Senatswahl in Georgia - Freie Fahrt für die Regierung Bidens

Während Anhänger von Donald Trump das Kapitol stürmten, wurde im US-Bundesstaat Georgia eine wichtige Weiche für die politische Zukunft Amerikas gestellt. Bei den Stichwahlen für den Senat gingen nach Medienberichten beide Sitze an die Demokraten. Für die Republikaner wird es jetzt eng.

Raphael Warnock hat es schon geschafft. Endgültig entschieden ist Georgia jedoch noch nicht/ dpa
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Jakob Arnold hospitierte bei Cicero. Er ist freier Journalist und studiert an der Universität Erfurt Internationale Beziehungen und Wirtschaftswissenschaften. 

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In den ersten Tagen des neuen Jahres hat es der US-amerikanische Bundesstaat Georgia nun bereits zwei Mal in die Schlagzeilen geschafft. Zuerst mit einem unglaublichen Telefonat des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump. Dieser hatte am Samstag den Secretary of State von Georgia, Brad Raffensperger, angerufen. Das Amt des Secretary of State ist vergleichbar mit dem eines Innenministers.

Eine Aufgabe des Amtes ist die Leitung von Senats- und Präsidentschaftswahlen im eigenen Staat. Donald Trump, der immer noch die Niederlage gegen seinen Herausforderer Joe Biden auf einen angeblichen Wahlbetrug schiebt, wollte aus diesem Grund den Wahlleiter Raffensperger sprechen. Trump sagte, es sei doch nichts dabei, wenn man in Georgia verkünde, dass man die Stimmen neu ausgezählt habe und jetzt Trump der Sieger sei. „Alles was ich will, ist, dass Sie 11.780 Stimmen finden.“ verlangte er. Eine erstaunlich genaue Zahl an Stimmen, die Trump „finden“ lassen will.

Brad Raffensperger, der als Republikaner sogar Trumps Parteifreund ist, widerspricht: „Mr. President, die Zahlen, die Sie haben, sind falsch.“ Tatsächlich hat bisher jedes Gericht die Wahlbetrugs-Vorwürfe von Trumps Anwälten als haltlos abgeschmettert.

Auch Senatoren wurden gewählt

Doch im November wurde nicht nur der Präsident gewählt. In vielen Staaten wurden auch die Vertreter für den Senat neu ausgewählt. So auch im südöstlichen Bundesstaat Georgia. Wie jedem der 50 Staaten stehen auch ihm zwei Sitze im Senat zu. Wie viele andere Staaten im Süden der USA gilt auch Georgia traditionell als republikanische Hochburg. Nur selten haben die Demokraten hier Chancen auf einen Sieg. So gelang es erst Joe Biden, die Wahlmänner Georgias für sich zu gewinnen, nachdem die Sitze seit Bill Clintons Erfolg im Jahr 1992 immer an Republikaner gingen.

Vor der jetzigen Wahl besetzten daher auch zwei Republikaner die Senatssitze des Staates. David Perdue und Kelly Loeffler. Letztere kam lediglich zu ihrem Sitz, nachdem ihr Vorgänger gesundheitsbedingt zurückgetreten war und der republikanische Gouverneur Georgias sie zur Nachfolgerin ernannte. Sie musste sich also bisher keiner Wahl stellen und ist erst seit genau einem Jahr vereidigt.

Beide Demokraten haben gewonnen

In der Wahl im November trat David Perdue gegen Jon Osoff an, und Kelly Loeffler wurde von Raphael Warnock herausgefordert. In beiden Wahlen konnte keiner der Kandidaten die nötige absolute Mehrheit von 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, da auch weitere unabhängige Politiker sich zur Wahl stellten, die einige Prozente auf sich vereinen konnten. Deshalb kam es am 5. Januar zu den beiden Stichwahlen um die Senatssitze.

Mittlerweile wurden beide Rennen für entschieden erklärt. Raphael Warnock und Jon Ossoff ist der sogenannte „Flip“ gelungen. Warnock konnte Kelly Loeffler den Sitz streitig machen und wird als erster Schwarzer den Staat Georgia als Senator vertreten. Auch das Duell zwischen Perdue und Osoff ist entschieden. Nach Medienberichten hat Ossoff das Rennen gewonnen und wird mit 33 Jahren als jüngster Senator aller Zeiten den Staat Georgia vertreten. 

Warum sind die Wahlen wichtig?

Zusammen mit dem Repräsentantenhaus bildet der Senat die amerikanische Legislative. Häufig wird der Verbund aus beiden Kammern auch als Kongress bezeichnet. Der Senat tritt als politische Vertretung der 50 Staaten der USA auf und muss zu vielen Gesetzesentwürfen, aber auch zu personellen Entscheidungen befragt werden.

Etwa bei der Besetzung der Richter des Obersten Gerichtes – dem Supreme Court – muss der Senat den Vorschlag des Präsidenten bestätigen. So konnten die Republikaner im letzten Amtsjahr Barack Obamas verhindern, dass der Präsident eine Vakanz im Supreme Court füllt, da sie den Senat kontrollierten. Der Senatsführer Mitch McConnell argumentierte damals, dass ein Präsident ein Jahr vor der nächsten Wahl nicht mehr Richter bestimmen solle. Es gelte abzuwarten, wie sich die Bürger bei der nächsten Wahl entscheiden.

Als Präsident Trump kurz vor seiner Abwahl noch schnell die Richterin Amy Coney Barrett ans Oberste Gericht berufen ließ, muss McConnell seine Vorbehalte vergessen haben. Dieses Mal sah er kein Problem darin, dass Trump kurz vor der Präsidentschaftswahl noch einen Richterplatz füllte.

Gleichstand reicht den Demokraten

Ohne Georgia sitzen im Senat derzeit 50 Republikaner und 48 Demokraten. Jetzt, da es den Demokraten gelungen ist, beide Sitze in Georgia zu gewinnen, herrscht ein perfektes Gleichgewicht von 50:50 zwischen Demokraten und Republikanern im Senat. Bei einem Unentschieden im Senat hat stets der Vizepräsident die letzte Stimme. So wäre Bidens Stellvertreterin Kamala Harris bei vielen Abstimmungen das Zünglein an der Waage.

Der Senat könnte schon bald relevant werden, wenn Joe Biden die Minister seines Kabinetts vorschlagen wird. Diese müssen auch von den Senatoren abgesegnet werden. Wäre der Senat weiter republikanisch dominiert geblieben, hätte er Joe Biden bereits bei der Zusammensetzung seiner Regierung die ersten Steine in den Weg legen können. Bei ersten Gesetzesinitiativen wären die nächsten gefolgt. 

Nun jedoch kontrollieren die Demokraten mit dem Präsidentenamt, dem Repräsentantenhaus und dem Senat alle drei Regierungsinstitutionen der Vereinigten Staaten. Zu Trumps Amtsantritt waren sie noch komplett republikanisch dominiert. Joe Biden wird daher mit dem Rückenwind aus dem Kongress bequem regieren können. Das heißt jedoch auch, dass es für ihn keine Ausreden geben wird. 

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