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(picture alliance) Die Kanzlerin hat einen Lauf - die SPD schaut zu

Keine Wechselstimmung - Kanzlerin im Stimmungshoch

Angela Merkels Umfragewerte sind ermutigend, die Kanzlerin hat die Tiefs Guttenberg und Fukushima überwunden. Darunter leiden Finanztechnokrat Steinbrück und seine Mitbewerber um den Kanzlerposten von der SPD. Die Kolumne von Forsa-Chef Manfred Güllner

Im neuesten RTL-Stern-Wahltrend liegt Angela Merkel bei der Kanzlerpräferenz, also der Frage, für wen man sich entscheiden würde, wenn man den Kanzler direkt wählen könnte, klar vor den drei potentiellen Kanzlerkandidaten der SPD. Mit 47 Prozent liegt sie 17 Prozentpunkte vor Frank-Walter Steinmeier, für den sich 30 Prozent entscheiden würden.

Peer Steinbrück kommt auf 31 Prozent und liegt damit 18 Prozentpunkte hinter Angela Merkel mit 49 Prozent. Und mit 57 Prozent liegt Merkel sogar 38 Prozentpunkte vor dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, der nur auf 19 Prozent kommt.[gallery:Szenen einer Ehe – Bilder aus dem schwarz-gelben Fotoalbum]

Mit diesen guten Werten zu Jahresbeginn hat Angela Merkel ihre Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsdelle vom letzten Jahr wieder überwunden. Der erste Rückgang von Merkels Präferenzwert war 2011 nach ihren von der Mehrheit der Bürger als wenig angemessen eingeschätzten Äußerungen zu Guttenbergs Doktorarbeit zu verzeichnen. Größer war der Vertrauenseinbruch Merkels dann nach ihrer abrupten Kehrtwende in der Energiepolitik als Reaktion auf das Reaktorunglück von Fukushima. Diese Kehrtwende wurde von vielen Bürgern als wenig glaubwürdig und opportunistisch gewertet – zumal auch unmittelbar nach Fukushima eine Mehrheit von 61 Prozent die deutschen Kernkraftwerke für sicher hielt und nur eine Minderheit von 39 Prozent daran glaubte und glaubt, dass der Energiebedarf in Deutschland allein durch erneuerbare Energien gedeckt werden könne.

Merkels Präferenzwert blieb von Ende März bis zum Herbst letzten Jahres unter der 40-Prozent-Marke. Erst in der sich zuspitzenden Euro-Krise konnte sie wieder Vertrauen zurückgewinnen, weil viele Bürger wie schon während der Banken- und Finanzkrise 2008/2009 das Gefühl hatten, bei Merkels Einsatz für Europa und ihrem Engagement bei den Versuchen zur Bewältigung der Krise hätte die Sorge um die ihr anvertrauten Menschen höchste Priorität.

Peer Steinbrück, der kurzzeitig im Kontext seines gemeinsamen Auftritts mit Helmut Schmidt mit Merkel gleichziehen konnte, fiel in der Wertschätzung der Bürger in dem Maß wieder zurück, wie Merkel Vertrauen zurückgewinnen konnte. Steinbrück wird auch verübelt, dass er sich in einer Art Ego-Trip zu ungestüm in den Vordergrund spielt. Außerdem sehen die Menschen in ihm nicht – wie er es gern möchte – einen neuen Helmut Schmidt, sondern eher einen Finanztechnokraten ohne umfassende Führungsqualitäten, die Schmidt in seinen verschiedenen politischen Ämtern auszeichnete.

Im Urteil der Bürger hat er das ihm von manchen Medienvertretern schon zugesprochene „Kanzler-Gen“ eben nicht. Innerhalb der SPD-Troika ist er nur der Experte, dessen Rat aber immer weniger gefragt ist, je tatkräftiger Merkel sich um die Krise des Euros und Europas kümmert.

