Coronavirus in den USA - In der Krise verunsichert Trump die Amerikaner

Das Coronavirus macht auch vor den mächtigsten Nationen nicht halt. Nach Präsident Trumps Ansprache an die Nation und dem ab heute verhängten Einreisestopp aus Europa hat sich sich etwas verändert in den USA. Auch der Wahlkampf der Demokraten bleibt nicht unbeeinflusst vom Coronavirus.

Ist Präsident Trump den Herausforderungen der Corona-Krise gewachsen? / picture alliance
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Autoreninfo

Daniel C. Schmidt ist freier Reporter. Er studierte in Manchester und London (BA Politics & Economics, MSc Asian Politics) und lebt zur Zeit in Washington, D.C.. Schmidt schreibt über Pop, Kultur und Politik.

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Wer dieser Tage in Washington, D.C. morgens das Inforadio anstellt, hört es nicht selten erst einmal rauschen. Wie Wasserfälle stürzen die Märkte dieser Tage in den Durchsagen neuen Tiefen entgegen. Zur vollen Stunde werden erst die Wertverluste an der Wall Street verkündet, dann das Wetter. Noch stehen die Vorhersagen nicht auf Sturm, aber richtig gut klingen die Aussichten für die USA nicht.

Nach seiner Ansprache an die Nation am Mittwochabend musste die Trump-Regierung erst einmal ein paar Aussagen korrigieren. Der angekündigte Einreisestopp, der am heutigen Freitag, den 13., in Kraft tritt, gelte nicht für Frachtgüter und Waren, nur für Personen; die von Trump angekündigte Aufhebung der Praxisgebühr durch Krankenversicherungen für Behandlungen entpuppte sich bloß als Aufhebung der Eigenanteils für Tests für das Virus.

Trump sorgt für mehr Fragen als Antworten

Das waren sprachliche Kleinigkeiten, ein falsches Wort hier, ein falsches Wort da. Zusammengenommen mehrte das jedoch einmal mehr den Eindruck, dass das Krisenmanagement bei Donald Trump womöglich nicht in den richtigen Händen liegen könnte. Bevor er seine Ansprache gehalten hatte, stufte die WHO das Virus als weltweite Pandemie ein.

In Krisensituationen wie diesen ist der US-Präsident dazu da, Zuversicht und Ruhe zu stiften. Herr der Lage zu sein, erwarten Amerikaner von ihrem Commander-in-Chief. Wie er mit solchen Momenten umgeht, sagt auch immer etwas über seine Führungsqualitäten aus. In Krisen steckt Klarheit, schrieb der New Yorker am Tag danach – aufklärerisch hätte seine Rede sein sollen, stattdessen warf sie weitere Fragen auf. Seine Worte sagten mehr über ihn selbst aus als über die zu treffenden Maßnahmen.

Keine Panik oder doch?

Für Millionen Amerikaner, deren Routine das Virus selbst ohne Infektion schon jetzt unterbrochen hat, ist das Rauschen seit der Ansprache aus dem Oval Office lauter geworden. Der Präsident hätte es dimmen können, wenn nicht stillen sollen. Mit der Ansprache ist zwar keine Panik ausgebrochen (außer vielleicht an den Märkten). Und doch hat sie etwas verändert. Die Supermarktregale in der Hauptstadt sahen am Tag danach teilweise wie geplündert aus. Nudeln, Reise, Konserven – plötzlich Mangelware.

Der Rest der NBA-Saison ist vorerst abgesagt worden, das beliebte College-Basketballturnier „March Madness” ebenso, der Beginn der Baseball-Saison wurde verschoben. Konferenzen, Festivals, Konzerte, Theaterstücke, Opernaufführungen, Filmpremieren werden nicht wie geplant stattfinden. Vergnügungsparks und Schulen haben oder werden schließen, Studenten an Universitäten vorzeitig nach Hause geschickt.

„Die Leute sind wirklich überrascht, dass ich dieses Zeug verstehe”

Wie lange dieser Zustand der Ausnahme anhalten wird, weiß niemand, auch nicht, was nach den 30 Tagen Einreisestopp passiert. Ob und wie das amerikanische Gesundheitssystem gewappnet ist, ließ Trump in seiner zehnminütigen Rede offen. Noch am 26. Februar hatte der Präsident gesagt, dass das Risiko für Amerika „sehr niedrig bleibe”.

Vergangenen Freitag, bei einem Besuch beim Zentrum für Seuchenkontrolle (CDC) in Atlanta, hatte Trump vollmundig verkündet, dass er mit allen Wassern gewaschen sei: „Die Leute sind wirklich überrascht, dass ich dieses Zeug verstehe”, sagte Trump vor den anwesenden Reportern. „Jeder der Ärzte hier fragt mich: ‘Woher wissen Sie soviel zu diesem Thema?’ Vielleicht habe ich einfach eine natürlich Gabe.”

Entscheidend für die Präsidentschaftswahl

Inzwischen ist aus der Strategie der Trump-Regierung, das Virus zu kontrollieren, kleinlaut eine Strategie geworden, die bloß auf die Abschwächung der Auswirkungen abzielt. Wie Trump das Volk und das Land in den kommenden Wochen und Monaten durch diese Krise navigiert, dürfte nicht ganz unbedeutend für die Präsidentschaftswahl im November sein. Gerät die bis dato florierende Wirtschaft über panische Verkäufe an der Börse hinaus in Schieflage, dürfte der Fingerzeig Richtung Trump gehen.

„Unglücklicherweise entlarvt das Virus noch einmal die heftigen Unzulänglichkeiten der derzeitigen Regierung”, sagte Joe Biden am Donnerstagabend. „Die Angst der Öffentlichkeit vermischt sich mit dem allgegenwärtigen Mangel an Vertrauen in diesen Präsidenten, der nach wie vor Fakten und der Wahrheit feindlich gesonnen ist.”

Die Corona-Krise ist „wie Krieg”

„Die Krise, vor die uns das Coronavirus stellt, ist in ihrem Ausmaß vergleichbar mit einem wahrhaftigen Krieg, und deshalb müssen wir entsprechend reagieren”, sagte Bernie Sanders am selben Abend in einer Ansprache. Der Vizepräsident unter Barack Obama und der linke Senator aus Vermont schüttelten vergangene Woche noch kräftig Hände, diese Woche haben beide Wahlkampfveranstaltungen abgesagt.

Ihr Rennen um die Demokratische Spitzenkandidatur geht weiter, am Dienstag stehen die nächsten Vorwahlen an. Wahllokale in Ohio, die in mehr als 120 Altersheimen eingerichtet werden sollten, berichtet die Washington Post, seien aus Vorsichtsmaßnahmen umgesiedelt worden. Und um unnötige Flugreise zu vermeiden, ist die nächste TV-Debatte zwischen dem 77 Jahre alten Biden und dem 78 Jahre alten Sanders am Sonntag, die im wichtigen Bundesstaat Arizona hatte stattfinden sollen, nach Washington, D.C. verlegt worden. Sie wird im Studio ohne Publikum ausgestrahlt.

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