Cicero im Juni - Der russische Problembär

Krim-Annexion, Sanktionen, Syrien-Konflikt: In den vergangenen Jahren haben sich der Westen und Russland entfremdet, die Atmosphäre erinnert an Zeiten des Kalten Krieges. Vor der Fußball-WM gehen wir in der aktuellen Cicero-Ausgabe der Frage nach, wie es so weit kommen konnte

Der Schein trügt: Zwischen Deutschland und Russland herrscht Eiszeit / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Es gab eine Zeit, da verheirateten sich europäische Königshäuser und die russische Zarenfamilie untereinander, die kulturellen Verbindungen waren eng, die Mentalitäten und Menschen sich nah. Fjodor Dostojewski hat in seinem brillanten Kleinod „Der Spieler“ dieser Phase 1867 ein Denkmal gesetzt. Sein fiktives Roulettenburg ist eine Hommage an das Kurstädtchen Baden-Baden, dem russische Dauergäste seit jeher ein eigenes, mondänes Flair gegeben haben.

Dann kamen die Weltkriege, schließlich der Kalte Krieg, Chruschtschow drosch einmal mit dem Schuh aufs Pult der Vereinten Nationen in New York. Aber jenseits der Kubakrise etablierte sich ein vergleichsweise stabiles Gleichgewicht des Schreckens zwischen dem amerikanisch geführten Westen und dem russisch dominierten Osten. Bis Gorbatschow kam und der Mauerfall und die Strick­jacken- und Saunapolitik des Helmut Kohl.

Neuer Kalter Krieg

In den vergangenen zehn Jahren aber haben sich der Westen und Russland entfremdet. Die Nato expandierte Richtung Osten, Russland verleibte sich die Krim ein. Mit seiner törichten Äußerung von der „Regional­macht“ Russlands demütigte und reizte der amerikanische Präsident Barack Obama ohne Not Wladimir Putin, der seither alles tut, um dem Westen geopolitisch das Gegenteil zu beweisen. Russland wiederum wird mit Sanktionen belegt und darf zugleich in den nächsten Wochen die Weltmeisterschaft des größten Massensports des Westens ausrichten.

Wie konnte sich alles so verkanten? In einem persönlichen Essay schildert unser Autor Moritz Gathmann mit leiser Wehmut, wie es zu dieser politischen und kulturellen Entfremdung kam und was getan werden kann, um ihr entgegenzuwirken. Gathmann war viele Jahre Korrespondent in Moskau und ist nach wie vor eng verbunden mit Land und Leuten, ohne dabei seinen kritischen Blick zu verlieren.

Alexander Marguier bat den CDU-Außenpolitiker und Russlandkritiker Norbert Röttgen zum Streitgespräch mit dem Putin-Intimus Wladimir Jakunin. Die Debatte der beiden, respektvoll und doch immer wieder konfrontativ, veranschaulicht, dass bei allem Bemühen um wechselseitiges Verständnis gemeinsamer Boden erst wieder errungen werden muss.

Dieser Text stammt aus der Juni-Ausgabe des Cicero, die Sie ab morgen am Kiosk oder heute schon in unserem Onlineshop erhalten.

Darin lesen Sie außerdem, wieso noch immer jeden Monat Tausende Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Mittlerweile haben sich jedoch die Routen geändert, stellt Christoph Wöhrle fest.

Petra Reski berichtet darüber, wie die Kreuzfahrttouristen Venedig, Barcelona und Dubrovnik langsam ruinieren.

Bikesharing Anbieter fluten deutsche Großstädte momentan mit Fahrrädern. Andrea Reidl hat dieses Chaos für uns genauer untersucht.

Und: Christoph Schwennicke hat ein Gespräch mit dem umstrittenen Journalisten Matthias Matussek geführt. In dem hitzigen Gespräch geht es um die Grenze zwischen Aktivismus und Journalismus, aber auch darum, welches das beste Riff der Rockgeschichte ist. 

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