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(picture alliance) Die zehn Gebote für die Union

Unionsparteien - Zehn Gebote für eine christlich-bürgerliche Politik

Wie bleiben CDU/CSU Volkspartei? Klar, neue urbane Wählerschichten ansprechen, selbst modern sein. Aber Vorsicht! Auch die Stammwähler wollen mitgenommen werden. Eine biblische Anleitung für die Union

In aus Sicht der Union vorteilhaften Umfragen liegt die CDU/CSU bei 35 Prozent, in weniger schmeichelhaften bei 32. 35 Prozent entsprechen dem Katastrophen-Ergebnis, mit dem die Union 1998 abgewählt wurde. Und 32 Prozent liegen noch unter jenen mickrigen 33,8 Prozent, die die CDU/CSU 2009 trotz Kanzlerbonus erreichte.  

Ist die Union etwa aus der Zeit gefallen? Ihre konkrete Politik kann man kaum als hinterwäldlerisch bezeichnen. Beim Atomausstieg legte sie plötzlich ein Tempo vor, dass die Grünen gar nicht schnell genug staunen konnten. In der Steuerpolitik ist keine Rede mehr davon, dass sozialistische Folterinstrumente wie die Reichensteuer abgeschafft gehören. Der gesetzliche Mindestlohn wird verbal noch abgelehnt. Lohnuntergrenze klingt etwas marktwirtschaftlicher, und alle Branchen-Mindestlöhne sind unter CDU-Kanzlern eingeführt worden.  

Die CDU rühmt sich, dass sie endlich vollendet, was SPD-Familienministerinnen vergeblich gefordert hatten: Kita-Ausbau und Elterngeld. Sie will, dass der Gesetzgeber festlegt, wie viele wichtige Positionen in der Wirtschaft Frauen vorbehalten bleiben müssen – marktwirtschaftlich verbrämt dem Begriff „Flexi-Quote“. Selbst beim Betreuungsgeld tun selbst CDU-Kabinettmitglieder inzwischen so, als würden sie von der CSU zur falschen Politik gezwungen.  

Nein, man kann der CDU nicht vorwerfen, sie halte an längst verstaubten Politik-Entwürfen fest. Doch muss die modernisierte CDU mit einem Handikap kämpfen: Trotz des Niedergangs der Liberalen stagniert sie auf niedrigem Stimmen-Niveau.

Kein Wunder, dass konservative Unionspolitiker den aktuellen Kurs nicht nur kritisieren. Sie machen auch mobil, zum Beispiel im „Berliner Kreis“. Freilich haben diese Damen und Herren bisher noch nicht erklärt, was sie unter einer christlich-bürgerlichen Politik konkret verstehen.  

Hier deshalb eine kleine Hilfe: Zehn Gebote für eine christlich-konservative-Politik. Samt einer Überprüfung, ob und wieweit sie heute befolgt beziehungsweise negiert werden.  

Erstes Gebot: Du sollst dem Einzelnen Vorrang geben vor dem Staat oder dem Kollektiv.  

Das wird weitgehend befolgt. Solidarische Sicherungssysteme stehen diesem Grundsatz nicht im Wege, sind vielmehr Ausfluss des bewährten Prinzips der Subsidiarität.

Zweites Gebot: Du sollst dafür sorgen, dass Leistung sich lohnt, und dass alle, die etwas leisten wollen, eine Chance bekommen.  

Das wird in Sonntagsreden gerne bekräftigt – aber im Alltag nicht befolgt. Die Hälfte der Haushalte zahlt gar keine Einkommensteuer, die oberen zehn Prozent dafür mehr als 50 % des Gesamtaufkommens. Hartz IV“ ist so konstruiert, dass es sich für Menschen mit geringer Qualifikation und Kindern vielfach nicht lohnt zu arbeiten. Das führt zur Ausbeutung der Arbeitenden durch die Nicht-Arbeitenden.  

Drittes Gebot: Du sollst denen helfen, die sich nicht selber helfen können – nicht denen, die sich als Kostgänger des Staates wohl fühlen.  

Wenn wir Jahr für Jahr keine 30.000 deutschen Erntehelfer finden, sondern auf „Importe“ angewiesen sind, dann ist etwas faul im Sozialparadies Deutschland.  

Viertes Gebot: Du sollst dem Staat geben, was des Staates ist – aber nicht staatliche Verschwendung durch Steuern und Abgaben finanzieren.  

Die Steuereinnahmen des Staates sind zwischen 1990 und 2012 um rund 75 (!) Prozent gestiegen – etwa 3,5 Prozent pro Jahr. Aber selbst Unionspolitiker sprechen von einem Einnahmeproblem. 

Zu den Geboten 5- 10

 

Fünftes Gebot: Du sollst auch bei Bildung und Ausbildung Leistung fördern und Dich über das Herausbilden von Eliten freuen.  

Steht so ähnlich in allen Unions-Papieren. Aber in Hamburg wie im Saarland hat die CDU das schulische Leistungsprinzip auf dem Altar schwarz-grüner Träume geopfert. Und in vielen Ländern, wo die CDU regiert, hat sie auf das Kultusministerium verzichtet.  

Sechstes Gebot: Du sollst das Leben schützen, auch das ungeborene, und befruchtete Eizellen nicht als „Biomaterial“ missbrauchen.  

Niemand darf bei solchen Fragen die Gewissensfreiheit der Abgeordneten in Frage stellen. Es spricht aber Bände, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Beispiel beim Thema Präimplantationsdiagnostik es nicht einmal versucht hat, eine gemeinsame Linie zu finden.  

Siebtes Gebot: Du sollst die Schöpfung bewahren.  

Zwischen verantwortungsvoller Umweltpolitik und einer Anbiederung an den Zeitgeist (Stichwort: schneller Atomausstieg) klafft eine Lücke – eine Glaubwürdigkeitslücke.  

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Achtes Gebot: Du sollst Ehe und Familie fördern – und zwar bevorzugt in der Konstellation Mann, Frau und Kind(er).  

Noch verweigert die CDU/CSU gleichgeschlechtlichen Partnern das Steuersplitting und das Adoptionsrecht – noch.  

Neuntes Gebot: Du sollst tolerant sein und unterschiedliche Lebensweisen und Gebräuche tolerieren – aber nur, so weit sie mit den Werten des Grundgesetzes übereinstimmen.  

Hier erweist sich die Union weitgehend immun gegenüber dem Gutmenschen-Bazillus.  

Zehntes Gebot: Du sollst stolz sein auf das, was Deutsche geleistet haben und leisten – trotz mancher dunkler Kapitel in unserer Geschichte.  

Das Unions-Bekenntnis zum deutschen Vaterland in einem vereinten Europa ist glaubwürdig. Ein aufgeklärter Patriotismus ist eines ihrer Markenzeichen.  

Post Scriptum: Volksparteien können nur Erfolg haben, wenn es ihnen gelingt, verschiedene Wählerschichten für sich zu gewinnen. Aber es rächt sich, wenn man glaubt, die Stimmen der treuen Anhänger kämen einem automatisch zugute. Die Stammwähler der CDU haben jedenfalls erkannt: man kann auch zu Hause bleiben. 

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