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(picture alliance) Eene, meene, muh....

Intrigen und Personalquerelen - Das Piraten-Konjunkturprogramm

Ob Grüne, SPD, FDP, CDU: Die etablierten Parteien tun mit ihren gleichzeitigen Personaldebatten alles dafür, dass sich das Publikum mit Grausen abwendet - und spielen damit den Piraten in die Hände

Ein Kokon. Es muss etwas wie ein Kokon sein, eine von der realen Welt immer undurchdringlichere Hülle, in die sich Politiker im Laufe der Jahre einspinnen. Anders ist ihr Verhalten nicht zu erklären. Sie merken vieles gar nicht mehr. Weil sie in ihrer Kokonwelt gefangen sind.

Das jüngste Lehrstück vom Leben im Kokon geben die vier etablierten Parteien CDU, SPD, Grüne und FDP derzeit gemeinsam ab. Alle vier leisten sich, in unterschiedlichen Nuancen, aber im Grundmuster gleich, Personaldebatten, die zusammengenommen wie ein Konjunkturprogramm für Piraten und andere politische Halbgebilde wirken müssen.

Beispiel Grün, das fürchterlichste Beispiel: In einem an Machtversessenheit nicht zu überbietenden Streit um die Führungsposition(en) für den kommenden Bundestagswahlkampf haben sich die einstigen „Alternativen“ Jürgen Trittin, Claudia Roth, Renate Künast und Katrin Göring Eckhardt zu einer Art grünen Laokoon-Gruppe verschlungen. Es wird nicht einmal mehr kaschiert, dass  es den Verschlungenen nur um sich geht, um die letzte Lebenschance auf einen Ministerposten oder einen Platz im Koalitionsausschuss zu nutzen. Ein besonders erbärmliches Bild einer Partei, die einmal aus einem großen Thema heraus geboren wurde.

Beispiel SPD: Dort hat ein heiteres Ausschießen der drei Kandidaten-Kandidaten begonnen, an dem sich jeder mehr oder weniger Berufene der Partei beteiligen kann wie am Luftgewehrstand auf der Kirmes. Verpackt entweder als freundschaftlicher Rat oder unverpackt als persönliche Meinungsäußerung, demontieren die Teilnehmer mit Wortmeldungen fröhlich alle drei Herren aus der Troika. Noch bevor der interessierte Bobachter und Wähler auch nur einen Hauch einer Ahnung vom inhaltlichen Alternativprogramm der derzeitigen größten Oppositionspartei bekommen hat, wendet er sich mit Grauen ab von diesem Spektakel, das an die derbe Komik des „Spiels ohne Grenzen“ aus seligen Fernsehtagen  erinnert. Einer kommt am Ende durch. Irgendwie.

Beispiel FDP: Man darf sich schon fragen, auf welchen Hund eine Partei gekommen sein muss, wenn ein Filou wie Wolfgang Kubicki dort den Vorsitzenden macht, wie es ihm gefällt, sich als eine Art politische Putzfrau im eigenen Laden geriert: Irgendeiner muss hier ja mal aufräumen.
Bei der innerparteilichen Demontage von Guido Westerwelle offenbar auf den Geschmack gekommen, stürzt sich Reinemachemann Kubicki statt auf den politischen Gegner nun auf den traurigen Philipp Rösler, der bis spätestens nach der Niedersachsenwahl im Januar zur Strecke gebracht sein soll.

Beispiel CDU: Das zugegeben harmloseste der vier zeitgleich ablaufenden Personal-Schauspiele der vier etablierten Parteien. Aber auch dort schient sich derzeit alles vor allem um die Frage zu drehen, wer den freiwerdenden Vizeposten an der Parteispitze bekommen soll, und entweder schlagen sich die Kandidaten selber vor, oder sie werden von Kollegen vorgeschlagen, die sich persönliche Vorteile von diesen Vorschlägen im Erfolgsfalle versprechen.

Man muss beileibe kein Sympathisant der Piraten oder ähnlicher Gruppierungen sein, um vor diesem aktuellen Hintergrund zu verstehen, weshalb auf diesem Haufen im Moment die Hoffnungen vieler ruhen, es könne da eine Alternative erwachsen. Die Grünen haben sich unlängst übrigens offiziell der Frage angenommen, woran es liegen könnte, dass die Piraten so einen Erfolg haben.

Der grüne Kokon scheint der undurchlässigste von allen zu sein.  

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