Der schwedische Sonderweg - „5.000 Tote sind ungeheuerlich. Warum gehen wir nicht auf die Straße?"

Steuert Schweden in der Coronakrise auf eine Katastrophe zu, weil es die Bürger verlernt haben, Entscheidungen des Staates in Frage zu stellen? Mit dieser provokanten These hat sich die Schriftstellerin Elisabeth Asbrink verhasst gemacht.

Hat Schwedens Regierung das Vertrauen der Bürger in den Sonderweg verspielt? / dpa
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Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Lange galt der schwedische Weg in der Corona-Krise auch hierzulande als letzte Hoffnung für die Kritiker eines Lockdowns. Bewiesen die Schweden nicht, dass sich das Virus auch ohne Ausgangsbeschränkungen eindämmen ließ? 

Inzwischen hat Covid-19 über 5.000 Schweden das Leben gekostet, gemessen an der Bevölkerung sind das fast so viele wie in Spanien. Und  es mehren sich Stimmen derer, die fragen, ob Schwedens Staatsepidemiologe Anders Tegnell das Land nicht auf einen gefährlichen Irrweg geführt hat. 

Vergleiche mit Hitler 

Laut Kritik zu äußern, das kostet allerdings seinen Preis. Diese Erfahrung hat die prominente schwedische Autorin Elisabeth Asbrink gemacht. Sie werde jetzt mit Hitler verglichen und sogar von Freunden aus dem eher linken Milieu geschnitten hat sie dem Spiegel in einem Interview erzählt. Was ist passiert? 

Schon Ende März hatte sie in einem Essay für die Tageszeitung Dagens Nyheter die provokante Frage gestellt, ob die Schweden die Augen vor der Gefahr verschlossen haben, weil sie im Gegensatz zu ihren norwegischen, dänischen und finnischen Nachbarn nicht an Katastrophen gewohnt seien und auch im Zweiten Weltkrieg nicht viel zu leiden gehabt hätten.  

Die Schweden haben verlernt zu streiten

Als Bullerbü, so wird Schweden nicht nur in der Welt wahrgenommen. So sehen die Schweden ihr Land auch selbst. Die Bürger hätten „eine lange Tradition des Vertrauens in den Staat, sagt Asbrink. Er und seine Behörden seien so etwas wie die Eltern der Schweden. „Die Menschen sind daran gewöhnt und mögen es.“ Sie kämen nicht auf die Idee, seine Entscheidungen in Frage zu stellen. Sie hätten es verlernt, zu streiten. 

Das sei ihr bewusst geworden, als sie versucht hätte, eine kritische Debatte über den schwedischen Weg zu eröffnen. „5.000 Tote sind ungeheuerlich. Es ist ein Skandal. Ich verstehe nicht, warum wir in Schweden nicht auf die Straße gehen und demonstrieren.“ Viele Leser hätten sich bei ihr bedankt. Einige seien aber auch völlig durchgedreht, sagt Asbrink. Offenbar hätten sie nicht hören wollen, dass sie jetzt den Preis für ihr Vertrauen in den Staat, zahlen müssen. Die Zahl der Neuinfektionen steige weiter deutlich an. Schwedens Sonderweg treibe das Land international in die Isolation. 

Dafür bekomme jetzt auch die Regierung die Quittung. Die Tage der regierenden Sozialdemokraten seien gezählt. „Vermutlich kommen die Kräfte auch, die auf einen ethnisch geprägten Nationalismus setzen.“ 

Das vollständige Interview lesen Sie hier. 

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