dass Frankreich sich von Regeln befreit, die es hindern, den Islamo-Faschismus auszurotten.“ Und Éric Ciotti, ebenfalls konservativer LR-Abgeordneter aus der Region Alpes-Maritimes rund um Nizza, erklärte: „Zum ersten Mal seit der deutschen Besatzung ist unser Land nicht mehr frei. Frankreich ist im Krieg. Wir sind im Krieg.“

Auch die beiden ehemaligen Präsidenten der Republik, Nicolas Sarkozy und Francois Hollande fanden deutliche Worte. Sarkozy erklärte: „Es ist jetzt weder die Zeit für Polemik, noch die Zeit für Politik. Jetzt ist die Zeit des Kampfes gegen die Barbarei und für unsere Zivilisation“. Hollande sagte, ganz Frankreich sei angegriffen: „Ich möchte, dass wir in dieser Periode die Kraft für Einheit und Zusammenhalt finden, um gemeinsam die nötigen Antworten geben zu können.“

Inzwischen wurde in ganz Frankreich die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen, nachdem es auch in Avignon zu einem Zwischenfall kam, bei dem die Polizei einen bewaffneten Man erschossen hat. Ob es einen Zusammenhang zwischen beiden Vorfällen gibt, ist derzeit noch nicht ermittelt.
 

Anzeige