Rassismus in der FPÖ - Von Ratten und Migranten

Weil er Migranten in einem Gedicht mit Ratten verglichen hat, musste der stellvertretende Bürgermeister der österreichischen Stadt Braunau, Christian Schilcher (FPÖ), von seinem Amt zurücktreten. Sogar seine eigene Partei hat den Politiker fallen gelassen – wenn auch erst auf Druck des Kanzlers

Unter Druck: Österreichs Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zeigte Flagge gegen Rassismus / picture alliance
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Braunau ist ein pittoreskes Städtchen in Oberösterreich, 17.1000 Einwohner. In Braunau steht das Geburtshaus von Adolf Hitler, aber das ist nicht der Grund dafür, warum Braunau an Ostern wieder in den Fokus der Medien gerückt ist. Braunau wird heute von der FPÖ regiert, aber wie weit ist die FPÖ von Hitler entfernt? Diese Frage hat ein Bericht im österreichischen Standard aufgeworfen. 

Gerade wurde bekannt, dass Braunaus stellvertretender Bürgermeister Christian Schilcher (FPÖ) nicht nur von seinem Amt zurückgetreten ist und die Partei verlassen hat, sondern auch die Regierungskoalition auf die Probe gestellt hat. Corpus Delicti ist ein Gedicht, das der lyrik-affine Politiker an Ostern im Parteiblatt der FPÖ Braunau veröffentlicht hatte. Er hat es einem Nagetier „mit Kanalisationshintergrund“ gewidmet: der Stadtratte. 

„Tief unten, dort in meinem Stollen, 
wo wir Ratten leben wollen;
wo nur wir zu Hause sind, 
Rattenvater, Rattenkind,
ICH wohn' hier mit meiner Frau
Rattenmutter und genau 
so, wie wir hier unten leben;
müssen and're Ratte eben,
die als Gäst' oder Migranten;
auch die, die wir noch gar nicht kannten,
die Art zu leben mit uns teilen!
Oder rasch von dannen eilen!" 

Dieses Gedicht, das in weiteren Strophen auch ein Bekenntnis zur Heimat fordert und sich gegen die „Vermischung von Kulturen und Sprachen“ richtet, hat die Frage aufgeworfen, was für ein Menschenbild die FPÖ hat, die in Österreich zusammen mit dem Koalitionspartner ÖVP eine Regierung bildet. Wurden Ratten nicht schon im Dritten Reich als Synonyme für Juden verwendet?  Und war es jetzt wieder legitim, Menschen mit Ratten zu vergleichen, um gegen Migranten zu hetzen? 

„Ja“, befand Schilcher. „Ich wollte schlicht aus Sicht eines Tieres, das eine Stadt von unten beobachtet, Veränderungen beschreiben, die ich und andere durchaus zu Recht kritisieren.“ „Nein“, befand Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). „Die getätigte Wortwahl ist abscheulich, menschenverachtend sowie zutiefst rassistisch und hat in Oberösterreich und im ganzen Land nichts verloren.“ Als Reaktion darauf gab Vizekanzler Heinz-Christian Strache den Rücktritt von Schilcher bekannt. Ein Machtwort – und seine Folgen. 

 

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