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(picture alliance) Der Sänger setzt sich auch für Kinder ein

Peter Maffay - „Rumänien macht einen Rückschritt“

Der Musiker Peter Maffay macht sich Sorgen um sein Heimatland Rumänien und ruft das Ausland im Gespräch mit Cicero zu mehr Engagement auf

Herr Maffay, im Moment steht Rumänien für Chaos, für Krise. Sie engagieren sich schon lange in Ihrer alten Heimat. Was hat sich seit 1989 verändert?
Eine Diktatur ist einer Gesellschaft gewichen, die demokratische Züge hat. Das war die Voraussetzung für eine Annäherung an Europa. Das Land hat neue Impulse bekommen, Industrie aus dem Ausland hat sich angesiedelt, die Menschen auf der Straße sind befreit von jahrzehntelanger Angst, wegen einer eigenen Meinung Repressalien ausgesetzt zu sein.

Im Moment muss man an der Demokratiefähigkeit der Rumänen zweifeln.
Dieser Zweifel ist berechtigt und angebracht. Das Ausland muss mäßigend auf Rumänien einwirken. Aber versuchen Sie sich zu vergegenwärtigen, wie undenkbar dieser Prozess unter Ceauşescu gewesen ist. Jetzt aber macht Rumänien einen Rückschritt. Da ist es Aufgabe der anderen Gesellschaften in Europa, die Rumänen daran zu erinnern, dass es so nicht geht.

War Rumänien wirklich reif dafür, in die EU aufgenommen zu werden?
Aus meiner Sicht ist es richtig gewesen, Rumänien abzuholen. Aber jetzt darf man es nicht allein lassen. Gleichzeitig ist es richtig, Rumänien zu mahnen, sich an die Kriterien zu halten, unter denen es in die EU aufgenommen wurde.

Haben Sie den Eindruck, dass die EU entschlossen agiert?
Nein. Es werden Vorbehalte geäußert, und es gibt Versuche, auf Rumänien einzuwirken. Aber das müsste noch viel deutlicher geschehen. Wir können es uns nicht leisten, Staaten wie Rumänien und Bulgarien aus unserem Verbund zu verlieren. Das würde die EU wie ein Bumerang treffen.

Was läuft falsch?
Wir dürfen nicht von zu hoher Warte auf Rumänien blicken. Das ist nicht gut, schon gar nicht vor dem Hintergrund unserer Geschichte. Es gäbe sofort Gegenreaktionen, die zum Teil schon einsetzen. Wir müssen verstehen, welche Strecke Rumänien schon zurückgelegt hat. Rumäniens Schwierig­keiten – ethnisch, politisch, wirtschaftlich – sind nicht so schnell zu überwinden, wie wir es gerne hätten.

Wären dann nicht gerade die rumänischen Künstler gefordert?
Es gibt eine ganze Reihe vorzüglicher Köpfe – Musiker, Schriftsteller. Das im Westen geläufige Handwerk aber, wie sich dieser Teil der Gesellschaft organisieren kann, muss erst wieder erlernt werden. Nach 50 Jahren Kommunismus und nur 20 Jahren Demokratie ist viel verlernt. Nehmen Sie das Stiftungswesen, das Kultur aus privater Initiative schafft und das im Westen so wesentlich ist. In Rumänien verfügt man nicht über das Wissen, wie man Stiftungen gründen und verwalten kann. Welche Kraft privates Engagement entfaltet.

Sie haben Rumänien als 16-Jähriger verlassen. Was verbindet Sie heute noch mit dem Land?
Was verbindet einen Sohn mit seiner Mutter? Das erfasst man nur gefühlsmäßig. Diese allerersten Impulse, die ein Mensch wahrnimmt, das sind alles bestimmende Einflüsse, die nie verloren gehen. Diejenigen, die vorgeben, dass ihnen das nichts mehr bedeutet, belügen sich selbst. 

Die Fragen stellte Judith Hart.

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