Corona-Filmproduktion in Australien - Von Hollywood nach Aussiewood

Australiens Regierung hat den Pandemie-Erfolg genutzt, um aufwendige Hollywood-Produktionen nach Down Under zu holen. Inzwischen haben unzählige Hollywoodstars eine zweite Heimat in Australien gefunden. Doch die Verärgerung der Einheimischen ist groß.

Australien wird als Drehort für Hollywood-Produktionen immer attraktiver / dpa
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Barbara Barkhausen arbeitet als Australien-Korrespondentin für TV-Sender, Radiosender und Zeitungen in Sydney. 

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Byron Bay – ein idyllischer Strandort zwischen Sydney und Brisbane – war schon immer beliebt bei den Reichen und Schönen. Nicht umsonst hat „Thor”-Star Chris Hemsworth dort ein 20-Millionen-Dollar-Haus. Doch auch andere Hollywood-Stars jetten immer häufiger von Los Angeles nach Down Under, um wie Matt Damon in Byron Bay zu flanieren, wie Idris Elba in Sydney Party zu machen oder wie Nathalie Portman im Blue Mountains Nationalpark wandern zu gehen.

Und sie sind bei Weitem nicht die einzigen: Zac Efron teilt sein Camping-Abenteuer Down Under auf Instagram, und auch Mark Wahlberg und Julia Roberts sind nach Australien gekommen, um ein Covid-freies und damit relativ normales Leben zu genießen. Denn aufgrund strenger Quarantänemaßnahmen, lokaler Lockdowns und (theoretisch) geschlossener Grenzen registriert der fünfte Kontinent nur noch selten Covid-19-Fälle.

Alltag ohne Covid

Dass sich so viele Hollywood-Stars in Australien tummeln, hat auch damit zu tun, dass Australien sich bereitwillig als Film-Location anbot, als die Pandemie um die Jahreswende besonders schlimm in Los Angeles wütete und Filmsets nicht mehr zur Verfügung standen, wo Menschen oft auf engem Raum und mit Körperkontakt arbeiten. Bereits damals sagte Kate Marks, die Geschäftsführerin der lokalen Regierungsbehörde Ausfilm, die internationale Filmproduktionen unterstützt und Büros in Sydney und den USA hat, vor einem parlamentarischen Ausschuss, der internationale Scheinwerfer sei derzeit auf Australien ausgerichtet. Aufgrund der geringen Covid-Verbreitung und eines 400-Millionen-Dollar-Stimuluspakets der Regierung „betrachtet die Welt Australien jetzt als Ziel für die Produktion hochwertiger internationaler Bildschirminhalte“.

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Gedreht werden in Australien gerade ein Netflix-Science-Fiction-Film namens „Escape From Spiderhead“ mit Chris Hemsworth, ein Film mit dem Titel „Thirteen Lives“ über die Rettung der thailändischen Fußballmannschaft aus der Höhle, „Thor: Love and Thunder“ mit Stars wie Matt Damon oder „Blacklight“ mit Liam Neeson. Für letzteren Film wurden anscheinend einige spektakuläre Verfolgungsjagden in Australiens verschlafener Hauptstadt Canberra gedreht, die dort für Aufregung sorgten. Auch die australische Hollywood-Schauspielerin Nicole Kidman ist mit Ehemann Keith Urban zusammen in ihr Heimatland zurückgekehrt, um die Hulu-Serie „Nine Perfect Strangers“ zu drehen.

Sam Neill als Reiseführer

Hollywood ist umgezogen, und wie ein lokaler Entertainment-Reporter der BBC verriet, nennen die Stars ihre neue Heimat inzwischen „Aussiewood“. Doch das neue Hollywood Down Under hat einige der Einheimischen inzwischen stark verärgert. Als der beliebte neuseeländische Schauspieler Sam Neill über Ostern ein Foto von sich mit seinem „Jurassic Park“-Co-Star Jeff Goldblum auf Twitter lud und scherzend dazu kommentierte, „Jeff Goldblum wurde gestern mit einem billigen Reiseführer in Sydney gesichtet“, reagierten viele Internetnutzer mit Verärgerung. „Genießt ihr Sydney?“, schrieb ein Internetnutzer. „Ich frage für 40.000 gestrandete Aussies, die nicht nach Hause in ihr Land kommen können, nachdem sie seit zwölf Monaten ohne Unterstützung oder Essen oder auch nur ein Dach über ihrem Kopf leben.“

Denn viele Australier, die im Ausland leben und während der Pandemie eigentlich zurück in ihre Heimat kommen wollten, tun sich schwer, nachdem die Anzahl der Passagiere, die pro Woche in den großen Zentren wie Sydney oder Melbourne ankommen dürfen, begrenzt ist. Zudem sind Tickets und die staatlich vorgeschriebenen Quarantänehotels extrem teuer, was bedeutet, dass nicht jeder sich das leisten kann. Dazu kommt, dass Reisende immer wieder umgebucht werden und selten den Flug nehmen können, den sie eigentlich ins Auge gefasst hatten. Aufgrund der geringen Passagierzahlen, die die Flieger nach Australien bringen können, bevorzugen die Fluglinien First Class- und Business Class-Passagiere.

„Das Geld regiert“

Dass ausländische Stars dagegen ohne Probleme einreisen dürfen und teilweise die Quarantänezeit sogar in privaten Anwesen verbringen dürfen, ärgert viele. „Das Geld regiert“, schrieb ein weiterer Internetnutzer beispielsweise unter den Tweet von Sam Neill. „Sie können gecharterte Flüge zahlen, extra Personal, private Krankenpfleger und Unterkunft...“ Dafür könne man aber weniger den Stars die Schuld geben als vielmehr der australischen Regierung.

Eine Gruppe Australier ist über die mangelnde Unterstützung der Regierung und die Hindernisse, die diese zum Schutz ihrer Bevölkerung vor der Pandemie eingerichtet hat, so verärgert, dass sie sogar eine Menschenrechtsbeschwerde bei  den Vereinten Nationen (UN) eingereicht hat. Doch eine Rechtsexpertin der Universität von New South Wales in Sydney hat wenig Hoffnung, dass diese Erfolg haben könnte. Sie listete bereits im Februar einige Gründe auf, die dagegen sprechen und schrieb in einem Aufsatz für das akademische Magazin „The Conversation“: „Australien hat eine ziemlich konsistente Erfolgsbilanz darin, den Ergebnissen des Ausschusses nicht zuzustimmen.“ Das Land habe sich bereits häufiger geweigert, UN-Empfehlungen zu folgen. Als Beispiel nannte sie den Umgang mit Asylbewerbern in Australien.

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