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Frank-Walter Steinmeier verkörpert innerhalb der SPD-Troika den Sympathieträger. Er wird 2012 als noch sympathischer und kompetenter eingeschätzt als 2009. Aber wie schon im Wahlkampf zur letzten Bundestagswahl die Achtung für den damaligen Außenminister Steinmeier sich nicht auf den Kanzlerkandidaten Steinmeier übertrug, ist wiederum fraglich, ob die Steinmeier als Mensch entgegengebrachte Anerkennung sich diesmal auf den Kanzlerkandidaten überträgt. Wie 2009 wird zudem von der Mehrheit der Bürger ein Wechsel im Kanzleramt nicht für erforderlich gehalten.[gallery:Szenen einer Ehe – Bilder aus dem schwarz-gelben Fotoalbum]

Sigmar Gabriel schließlich hat im für die meisten Bürger nicht sonderlich wichtigen Amt des SPD-Vorsitzenden bislang noch keine so klaren Konturen gewinnen können, dass er als politisches Gegengewicht zu Angela Merkel empfunden würde. Gabriel kann derzeit zwar die Herzen der Parteitags-Delegierten und der Partei-Aktivisten erwärmen; doch die Mehrheit der SPD verbliebenen Anhänger geschweige denn die vielen zwischen 1998 und 2009 abgewanderten früheren SPD-Wähler kann er noch nicht begeistern.

Keiner der drei potentiellen SPD-Kanzlerkandidaten überzeugt somit zu Beginn des Jahres 2012 als Herausforderer Merkels. Damit befindet sich die SPD in der Nach-Schröder-Ära in einer ähnlichen Situation wie nach dem Sturz von Helmut Schmidt 1982. Damals konnte sie auch keinen überzeugenden Kanzlerkandidaten aufbieten, so dass Helmut Kohl trotz seiner im Vergleich zu den meisten seiner Vorgänger geringen Beliebtheit beim Volk 16 Jahre lang Kanzler bleiben konnte.

Anders als Kohl während der meisten Zeit seiner Kanzlerschaft verfügt Angela Merkel über den sogenannten „Kanzler-Bonus“: Über das Anhängerlager der CDU/CSU hinaus – in der sie über großen Rückhalt verfügt – wird sie auch von vielen Wählern geschätzt, die an sich mit anderen Parteien sympathisieren.

Inzwischen gibt es aber auch wieder eine Identifikations-Einheit zwischen Merkel und ihrer Partei. Das ist anders als zur Zeit der großen Koalition als sich Merkels auch damals schon sehr hohe Beliebtheitswerte nicht in entsprechenden Werten für ihre Partei niederschlugen.

Bei Politikern wie Gerhard Schröder oder Kurt Beck aber gab es – anders als damals bei Merkel - eine statistisch berechenbare Korrelation zwischen den Personen- und Parteiwerten: Schröder zog die Partei immer mit nach oben – besonders in den entscheidenden Endphasen der Wahlkämpfe 2002 und 2005. Umgekehrt riss Beck seine Partei mit in den Abwärtssog seiner persönlichen Präferenzwerte.

Diese statistisch signifikante Korrelation zwischen Kandidaten- und Parteipräferenz findet sich jetzt – anders als noch im Wahljahr 2009 – auch bei Angela Merkel und ihrer Partei. Geht das Vertrauen zu Angela Merkel – wie zwischen März und September 2011 – zurück, fallen auch die Werte der Union. Steigt die Zustimmung zur Kanzlerin wieder, profitiert davon auch ihre Partei. Zur Mitte dieser Legislaturperiode liegt die Union sogar über ihrem Ergebnis vom September 2009, obwohl in der Wahlgeschichte der Bundesrepublik die größere Regierungspartei im Laufe einer Legislaturperiode meist Sympathien einbüßte.  

Dank der hohen Popularität von Angela Merkel gibt es im Augenblick auch keine Wechselstimmung bei den meisten Wählern. Kaum jemand ist der Meinung, dass eine andere Regierung es besser machen würde als die von Angela Merkel geführte. Die in extrem konservativen Zirkeln – so z.B. von Arnulf Baring – zelebrierte Unzufriedenheit mit Merkel findet derzeit keine Entsprechung im Urteil der Wähler.
 

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