Terror bei Paris - „Unsere Köpfe kriegt ihr nicht“

Die Enthauptung des Lehrers Samuel Paty durch einen tschetschenischen Islamisten empört und bestürzt Frankreich. Die Schriftstellerin Caroline Fourest fordert einen „Beobachtungsposten der Laizität“ und stellt sich gegen diejenigen, die den Terrorakt relativieren.

In Paris kam es nach der Ermordung des Lehrers Samuel Paty zu Protesten gegen islamistischen Terror / dpa
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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Ein Kopf ist gerollt. „In diesem Land wurden Tyrannen enthauptet und Könige, ebenso einige Revolutionäre. Aber wer hätte gedacht, dass ein Lehrer seinen Kopf verlieren würde vierzig Jahre nach Abschaffung der Todesstrafe – und zwar dafür, dass er seine Schüler zum Denken anregen wollte?“ Diese Frage stellt die Schriftstellerin Caroline Fourest im französischen Magazin Marianne nach der schrecklichen Ermordung Samuel Patys durch einen tschetschenisch stämmigen Islamisten in einem Vorort von Paris. Die Tat erfülle „uns mit Entsetzen“, schreibt Fourest – und widerspricht dabei ganz vehement dem Gedanken, dass ihre Mitbürger sich nach zahlreichen ähnlichen Attacken durch islamistische Attentäter inzwischen an derlei Morde gewöhnt haben könnten: „Nein, es ist mit jedem Mal schlimmer.“
 
Die besondere Symbolik, so Fourest, bestehe diesmal darin, dass es sich beim Opfer um einen Lehrer gehandelt habe. Wer diese Berufsgruppe angreife, der greife tatsächlich „uns alle“ an, die Hoffnung und die Vernunft. „Journalisten können warnen, Polizisten können festnehmen – aber wir werden diesem Alptraum niemals entrinnen, wenn den Lehrern die Möglichkeit genommen wird, die kommende Generation gegen jene Propaganda zu impfen, die uns alle zerreißt.“

Fourest fordert einen „Beobachtungsposten der Laizität“

Mit Empörung reagiert Caroline Fourest auf den Kommentar eines Literaturkritikers, der am Morgen nach dem Attentat getwittert hatte, solange Blasphemie erlaubt sei, würde es auch zu solch schrecklichen Todesfällen kommen. Fourest schreibt angesichts dieser Reaktion: „Man weiß nicht, ob man sich übergeben oder weinen soll. Es sind die Mörder, die diese Toten auf dem Gewissen haben – und nicht der Gebrauch unserer Freiheiten. Die Opfer als Henker darzustellen, das wird die wahren Henker dazu ermutigen, weiterzumachen.“ Samuel Paty hatte mit seinen Schülern das Thema Meinungsfreiheit anhand der Mohammed-Karikaturen aus Charlie Hebdo besprochen.
 
Man brauche jetzt endlich einen „Beobachtungsposten der Laizität“, um vergiftende Kampagnen wie jene, die dem Mord an Paty vorangegangen war, auf dem Schirm zu haben und ihre Verbreitung zu unterbinden. „Beginnen wir damit, dass sich alle Schüler und Lehrer gemeinsam den Dokumentarfilm von Daniel Leconte über den Charlie-Hebdo-Prozess und die Karikaturen-Affäre anschauen“, so Fourest. Der Film trägt den Titel „C‘est dur d'être aimé par des cons“ („Es ist hart, von Idioten geliebt zu werden“) und bezieht sich auf einen Satz, der dem Propheten Mohammed von einem Charlie-Hebdo-Cartoonisten in den Mund gelegt wurde. In dem Film werde alles gezeigt, die Kinder würden verstehen, worum es eigentlich geht, so Fourest. „Und die Erwachsenen, die [diese Kinder] weiterhin einer Gehirnwäsche unterziehen wollen, werden wir bekämpfen. Wir werden nicht unsere Köpfe verlieren, weil Irre sie uns abreißen wollen. Wir werden auch weiterhin leben, lachen und nachdenken“, schließt Caroline Fourest, die sich als linke Feministin versteht, ihren Beitrag.

Den ganzen Beitrag von Caroline Fourest können Sie hier (in französischer Sprache) lesen.

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