Ermittlungen in der Russland-Affäre - Haben Clinton-Vertraute Trump bespitzelt?

Im Zuge einer Untersuchung zu den Ursprüngen der Russland-Affäre gibt es eine Anklage gegen Vertraute von Hillary Clinton. Im Anklagetext des Sonderermittlers John Durham steht, die Clinton-Vertrauten hätten sich Zugang zu Servern des Trump-Teams verschafft, um daraufhin Trump mit Putin in Verbindung zu bringen. Die Russland-Affäre fällt mehr und mehr auf die Demokraten zurück.

Auch von Trump-Gegnern respektiert: Sonderermittler John Durham / dpa
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Gregor Baszak ist freier Journalist und lebt in Chicago. Er publizierte unter anderem in The American Conservative, Makroskop und UnHerd.

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Kaum hatte Donald Trump erst fälschlicherweise damit geprahlt, dass seine Vereidigungszeremonie am 20. Januar 2017 die meisten Zuschauer in der Geschichte hatte, da schob er bald darauf eine weitaus sensationellere Behauptung hinterher: Am 4. März desselben Jahres tweetete er, er habe herausgefunden, dass sein Amtsvorgänger Barack Obama den Trump Tower in New York bespitzelt habe. Es wäre definitiv ein Riesenskandal, wenn es stimmte, doch die amerikanischen Medien werteten die Behauptung sofort als Lüge.

Und wenn doch etwas dran war?

Diese Möglichkeit steht jetzt im Raum, nachdem der Sonderermittler John Durham in einem Antrag ans Bezirksgericht in Washington D.C. behauptete, mehrere Personen und Firmen, die mit der Wahlkampagne von Hillary Clinton in Verbindung standen, hätten sich Zugriff auf Server-Daten im Trump Tower verschafft. Laut Durham war das Ziel, ein „Narrativ“ zu kreieren, das den damaligen Kandidaten Trump mit der russischen Regierung in Verbindung bringen sollte. Auf gewohnte Trump’sche Art schoss der damalige Präsident am Ziel vorbei, denn Obama selbst ist damit entgegen Trumps Tweet nicht impliziert, doch wirft Durhams Vorwurf die Möglichkeit auf, dass eine politische Wahlkampagne – womöglich mithilfe staatlicher Behörden – eine gegnerischen Kampagne bespitzelt hätte.

Ex-FBI-Chef Robert Mueller fand keine Belege für die Trump-Russland-Verbindung

Durham war im Jahr 2019 von Trumps Justizminister Bill Barr zum Sonderermittler ernannt worden, um die Ursprünge der Russland-Affäre zu untersuchen, bei der gegen Trump oft nicht weniger sensationelle Vorwürfe erhoben wurden: Er sei quasi ein Spion Putins, um als dessen Marionette im Weißen Haus Politik im Sinne Russlands zu machen. Der prominente Journalist Jonathan Chait war dabei so weit gegangen, zu behaupten, Trump könnte möglicherweise schon 1987 von russischen Geheimdiensten rekrutiert worden sein. Und ein berüchtigtes Dossier, das von dem ehemaligen britischen Geheimdienstagenten Christopher Steele verfasst wurde, zeichnete das Bild eines erpressbaren Trumps, da Putin vermeintlich im Besitz eines Videos sei, das Trump dabei zeige, wie er russischen Prostituierten dabei zusah, wie sie in ein Bett in einem Moskauer Hotel urinierten, in dem zuvor Barack Obama übernachtet habe.

Bei solchen Unterstellungen war es kein Wunder, dass die Nachrichtensender CNN und MSNBC mit ihrer sensationsheischenden Berichterstattung zu den Vorwürfen mehrere Jahre lang Rekordeinschaltquoten erreichten und dass sich die Trump-Regierung erheblich unter Druck gesetzt fühlte. Schon im Frühling 2017 berief das Justizministerium den ehemaligen FBI-Chef Robert Mueller als Sonderermittler, um den Vorwürfen auf den Grund zu gehen. Als Mueller schließlich Anfang 2019 seinen heiß erwarteten Bericht vorlag, fand er keine Belege für die Trump-Russland-Verbindung.

Ein Berufsbeamter mit hervorragendem Ruf

Auf den einen Sonderermittler folgte unmittelbar der nächste. Selbst die Trump gegenüber sonst so feindlich eingestellte Washington Post gestand schnell ein, dass mit der Berufung Durhams ein Berufsbeamter mit „hervorragendem Ruf“ die Untersuchung übernommen habe. Und Durham lieferte auch bald schon eine erste Anklage – nämlich gegen den gebürtigen Russen Igor Danchenko, der Steele falsche Aussagen zugespielt haben soll, auf deren Grundlage der britische Agent daraufhin sein berühmtes Dossier verfasste. Die Ironie war vollkommen: Die Russland-Affäre, die wie ein Alb auf Trump gelastet hatte, fand ihren Ursprung tatsächlich in den Aktivitäten russischer Staatsbürger – im Auftrag der Clinton-Kampagne nämlich, die die Erstellung des Steele-Dossiers maßgeblich finanziert hatte. Danchenko wies die Vorwürfe zurück und erklärte sich für unschuldig.

