Internationale Presseschau zur Wahl Ursula von der Leyens - „Auf dem Papier perfekt geeignet“

Ursula von der Leyen wurde als erste Frau an die Spitze der EU-Kommission gewählt. Wie reagiert die Internationale Presse auf ihre Wahl?

Die Kanzlerin gratuliert Ursula von der Leyen zur Wahl als EU-Kommissionspräsidentin. Doch was sagt die Presse? / picture alliance
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Hier finden Sie Nachrichten und Berichte der Print- und Onlineredaktion zu außergewöhnlichen Ereignissen.

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Österreich, Der Standard, Thomas Mayer
„Sie übersprang mit 383 Stimmen die für eine Bestätigung nötige Hürde um nur neun Stimmen. Das wird nicht reichen, um in den nächsten Jahren tragfähige Mehrheiten im Parlament zu bilden, wenn es um große Reformen geht, um die vielen Versprechungen, die sie gemacht hat. Als Erstes wird die Kommission ein Hauptprojekt angehen müssen: die Spaltungen überwinden, neues Vertrauen aufbauen.“

Schweiz, NZZ, Andreas Ernst
„Sie ist eine in der Wolle gefärbte Europäerin und wurde wohlwollend auch schon als ‚postnationale Deutsche‘ bezeichnet. Davon zeugen ihre weltläufige Biografie, aber auch ihre kulturelle und gesellschaftliche Gewandtheit, die sie in verschiedensten Umgebungen mit unterschiedlichen Menschen einbringen kann. Sie ist ein großes Talent, wenn es darum geht, Politik zu erklären, medial darzustellen und begreifbar zu machen. Davon kann Brüssel zweifellos profitieren. Auch wenn manchen ihr wie ‚ins Gesicht gemeißeltes Strahlen‘ auf die Nerven geht – vielleicht hellt es die verblassten europäischen Sterne etwas auf.“

Frankreich, Le Monde, Alberto Alemanno
„Nach mehr als fünfwöchigen schwierigen Diskussionen haben die europäischen Staats- und Regierungschefs am 2. Juli eine überraschende Einigung über die Namen der Schlüsselpositionen in der Europäischen Union erzielt. Die Nominierung von von der Leyen ist ein Schlag ins Gesicht des Europäischen Parlaments und der 51 Prozent der europäischen Wähler, die sich die Mühe gemacht haben, im vergangenen Mai abzustimmen.“

Spanien, El País
„Unter vielen illiberalen und reaktionären Abgeordneten des Europäischen Parlaments weckte die Rede der Kandidatin Bedenken, von den sozialdemokratischen und liberalen Kritikern wurde sie hingegen beglückwünscht. Die Rede vom Dienstag markiert einen entscheidenden Moment auf dem Weg der Union. Das Parlament, das – angesichts seiner Gewohnheit, die Befugnisse bei jeder Gelegenheit auszuweiten – von den Regierungen abgelehnt worden war, erhielt die Initiative zurück. Von der Leyen verpflichtete sich, eine Konferenz einzuberufen, um die Verträge neu zu lesen, das Spitzenkandidaten-System zu reaktivieren und in der Praxis ein uneingeschränktes Initiativrecht für die Kammer anzuerkennen.“

Großbritannien, The Times
„Die deutsche Verteidigungsministerin ist auf dem Papier perfekt für diese Aufgabe geeignet. Sie spricht gut Englisch und besser Französisch. Sie ist als politische Akteurin klug genug, um 14 Jahre im Kabinett von Angela Merkel überlebt zu haben – länger als alle anderen – und ist gut positioniert, um zwischen Berlin und Paris zu triangulieren, wo Präsident Macron einer ihrer prominentesten Anhänger ist.“

Italien, Corriere Della Sera, Paolo Valentino
„Ob Bilderberger Gruppe, Welt-Wirtschafts-Forum in Davos oder Sicherheitskonferenz in München – von der Leyen ist immer an der Spitze der Teilnehmerliste. Dank dieser Bekanntschaften und ihrer Expertise hat sie ein riesiges Beziehungsnetz geknüpft, dass es ihr ermöglicht, mit den Staats- und Regierungschefs in allen Teilen der Welt auf Augenhöhe zu kommunizieren. Unter ihren Bewunderern sind Emmanuel Macron und der ehemalige (und wahrscheinlich zukünftige) österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz. In Deutschland ist von der Leyen stark mit der Welt der Wirtschaft verbunden. Liz Mohn, die Matriarchin von Bertelsmann, Europas größtem Medienkonzern, ist eine Familienfreundin. Und die Beziehung zu Angela Merkel wird für sie von großem Nutzen sein, zumindest für die Zeit, in der Merkel im Kanzleramt bleibt.“

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