Steve Bannon verlässt Breitbart News - „Er ist so machtbesoffen wie Trump“

Noch vor Kurzem war er einer der mächtigsten Männer in den USA, nun steht Steve Bannon ohne Job da. Donald Trump will nach Bannons Indiskretionen nichts mehr von ihm wissen, und auch „Breitbart News“ trennte sich von ihm. Der Weg zurück dürfte schwierig werden, sagt der Politologe Stephan Bierling

Vorerst arbeitslos: Steve Bannon / picture alliance
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Yves Bellinghausen ist freier Journalist, lebt und arbeitet in Berlin und schreibt für den Cicero.

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An Dienstagabend wurde bekannt, dass Steve Bannon Breitbart News verlässt. Zuvor ist Michael Wolffs Buch „Fire and Fury erschienen, in dem Bannon schlecht über Trump und dessen Familie redet.

Der Herausgeber eines Mediums muss gehen, nachdem er den amerikanischen Präsidenten angegangen ist – ein seltsamer Vorgang in einer Demokratie, oder?
In Amerika ist ja momentan vieles seltsam. Außerdem hat sich Bannon nicht nur mit dem Präsidenten angelegt, sondern im Grunde mit der der gesamten Führung der Republikanischen Partei. Klar, der große Knall war jetzt das Buch. Aber auch davor schon hat Bannon sich in der Partei viele Feinde damit gemacht, dass er ultrakonservative Politiker gefördert hat. Sein prominentester Schützling ist sicherlich Roy Moore, ein erzkonservativer Politiker aus Alabama, der 2017 die Nachwahlen zum US-Senat verloren hat. Bannon hat einen Kreuzzug gegen das Establishment angeführt. Am Ende waren es die Geldgeber von Breitbart News, die auf Bannons Rauswurf gedrängt haben – allen voran die Familie Mercer, die auch Trump unterstützt.

Es gibt Spekulationen, dass Trump selbst auf den Rauswurf hingewirkt hat – klingt das für Sie plausibel?
Inwieweit Trump selbst Einfluss genommen hat, lässt sich für Außenstehende in der Tat schwer sagen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Familie Mercer Trump im Wahlkampf nicht direkt Geld überwiesen hat, sondern über Stiftungen unterstützt hat. So unterliegen die Kontakte zwischen Trump und den Breitbart News-Financiers keiner strengen Kontrolle.

In Deutschland ist Breitbart News vielen ja überhaupt nur wegen Bannon ein Begriff. Wie sieht es da in Amerika aus: Kann die Website ohne ihn überhaupt noch überleben?
Aus publizistischer Sicht ist das für Breitbart News eine Katastrophe. Bannon hat Breitbart 2012 übernommen, als die am Boden lagen. Er hatte ganz wesentliche Anteile daran, dass Breitbart News seinen Einfluss so enorm steigern konnte, bis es zuletzt das Sprachrohr des US-Präsidenten wurde. Breitbart News wird den Abgang Bannons überleben, aber wenn Sie mich fragen, werden die wieder zu einer Randerscheinung zerfallen.

Da hat Breitbart News sich ja keinen Gefallen getan, Bannon zu entlassen.
Stimmt - auf der einen Seite. Auf der anderen Seite braucht Breitbart News die konservativen Geldgeber, die sich an Bannon stören. Sie müssen sich das mal vorstellen: Der hat der Republikanischen Partei quasi den Krieg erklärt, indem er den ultrarechten Anti-Establishment-Flügel der Partei stützt. Und auch menschlich war es zuletzt wohl schwierig – so munkelt man zumindest. Nachdem Bannon aus dem Weißen Haus zu Breitbart News zurückkehrte, soll er ein völlig übersteigertes Ego gehabt haben und sich noch immer als Graue Eminenz Amerikas gesehen haben. Das erleichtert den Abschied natürlich auch ein wenig. Aber natürlich ist der Rausschmiss nicht nur für Breitbart News eine Katastrophe, sondern auch für Bannon selbst.

Stephan Bierling / privat

Hätte Bannon sich nicht denken können, was passiert, als er mit dem Journalisten Wolff gesprochen hat?
Ja, da sprechen Sie etwas an! Trump hätte auch so vieles wissen können, aber wir haben es hier mit derart geltungssüchtigen Menschen zu tun, dass der eigenen Narzissmus zuweilen das strategische Denken ausschaltet. Genau wie Trump ist Bannon geradezu machtbesoffen. Nur im Glauben an seine eigene Omnipotenz hat er mit Wolff gesprochen.

Wie Sie schon erwähnt haben, stellt Bannon sich schon seit einiger Zeit demonstrativ hinter den ultrakonservativen Flügel der Republikaner – könnte er darüber nicht ein Comeback einfädeln?
Eher nicht. Denn ebendiese Ultrakonservativen, die Bannon unterstützt hat, wollen es sich nicht mit Trump verscherzen. Die wissen ganz genau, wie wichtig Trump Loyalität ist. Die werden nicht das Risiko eingehen, sich auf Bannon einzulassen.

Da tun sich ja schon wieder ganz neue Konfliktlinien in der amerikanischen Rechten auf. Wer soll denn diese Gemengelage noch überblicken?
Ja, da geht es nicht nur Ihnen so! Noch in den Neunzigern waren die Republikaner ideologische berechenbar und hatten ein ziemlich eindeutiges Profil. Heute ist die Partei völlig unübersichtlich.

Wie ist es denn dazu gekommen, dass die Grand Old Party heute einen so chaotischen Eindruck macht?
Das große Problem der Partei ist, dass sie sich in den vergangenen zwanzig Jahren dem Rechtspopulismus zugewandt hat. Sie hat im Wahlkampf häufig Zusagen gemacht und Versprechen abgegeben, die völlig unrealistisch waren – Populismus eben. Die Enttäuschten haben sich dann in extremen Splittergruppen zusammengefunden wie der Tea Party oder eben Leute wie Donald Trump ins Amt gewählt. 

Kommende Woche wird er ein Jahr im Amt sein – können wir dann eine Normalisierung erwarten?
Ach wissen Sie, es gab so viele Vorhersagen, wann Trump sich normalisieren werde. Ich glaube, der Mann ist, wie er ist. Der will hauptsächlich in den Medien sein.

Dann passt ihm der Eklat um Bannon wahrscheinlich ganz gut, oder?
Ja, wahrscheinlich schon: Mit der ganzen Aufregung ist Trump wieder prominent in den Zeitungen vertreten und das scheint ihn wesentlich mehr zu interessieren als das Regieren. 
 

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