Dieses Bild ist leider nicht mehr verfügbar
() „Ich als Schwäbin würde jetzt definitiv erst mal meine Wohnung aufräumen.“
Claudia Roth: „Beim Leichenschmaus wär ich dabei“

Seit insgesamt acht Jahren ist Claudia Roth die Parteivorsitzende der Grünen und damit länger im Amt als jeder ihrer Vorgänger. Durchhaltevermögen würde die Schwäbin auch zum Ende ihres Lebens an den Tag legen. Denn bis zur letzten Rede müsste noch einiges geregelt werden.

Ich als Schwäbin würde jetzt definitiv erst mal meine Wohnung aufräumen. Entschuldigung, aber was würden die Leute denn sonst von mir denken? Zweitens würde ich noch einen Apfelbaum pflanzen, nichts Besonderes, einen ganz normalen Apfel. Luther hat gesagt: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Das war für mich immer ein leitender Satz. Mit mir ist die Welt nicht zu Ende. Ich weiß, nach mir geht’s weiter. Eigentlich mag ich Äpfel gar nicht, aber dafür ist der Apfelbaum an und für sich sehr robust. Dann würde ich die Playlist für meine Trauerfeier festlegen. Die Musik sollte die Gäste so richtig zum Weinen bringen. Ein Rio-Song wie „Für immer und dich“ wäre dabei, Liebeslieder wie „Ist die Nacht am tiefsten, ist der Tag am nächsten“, die Stones, ein Schlaflied von Richard Strauss und der erste Satz der Mondscheinsonate. Ich habe so grausliche Trauerfeiern erlebt, bei denen ich dachte, jeder, der den Verstorbenen kannte, muss wissen, dass die Musik gar nicht zu ihm passt. Bei meiner Trauerfeier muss schon was Gescheites gespielt werden. Ein Testament wäre zwar auch wichtig, aber nicht so essenziell wie eine Playlist. Die muss gemacht werden. Außerdem würde ich versuchen, mich so schön wie irgend möglich zu machen. Wenn ich’s nicht selber schaffe, bestelle ich auch die Maske. Ich würde eine tolle Fotografin holen und ein Sterbebildle machen lassen. Das ist so eine kleine, aufklappbare Karte mit einem Foto des Toten und einem Sinnspruch, oft einem Satz aus dem Evangelium. Im Süden Deutschlands ist es üblich, dass bei der Beerdigung so ein Sterbebildle verteilt wird, das die Trauernden sich als Andenken an den Verstorbenen mitnehmen. Da will ich natürlich anständig aussehen. Als Nächstes stünde ein opulenter, hedonistischer Leichenschmaus auf der Tagesordnung. Ich sehe gar nicht ein, warum meine Freunde und meine Familie erst, nachdem ich weg bin, gut essen sollen. Da will ich schon dabei sein. Es wird den besten Rotwein geben, eine gescheite Suppe, mit hundertprozentiger Sicherheit Spätzle, eine Ente, einen Reh- oder einen Sauerbraten. Eine gute Küche eben. Da würde ich jetzt auch nicht gucken, was es kostet. Schließlich würde ich meine letzte Rede halten. Ich würde das sagen, was ich bislang nie gesagt habe, aufklären, wo ich missverstanden wurde, und ein Vermächtnis umreißen, das ich meinen Hinterbliebenen auferlege: Was habe ich erreicht, was hat mein Leben geprägt? Macht jetzt weiter, wir sind noch lange nicht am Ziel! Lasst mir den Apfelbaum nicht vertrocknen, liebe Leut! Ich übergebe jetzt den Stab. Leider bin ich bekannt dafür, dass ich meine Redezeit immer überziehe. Ich müsste natürlich darauf achten, dass ich fertig bin, bevor die 24 Stunden ablaufen. Denn um auf offener Bühne abzutreten, müsste ich schon ziemlich gut drauf sein.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.