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(picture alliance) Schadts Arbeitskluft sind eigentlich Jeans und Pullover

Ex-Chef über Daniela Schadt - „Eine First Lady neuen Stils“

Daniela Schadt, die neue First Lady im Schloss Bellevue, ist diskret, verschwiegen und völlig uneitel. Stilkritiker kreiden ihr das an, aber Daniela Schadt bleibt auch auf dem roten Teppich eine Journalistin

„Du führst doch jetzt sicher Tagebuch?“ Das war in den vergangenen Wochen wohl die am häufigsten gestellte Frage aus ihrem Freundeskreis. Denn allen war klar: Das würde ein Bestseller. Geschrieben nach fünf Jahren an der Seite des Bundespräsidenten. Arbeitstitel: „ Bleib auf dem (roten) Teppich, Mädchen. Praxisbuch einer First Lady.“

Daniela Schadt wird uns diesen Gefallen nicht tun. Denn leider ist sie diskret, verschwiegen und völlig uneitel. Jeans und Pullover waren ihre Arbeitskluft; ab und zu, wenn Redaktionsbesuche anstanden, trug sie eines ihrer zwei Kostüme. Das war’s dann auch. Um Mode machte sie kein Aufheben.

Stilkritiker haben ihr das angekreidet. Manchen war ihr Kleid bei der Vereidigung zu kurz, andere bekrittelten den schulterfreien Schnitt. Daniela Schadt wird das wegstecken und andere Schwerpunkte setzen. Weil sie eben kein Karrieretyp ist, was ihr einige Medien unterstellt haben.

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Sonst hätte sie auch nicht erst an jenem Sonntagabend im Februar, als sie im Zug von Wien nach Nürnberg erfuhr, dass Gauck als Bundespräsident nominiert war, in der Redaktion angerufen, um am Montag einen Tag freizubekommen. Sie wollte bis zuletzt nicht an den Ernstfall denken.

Wenn Joachim Gauck und sie ihre Dienstvilla in Dahlem beziehen, wird dort ein neuer Stil einkehren. Gemütlichkeit liegt beiden fern. Die „Frau an seiner Seite“ will nicht Anhang und schon gar kein Anhängsel sein. Berlin wird eine First Lady neuen Stils bekommen: herzlich, nachdenklich, intellektuell. Eine, die sich nicht verbiegen lässt. So achtsam, wie sie allen Kollegen vom Pförtner bis zum Verlagsleiter begegnete, wird sie auch auf die Menschen in Berlin zugehen.

Und natürlich wird sie sich manchmal nach den stillen Tagen in Nürnberg sehnen. Nach ihrer Höhle am Egidienberg oder ihrem geschützten Schreibtisch in der Redaktion, wo die ehemaligen Kolleginnen und Kollegen noch auf den versprochenen Ausstand warten. 1990 hatte sie als Volontärin nach Studium und diversen Praktika bei der Nürnberger Zeitung angeheuert. Man saß damals noch an grün flimmernden, ellenlangen Röhrenbildschirmen. Die Seiten entstanden im Klebeumbruch. Es gab Erfasserinnen, gelernte Schriftsetzer, Retoucheure, Reprofotografen.

Wie Schadt ihren „Jochen“ kennenlernte

Schnell war klar, wo die gebürtige Hanauerin ihren Platz finden würde: in der Innenpolitik. Da wirkte wohl auch noch ein wenig die Frankfurter Schule nach, der diskursive Stil ihrer früheren Uni. Aber auch die Lust, Politik transparent zu machen, parlamentarische Entscheidungen nachzuvollziehen, Verklausuliertes zu erklären.

Am 12. November 1999 berichtete NZ-Redakteurin Daniela Schadt auf Seite drei von einer Ausstellungseröffnung in der katholischen Stadtakademie zum Thema Stasi-Akten. Überschrift: „Unterdrücker, die Angst vor den Unterdrückten hatten“. Das Zitat stammte vom damaligen Beauftragten für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, der an diesem Abend die Eröffnungsrede gehalten hatte. Dass es beim nachfolgenden Hintergrundgespräch im Keller-Treffpunkt des Nürnberger Caritas-Pirckheimer-Hauses gefunkt haben muss, hat zunächst niemand in der Redaktion bemerkt.

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Daniela Schadt kam am nächsten Tag, wie immer, mit dem Fahrrad und auf den letzten Drücker in die Redaktion, um sich leise an den Konferenztisch zu mogeln. Dafür brannte nächtens das Licht an ihrem Schreibtisch stets am längsten. Auch ihre Kommentare kamen oft erst in letzter Minute, immer kurz vor Redaktionsschluss. Wobei ein Thema die Innenpolitikerin am meisten reizte: die Außenpolitik. Das führte mitunter zu derartig heftigen Disputen mit dem Ressortchef Außen, dass nicht nur den Volontären die Ohren schlackerten.

Erst Wochen später, als man sie schon mehrfach in Nürnberg mit Joachim Gauck mal beim Bäcker, mal beim Spazierengehen gesehen hatte, sprach man auch in der Redaktion darüber. Wir platzten schier vor Neugier. Wollten mehr von ihrem „Jochen“ wissen. Sie erzählte manches und sagte doch nichts. Sie ist eben diskret.

Im Herzen wird sie immer Journalistin bleiben. Sie wird weiter hinschauen und einschätzen, beurteilen, gewichten. Allerdings spielt nun die Diplomatie mit herein. Diesen Balanceakt wird sie meistern mit ungespielter Liebenswürdigkeit, wobei ihre politische Präsenz nicht außen vor bleibt.

Der mongolische Außenminister jedenfalls, den sie im Rahmen der ersten Visite eines ausländischen Staatsgasts getroffen hat, muss bass erstaunt gewesen sein über die tief greifende Landeskenntnis der 52?Jährigen. Damit habe sie doch schon die Kollegen genervt, soll sie Gombojav Zandanshatar auf dessen ehrliches Kompliment geantwortet haben. Allerdings wird man Näheres von diesem Gespräch wohl nie erfahren.

Denn die First Lady will ja partout kein Tagebuch schreiben.

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