Durhams neuester gerichtlicher Antrag fand im Zuge seiner Anklage gegen den Rechtsanwalt Michael Sussmann statt, der die Clinton-Kampagne im Wahlkampf 2016 vertrat und im selben Jahr dem FBI Informationen über vermeintliche Russlandverbindungen Trumps zugespielt hatte. Durham wirft Sussmann vor, das FBI angelogen zu haben, als er behauptete, die Informationen im eigenen Auftrag und nicht in dem irgendwelcher politischer Akteure weitergegeben zu haben. Denn, so Durhams Vorwurf, Sussmann habe verheimlicht, vom Clinton-Team angestellt worden zu sein und in diesem Kontext Oppositionsforschung an die Bundespolizei weitergegeben zu haben. Bundesbeamte zu belügen, ist eine Straftat, die mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet wird. Auch Sussmann erklärte sich für unschuldig.

Es scheint nicht das Ende der Ermittlungen zu sein

Jetzt bat Durhams Ermittlerteam den vorsitzenden Richter im Sussmann-Verfahren, Interessenkonflikten seines Verteidigungsteams auf den Grund zu gehen, da Sussmanns Anwälte wohl auch andere in der Ermittlung implizierte Personen vertreten haben soll. Im Zuge von Durhams Antrag wurde die Behauptung von Sussmanns Zugriff auf Serverdaten Trumps wiederholt und um mehrere Details erweitert, ohne jedoch neue Sensationen zutage zu fördern.

Der konservative Nachrichtensender Fox News hingegen berichtete sensationsheischend, Durham habe dem Clinton-Team eine „Infiltrierung“ der späteren Trump-Administration vorgeworfen, eine irreführende Behauptung von der nichts im Gerichtsantrag steht.

Nun werden die Prozesse gegen Danchenko und Sussmann mit großer Spannung erwartet. Denn dann muss das Team um Durham seine Beweise offenlegen. Ob Durham noch weitere Anklagen gegen Clinton-Vertraute erheben könnte, steht auch noch im Raum. Es wirkt nicht so, als sei er am Ende seiner Ermittlungen. Die Biden-Regierung scheint Durham nicht im Wege zu stehen, was wohl auch das Resultat politischen Drucks ist: Denn würde Biden Durham den Geldhahn abdrehen, würde die republikanische Opposition im Kongress gewiss auf die Barrikaden gehen.

Der Kollaps des Russland-Narrativs ist eine Blamage für die Medien

Noch lange bevor Trump sich über vermeintliche Fälschungen bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2020 ausließ, führte die weithin publizierte Russland-Affäre dazu, dass laut einer Umfrage des YouGov-Instituts aus dem Jahr 2018 fast zwei Drittel aller Demokraten in den USA glaubten, die russische Regierung habe 2016 aktiv zugunsten Trumps Stimmen gefälscht. Hillary Clinton selbst fand die Schuld für ihre Wahlniederlage allerorten, nur nicht bei sich. Schuld gewesen seien nämlich neben Putin der ehemalige FBI-Chef James Comey, ihre eigenen Parteikollegen der Demokratischen Partei – sowie „Fake News“-Artikel mazedonischen Ursprungs. Es scheint, als gäbe es im amerikanischen Politzirkus kaum jemanden mehr, der eine einfache Niederlage als solche auch eingestehen kann. Die tiefen Gräben, die seit mehreren Jahren das Land spalten, werden dadurch nicht gekittet werden können.

Doch wo Trump nicht einmal von Fox News sonderlich viel Schützenhilfe erwarten kann, um seine Vorwürfe der Wahlmanipulation zu verbreiten, hielten sich die anderen großen Nachrichtensender und Zeitungen selten mit Sensationsmeldungen um eine vermeintliche Trump-Putin-Verschwörung zurück. Der völlige Kollaps dieses Narrativs ist nämlich vor allem für die Medien eine Blamage, die sich zwar für ein paar Jahre gegenseitig mit Journalistenpreisen für vermeintliche Enthüllungen im Rahmen der Russland-Affäre überschütteten, aber jetzt vor dem endgültigen Vertrauensverlust seitens der amerikanischen Öffentlichkeit stehen. Denn wozu nach Mazedonien schielen, wenn die Nachrichten daheim oft genug selbst fake sind?

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