Brexit-Chaos - „Dies ist der Beginn der größten Verfassungskrise unseres Lebens“

Theresa Mays Niederlage ist historisch. 432 Abgeordnete im britischen Unterhaus stimmten gegen ihren Brexit-Deal mit der EU, 202 dafür. So bewertet die die britische Presse das Ergebnis

„Mays Ruf ist ruiniert. Sie muss gehen“ / picture alliance
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Guardian, Joseph Harker

Unter Theresa May hat sich Großbritannien weltweit zu einer Lachnummer entwickelt. Ihr Schwanken, ihre ständigen Kehrtwenden und die Tatsache, dass man ihren Worten nicht trauen kann, beeinträchtigen den Ruf der gesamten Nation. Je länger sie im Amt bleibt, desto schlimmer wird es werden. Nach ihrer verheerenden Niederlage versuchte Theresa May mutig ihre Agenda für die nächsten Wochen abzustecken. Aber jetzt, um Großbritanniens Willen, sollte Mays einzige  Agenda sein, ihr Amt verlassen. Um den politischen Stillstand zu beenden, braucht es einen anderen Anführer: Einen, der erneut mit Europa verhandeln kann und einer, der eine Wahl abhalten kann, um bei dieser zu versuchen, eine Mehrheit zu gewinnen für das, was dann vereinbart wurde. Der Ruf von May ist zerstört. Unabhängig davon, ob sie noch genug Unterstützer gegen das morgen von Labour initiierte Misstrauensvotum zusammenklauben kann, sie muss gehen.”

Times, Matthew Parris
„Dramatisch zeigt sich, dass sich nichts geändert hat. Wir alle sehnen uns nach jenem politischen Moment, in dem alles geklärt ist und der Weg in die Zukunft klar. Wir wissen seit Monaten, dass der Deal der Premierministerin nicht funktionieren wird. Stattdessen können wir begründeter Weise darauf hoffen, dass sie nun in der Realität ankommt: Theresa May agiert nicht gut, sie hat keine Strategie. Sie geht sorglos mit der Wahrheit um, und sie ist bereit, alles sagen, um eine weitere Woche als Premierministerin zu überstehen.“

Independent, John Rentoul
„Sie hat ihr EU-Abkommen bekommen, aber ihre Partei hat sie verloren. Das Kabinett unterstützt sie nach vielen Personalwechseln nur noch unwillig. Ihre eigenen Abgeordneten hatten sie im letzten Monat noch als Anführerin unterstützt, aber mehr als ein Drittel stimmte gegen sie. Und die, die sie unterstützten, taten es nur ungern, weil sie befürchteten, dass jemand, der sie ersetzt, nur noch schlimmer wäre. Sie hat die Mitglieder der Tory-Partei verloren. Jetzt haben Mays eigene Abgeordnete, die sie als Premierministerin unterstützt haben, gegen ihre Politik gestimmt. Dies ist nur der Anfang von Ende – es ist der Beginn der größten Verfassungskrise unseres Lebens.“

Sun, Harvey Sullivan
„Obwohl sie auch nach dem Scheitern ihres Brexit-Gesetzes noch die Unterstützung vieler ihrer Abgeordneter hat, ist unklar, ob May überleben wird. Der riesige Abstand von 230 Stimmen zwischen den Befürwortern von May und jenen, die dagegen gestimmt haben, ist ein eindeutiger Beweis für die extreme Spaltung des Parlaments. Es ist offensichtlich, dass ihre Autorität schwer beschädigt wurde.“

Telegraph, Tim Stanly
„Ich bin mir nicht sicher, weshalb die Remainers es bejubeln, dass Theresa May mit ihrem Austrittsabkommen gescheitert ist. Trotz all ihrer Fehler bot es doch einen Abschied von der EU. Ein Deal, mit dem die EU tatsächlich einverstanden war. Jetzt wurde der zerstört, und zwar ohne eine neue Perspektive. Ab sofort, am Morgen danach, ist das Vereinigte Königreich auf dem Weg, die EU am 29. März zu verlassen. Ohne Vereinbarung.“

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