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(picture alliance) Nur freundschaftlich-züchtiges Entspannen auf der Wiese – oder doch mal anfassen?

Männer, Frauen und die Freundschaft - Ein bisschen Sex kann nicht schaden

Für Beziehungen zwischen Männern und Frauen gilt offenbar die Regel: entweder Liebe und Sex – oder nur Freundschaft. Warum nicht alles zusammen? Das moderne Beziehungsleben folgt keinem Drehbuch und ist offener denn je für Kombinationen

Was haben Heinz Rühmann, Franz Beckenbauer und Freddy Mercury gemeinsam? Sie singen. Gut, das kann man bei Beckenbauer bezweifeln. Aber immerhin haben die drei in ihren Liedern ein gemeinsames Thema: Freundschaft. Egal, ob es der schneidige Marsch-Takt der 30er Jahre von „Ein Freund, ein guter Freund“, der Kaiser‘sche Fußballkabinen-Schunkelton von „Gute Freunde kann niemand trennen“ oder Freddie Mercury‘s im Brustton der Überzeugung geschmalztes „Friends will be Friends“ ist. Bei Freundschaft sind sich alle einig. Sie ist das höchste der Gefühle. Und sie bleibt, was auch immer kommen mag.

In der Shell-Jugendstudie von 2010 sagten Leben 97 Prozent der Befragten, „gute Freunde haben“ sei der wichtigste Wert in ihrem Leben, gleich nach der Gesundheit. Damit verdrängte die Freundschaft erstmals seit 2002 die Partnerschaft auf den dritten Platz. Schon der französische Essayist Michel de Montaigne lobte die dauerhafte Wärme der Freundschaft gegenüber der unsteten Hitze der Liebe.

Wie starr und geregelt wirkt oft die Liebe! Erst soll man gut auswählen, damit es ja ein Leben lang hält. Und dann geht die Arbeit an der gemeinsamen Erzählung erst los. Stets die alltägliche Realität vor Augen und das Ideal im Nacken: Ein Fehltritt – und es kann vorbei sein. Die Liebe nach Drehbuch wirkt oft angestrengt. Pärchen müssen sich bespaßen.

[gallery:Was bedeutet heute Freundschaft?]

In der Freundschaft kann man dagegen einfach „sein“. Jeder ist sich selbst und damit dem anderen genug. Freundschaft ist in den Worten des Philosophen Harry Frankfurt ein zweckfreier, ein „intrinsischer Wert“. Sie folgt oft einem „auch wenn nicht“, statt einem strikten „wenn dann“.  Sie ist Erwartungs- und bewertungsfrei, fast bedingungslos und vor allem: nicht-exklusiv. Freundschaft schließt andere Freundschaften nicht aus.

Das UFO unter den Beziehungsformen?

Und doch: die Vorherrschaft der Freundschaft ist begrenzt. Spricht man von Freundschaft zwischen Männern und Frauen, wird es schnell kompliziert. Fragt man im Freundeskreis herum, bekommt man Antworten, als hätte man nach der Existenz von UFOs gefragt: „Gibt es nicht.“ – „Gibt es doch.“ – „Soll schon einmal vorgekommen sein.“  Oder: „Was soll das sein?“

Das Wort „Freundschaft“ scheint im gegenseitigen Geschlechterverhältnis plötzlich eine andere Bedeutung zu bekommen. Sie ist so etwas wie der vierte Platz bei Olympia. Man ist einfach nur dabei. Schon sprachlich rutscht Freundschaft im Rang der Bindungsformen ab, sie wird zu einem „Nur-Konzept“. Wir sind nur Freunde. Zu „mehr“ hat es (noch) nicht gereicht. Ist Freundschaft also „nur“ ein Trostpflaster oder eine Zeitschleife verhinderter Liebe? Oder das berühmte „Nur-noch-Freunde“, wenn alles andere vorbei ist: eine Art Endlager für abgekühlte Gefühlsbrennstäbe?

