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Geht er 2010?

Er war Staatssekretär unter Finanzminister Peer Steinbrück und ist Staatssekretär unter Wolfgang Schäuble. Angela Merkel habe sich für den SPD-Finanzexperten ausgesprochen, heißt es. Wie lange noch bleibt der Wissensträger Jörg Asmussen?

Schlechte Feuerwehrleute erkennt man daran, dass sie zu schnell Entwarnung geben. Das hat der Vater dem Sohn eingeprägt: „Von ihm weiß ich, dass man nicht zu früh mit dem Löschen aufhören darf.“ An diese Erkenntnis hält sich der Junge. „Die Krise ist nicht vorbei“, sagt Jörg Asmussen, beamteter Staatssekretär im Bundesfinanzministerium mit SPD-Parteibuch. Er denkt in diesen Tagen gelegentlich über die Parallelen zwischen seiner Arbeit und dem Beruf seines Vaters nach. Zuerst wird gelöscht. Dann wird die Brandstelle gesichert, die Löschwasserschäden werden in Augenschein genommen. Der Normalbetrieb beginnt. Es kommen diejenigen, die den Brandschutz perfektionieren. Damit so etwas nie wieder passiert. Löschzugführer Asmussen junior, in den vergangenen Monaten mächtigster Beamte der Bundesrepublik, stellt um auf Brandschutz. Die Krise sei noch nicht vorbei, aber die Systemkrise hält er für beendet. „Es ist eine berechtigte Frage, ob die Löschzugführer auch die richtigen sind, um anschließend die Brandprophylaxe zu betreiben“, sagt er vorsichtig. Asmussen verdreht die Augen hinter der Brille nur ein wenig, rutscht auf seinem Stuhl zurück und sagt: „Aber Normalbetrieb ist auch nicht schlecht.“ Enthusiasmus klingt anders. Auf Wunsch der Kanzlerin ist der 43-jährige Volkswirt Spitzenmann im Finanzministerium geblieben, heißt es. Normalerweise hätte er wohl gehen müssen, als CDU-Minister Wolfgang Schäuble den SPD-Mann Peer Steinbrück ablöste. Zu eng ist seine Karriere mit SPD-Ministern verknüpft: Aufstieg vom Referenten unter Oskar Lafontaine über den Büroleiter Hans Eichels, den Staatssekretär Peer Steinbrücks. Zu deutlich hat Asmussen sich im vergangenen Jahr profiliert. Und zu verlockend sind die Alternativen: Asmussen könne überall anheuern in der Privatwirtschaft und sein Gehalt vervielfachen, sagen seine Freunde. Seine Feinde sagen dasselbe. Doch in diesen Tagen ist man vorsichtig mit Personalwechseln. Es könnte zu viel Wissen mitgehen. Wissen, das man braucht, um in den bevorstehenden Auseinandersetzungen mit den Banken um Regulierung auch einmal den Rücken gerade machen zu können. „Es ist das Ethos der Berufsbeamtenschaft, das Wissen für jede Regierung bereit zu halten“, sagt Asmussen. Asmussen ist ein geschätzter und zuverlässiger Gesprächspartner für die private Wirtschaft, für das Kanzleramt und für das Wirtschaftsministerium. Er verfügt über glänzende Kontakte zu Banken und Versicherungen, ist mit Bundesbankpräsident Axel Weber befreundet. Die Traditionslinie zu seinem Vorgänger Steinbrück pflegt Finanzminister Schäuble selbst. Der lässt kaum eine Gelegenheit aus, dem SPD-Mann die Reverenz zu erweisen. Dass er Steinbrücks Inventar übernommen hat – inklusive des Personals –, ist auch eine Botschaft: Hier regiert keine Partei. Hier regiert die Vernunft. Asmussen ist dazu noch einer von den Guten. Hochintelligent ist das Adjektiv, mit dem die meisten ihn beschreiben. Guter Ökonom, sagen manche. Klar und effizient, kritikfähig: „Die letzten 24 Monate haben mich gelehrt, demütig auch mit den eigenen Prognosen umzugehen“, sagt er selbst. Asmussen war vor der Finanzkrise einer der klarsten Vertreter für mehr Freiheit im Finanzsektor: Er schrieb die Gesetze, die den Spielraum für Hedgefonds schufen, die die Verbriefung von Forderungen ermöglichten. Er plädierte für laxe Kontrollen, schon um den Aufwand für die Behörden niedrig zu halten. In seiner Abteilung übten Banker die Arbeit des Bürokraten. Heute sieht er vieles anders, klar: „Bei einigen hat sich in den Köpfen etwas geändert“, sagt er über die andere Seite. „Aber bei einigen könnte einen auch der Verdacht beschleichen, dass sie hoffen, wieder zur Normalität vor der Krise zurückkehren zu können. Dieses Zurück wird es nicht geben.“ Bildnis eines politischen Menschen. Allerdings: Der Platz wird knapp. Als Stellvertreter des Ministers fungiert nun der frühere Wirtschaftsstaatsekretär Walter Otremba. Der hat mit Asmussen in den vergangenen Krisenmonaten eng zusammengearbeitet, im Finanzministerium hat er jetzt die Nase vorn. Seinen Platz im Lenkungsausschuss des Deutschlandfonds – da ist das Kreditprogramm für den Mittelstand zu Hause – hat Asmussen zugunsten von Otremba geräumt. Außerdem hat Schäuble aus dem Innenministerium Markus Kerber als Leiter der Grundsatzabteilung mitgebracht. Kerber pflegt ebenfalls gute Kontakte zu den Banken und Versicherungen. Schlimmer noch: Der neue parlamentarische Staatssekretär, Steffen Kampeter (CDU), scheint entgegen den üblichen Gepflogenheiten der Parlamentarischen tatsächlich gestalten zu wollen – natürlich auch und gerade im Fachgebiet Asmussens. Als Anfang Dezember die WestLB gerettet werden musste, verkaufte am Ende Kampeter den Deal, Mitverhandler Asmussen schwieg. Dass Kampeter in der vergangenen Legislatur auch mal die Entlassung Asmussens gefordert hatte, weil der zu spät Alarm gegeben habe bei der HRE-Rettung, ist nur ein Detail. Aber eines mit spitzen Stacheln. Asmussen sagt, dass das Haus die neuen Köpfe braucht, dass die Teams neu gemischt werden müssen. Es gibt jetzt „in der Tat andere Fragestellungen“, jetzt seien auch „andere Kenntnisse, neue Blickwinkel“ gefragt. Gute Feuerwehrleute müssen sich keine Sorgen machen. Irgendwo brennt es immer.

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