Seite 2: Beziehung als „Scripted reality-Format“

Freundschaft zwischen Mann und Frau hat etwas von Fegefeuer: besser als die Hölle des Nichts, aber eben nicht das himmlische Alles. Richtig vorgesehen scheint sie ohnehin nicht zu sein. Evolutionsbiologisch ist sie nicht zwingend. Von Soziologen ist sie kaum erforscht. Sie gilt als ungewöhnlich, teilweise sogar als unnötig oder gar als unmöglich. Stimmt also das „Harry&Sally-Klischee“, dass bei Männern und Frauen immer der Sex dazwischen kommt?

Diese Vorstellung ist heute vermutlich so überkommen, wie Billy Crystals Vollbart. Da mischt sich amerikanische Achtziger-Jahre-Küchenpsychologie mit einem Schuss Hollywood-Puritanismus. Frauen können sich Freundschaften demnach angeblich eher vorstellen, denn die tugendhafte Amerikanerin denkt natürlich nie an Sex. Ansonsten brauchen Mann und Frau eine Choreografie. Erst, wenn klar definiert ist, was sein darf, ist es möglich. So wie das „Scripted reality-Format“, müssen moderne Beziehungen nicht mehr klar umrissen sein. Heutzutage ist mehr denn je die volle Palette an Kombinationen möglich.

Warum nicht Freundschaft „mit Extras?“

Die Freundschaft als solche ist mehr als nur ein Element im großen Baukasten der Beziehungsformen. Sie beruht auf der gegenseitigen, tief empfundenen natürlichen Fürsorge für den anderen Menschen. Sollte Sex daran tatsächlich etwas ändern, würde der intrinsische Wert der Freundschaft zur Disposition gestellt. Dann wäre Freundschaft tatsächlich labil. Die erotische Spannung gehört jedoch zum Geschlechterverhältnis dazu und lässt sich nie ganz „wegfreundschaften“. Klar mag es Freundschaften geben, in denen diese Anziehung kaum oder gar nicht da ist. Dort, wo sie existiert, sollte man sich jedoch ruhig dazu bekennen dürfen.

Platonische Freundschaften zwischen Männern und Frauen haben etwas Künstliches, eben weil sie gehalten sind, den erotischen Teil ausklammern „zu müssen“. In Freundschaften soll man sich einerseits alles sagen können. Doch um die erotische Anziehung herum wird die Mauer des Triebverzichts hochgezogen. Wie praktisch, wenn der beste Freund ohnehin schwul ist. Damit wird Freundschaft zu dem, was Freud „Kulturleistung“ genannt hat. Eine gesellschaftliche Errungenschaft zwar, aber in vielen Fällen unnatürlich. Muss das sein? Diese imaginäre Kastration als Preis für die Freundschaft?

Die heutige „Generation Porno“ geht mit dem Sex freier um, als Generationen davor. Inzwischen gibt es sogar Swingerclubs für 18- bis 30-Jährige. Sex hat heutzutage viel von seiner Deutungskraft und seinem Absolutheitsanspruch verloren. Aus Sex kann, muss aber nicht Liebe entstehen. So wie Liebe auch ohne Sex entstehen kann. Wieso soll Freundschaft in diesem Geflecht keinen Platz haben? Dass Männer nur an das eine denken, gehört ohnehin in die Mottenkiste von Beziehungsratgebern der Neunziger. Es wäre eine große Entlastung für die Freundschaft, wenn Sex nicht als der große Betriebsunfall gälte, der zu deren Ende führt.

Freundschaften zwischen Mann und Frau? Natürlich gibt es sie. Und bestimmt auch ohne Anfassen. Aber wäre es nicht furchtbar schade um den Sex?

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Margret Rasche | Do., 24. Januar 2019 - 00:37

Ich bin der Meinung das man sehr wohl mit einen Mann
eine schöne Freundschaft aufbauen kann, ok und wenn dann mehr daraus wird, haben es ja Beide so gewollt.